Polternd knallte die Tür gegen die Wand. Sie flog aus der oberen Angel und baumelte schief zurück in den Rahmen. Von seinem überdimensional großen Schreibtisch sah de Sade auf. Ihm blieb nicht einmal die Zeit, überrascht zu sein. Schon flog die Tischplatte ihm entgegen und warf ihn zu Boden.
"Wo ist sie?!", brüllte der Graf, warf die Tischplatte abermals durch den Raum und riss de Sade am Kragen auf die Füße. "Sag es mir! Wo ist sie?!" Rot leuchtete in seinen Augen. Er schleuderte den Franzosen gegen die nächstbeste Wand. Seine Füße schwebten frei über dem Boden, ohne Aussicht, selbigen alsbald zu berühren.
Den Unterarm von Krolocks gegen seine Kehle gepresst brachte de Sade nur ein Röcheln zustande. "Ich weiß es nicht." Bredas Arm drückte sich noch kräftiger gegen Donatiens Hals. Er entblößte seine Fangzähne. Fauchend schlug er mit der freien Hand ein Loch in das Mauerwerk und schleuderte den Marquis von sich. Kaum dass er polternd inmitten einer splitternden Schrankwand landete, zog er ihn wieder auf die Füße.
"Wo. Ist. Sie?!" Er war nicht in der Stimmung mit diesem unfähigen Exemplar missratener Unsterblichkeit zu diskutieren. "Sag mir, wo sie ist, oder das nächstbeste Holz bringt dein Herz zum bersten!" Er griff bereits zum Schrank, brach ein beliebiges Stück des antiken Mobiliars heraus und hielt es de Sade vor die Nase. "Wo?!"
Der Marquis krallte seine Finger in den Arm von Krolocks, doch gegen den Älteren konnte er nichts ausrichten. Süße Panik leuchtete in seinen Augen. Der Unsterbliche fürchtete den Tod... "Sie ist letzte Nacht spazieren gegangen." Rasselnd rang er nach Luft. "Ich weiß nicht, wo sie jetzt ist."
"Wie kannst du sie nachts spazieren gehen lassen?!" Fassungslos starrte von Krolock seinen Gegenüber an. Er biss die Zähne zusammen. Seine Fangzähne stachen ihm selbst in den Kiefer. "Du weißt selbst welche Gefahren dort draußen lauern!"
Jetzt erwachte auch der Zorn in de Sades Blick. "Wohl keine größeren als hier!", entgegnete er so laut es ihm die abgeklemmten Atemwege ermöglichten. "Wer will sie denn pausenlos umbringen?"
Der Graf ballte die Hand um den Regalsplitter zu einer Faust und schlug ihm ins Gesicht. Blut quoll aus einer Platzwunde am Jochbein. Der Geruch weckte Erinnerungen in ihm. "Du hast ihr Blut getrunken..." Für einen kurzen Augenblick war der Graf sprachlos, starrte den Marquis mit großen Augen und offenem Mund an. Den Moment nutzte de Sade um ihn von sich zu stoßen. Polternd schlug von Krolock in den gegenüber stehenden Schrank ein und riss einige Keramik zu Boden. Er sah den Marquis schon auf sich zu rasen. Aus einem Reflex heraus hob er den provisorischen Pfahl. Er war im Begriff zuzustechen, als auf ein dumpfes Geräusch eine abermals polternde und klirrende Landung de Sades in der nächsten Ecke seines Arbeitszimmers folgte.
Vor dem Grafen stand Marin, der ihn erbost anfunkelte. Er wollte sich erheben, doch der Magister pflanzte mit einem einfachen Wink einen vernichtenden Kopfschmerz in seinen Schädel. Gelähmt verfolgte sein Blick das Geschehen. Donatien hatte sich wieder aufgerappelt und sah Marin dankbar entgegen. Doch der umschloss im nächsten Moment einhändig die Kehle des Bordellinhabers und hob ihn mühelos in die Luft. "Du hast mich enttäuscht, Donatien, sehr enttäuscht." Er legte den Kopf schief und betrachtete den zappelnden Marquis, dessen Finger aussichtslos versuchten, den Griff des Magisters zu lösen. "Ich dachte du kennst die Regeln unserer Zusammenarbeit." Traurigkeit lag in seinem Blick, als er den Kopf schüttelte. "Leider hat dies ein Maß der Öffentlichkeit erreicht, an dem ich diesen dummen Fehler nicht ignorieren kann." Hinter ihm traten Männer seiner persönlichen Garde in den Raum. Jeder Magister hatte das Recht darauf, sich eine Schutztruppe zusammen zu stellen. Marin hatte von allen die kleinste, von der er kaum Gebrauch machte. Jetzt flankierten sie de Sade. "Du wirst dich verantworten müssen. So sehr ich es für unsere Freundschaft auch bedauere."
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Gegenwart ist Fluch
FanfictieDie Zeit ist ein Paradoxon. So vergehen für den einen über 200 Jahre, in denen er dem einzigen Opfer hinterherjagt, das ihm entkommen konnte, während für andere Personen nur wenige Wochen vergingen. Für Laura hätte gerne mehr Zeit vergehen können, b...