Es war der erste Morgen seit langen, an dem mich der warme Kitzel von Sonnenstrahlen im Einklang mit frischer Luft und dem bezaubernden Duft von Kaffee weckte. Ich blinzelte verschlafen. Vor mir stellte Thai gerade ein Frühstückstablett mit Ei, Croissant und Cappuccino ab. Sie lächelte mich verschmitzt an. "So könnte man öfter geweckt werden, oder?" Ich setzte mich halb im weißen Pensionsbett auf und nahm das Tablett auf meinen Schoß.
Der Kaffee dampfte in der stilvoll geschwungenen Tasse, zum Gebäck wurde diese samtige Marmelade serviert, die wirklich köstlich aussah. Ich tunkte das Croissant unbeirrt in das rote Mus und biss die überzogene Ecke ab. "Mmmmmh... Das ist lecker", murmelte ich mit vollem Mund. Warum hatte es der Marquis nicht zustande bekommen, mir so etwas zu besorgen? Geld genug musste er doch allemal haben. "Da braucht man gar keinen Kerl, wenn man dich hat."
Thai schmunzelte und eine ihrer dunkelbraunen Strähnen, die sie immer zum Zopf trug, fiel ihr ins Gesicht. "Wollen wir mal nicht übertreiben. Ich habe immerhin noch einen zuhause sitzen."
"Hoffen wir, dass er ohne dich nicht verhungert", gab ich mit einem Schmunzeln zurück und biss noch ein Stückchen Croissant ab, ehe ich einen Schluck vom Cappuccino kostete und mir die Lippe verbrannte.
"Langsam, Laura. Das Essen läuft dir nicht weg." Thai hatte sicher mahnend klingen wollen, doch ihre Freude darüber, dass es mir schmeckte, ließ allen Ernst verpuffen. "Schön, dass es dir besser geht."
Ich nickte bestätigend. Es hatte so endlos gut getan, wieder eine Nacht friedlich durch zu schlafen, ohne Angst zu haben, dass der nächste Reißzahn über einen herfallen könnte. Auch wenn ich wusste, dass die Gefahr nicht vorüber war. Breda würde ganz Paris auf den Kopf stellen um mich zu finden. Und ich wollte nicht wissen, welche Mächte der Magister in Kraft setzen würde. Immerhin war er Bürge für mein Kind. Als müsse ich mich versichern, dass alles real war, legte sich meine Hand auf meinen Bauch und streichelte ihn sanft.
Thais Hand legte sich vorsichtig auf meine. "Geht es dem Kind gut? Ich meine, kannst du etwas spüren?" Ihre Worte erinnerten mich an die des Magisters, auch wenn sie viel fürsorglicher sprach und ihr Blick mir Sicherheit versprach statt Dunkelheit.
Ich schüttelte den Kopf und pustete in die Tasse, die ich in der anderen hand hielt. "Dieser Marin hat mich etwas ähnliches gefragt."Thai lächelte verständnisvoll. "Du musst dir keine Sorgen machen. Es heißt, Mütter hätten ein besonderes Gefühl dafür, wie es ihren Kindern geht, auch wenn sie noch nicht geboren sind. Wenn dir nichts besonderes auffällt, dann ist alles in Ordnung." Sie zog ihre Hand zurück und rutschte zur Bettkante. "Iss du mal in Ruhe dein Frühstück. Ich bin an der Rezeption und kläre noch alles wichtige zum Auschecken." Ich nickte und sie verschwand aus dem kleinen, aber gemütlichen Raum.
Ich nippte noch einmal an meinem Kaffee, der inzwischen genießbar warm war und tunkte das Croissant noch einmal in die Marmelade, dann war es auch schon gegessen. Viel war da ja nicht dran. Auch der Cappuccino war schnell getrunken. Das Ei ließ ich unangerührt liegen. Ich aß dieses Hühnerprodukt nicht allzu gerne. Die Vorstellung, wie es von dem Feservieh gelegt wurde, war mir zuwider. Rührei dagegen ging, Spiegelei war mäßig erträglich.
Ich musste Schmunzeln, als ich bemerkte, wie banal meine Gedanken doch waren. Ich war auf der Flucht vor Vampiren - mal wieder! Dennoch genoss ich lieber diesen friedlichen Moment statt mich in düsterer Angst zu verfangen. Der Wahnsinn würde mich ja doch früher oder später einholen.
Beschwingt schlug ich die Bettdecke zur Seite und machte mich auf den Weg ins Bad. Thai hatte eine Zahnbürste für mich platziert und Shampoo und Duschbad in die Haltung in der Duschkabine gestellt. Ob das Handtuch von ihr drapiert worden war, wusste ich nicht. Das konnte auch der Verdienst des Reinigungspersonals gewesen sein. Ich genoss es, das warme Wasser über meine Haut prasseln zu lassen und endlich den Schmutz der letzten Tage herunter zu waschen. Kurz stimmte ich eine wahllose Melodie an, doch der Klang meiner Stimme war schräg und die Wände der Pension hellhörig, also ließ ich es lieber.
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Gegenwart ist Fluch
FanfictionDie Zeit ist ein Paradoxon. So vergehen für den einen über 200 Jahre, in denen er dem einzigen Opfer hinterherjagt, das ihm entkommen konnte, während für andere Personen nur wenige Wochen vergingen. Für Laura hätte gerne mehr Zeit vergehen können, b...