Kapitel 5

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„Ron! Aufwachen!" Harry rüttelte mich an der Schulter. Ich stöhnte und versuchte mein Kissen nach ihm zu werfen. Offensichtlich verfehlte ich ihn, denn er stupste mich nun in die Seite.

"Ich will aber nicht!", maulte ich. 

"Du hast doch die ganze Nacht geschlafen! Außerdem willst du sicherlich nicht das Frühstück verpassen." 

Er hatte mich und Harry wusste das. Ich schlug die Bettdecke zur Seite und stellte meine Füße auf den kalten Boden. "Ich habe nicht die ganze Nacht geschlafen. Ich konnte nicht, schon vergessen?", murmelte ich. Hatte er offensichtlich, denn Harry zuckte nur mit den Schultern. 

"Was auch immer", gab er von sich und richtete seine Krawatte, die er sich lose um die Schultern gelegt hatte. 

Während ich mich auch anzog, versuchte Dean, der schon ganz in seiner Uniform war, Seamus aus dem Bett zu kriegen. Ihn störte das kein bisschen, denn er drehte sich einfach auf die andere Seite und schlief seelenruhig weiter. 

Neville war gerade dabei mit einem schüchternen Winken unseren Schlafsaal zu verlassen. Harry und ich lächelten zurück, ich müder als er. 

Irgendwann hatte auch ich mich endlich angezogen und eigentlich hätten wir jetzt schleunig in die Große Halle gemusst, um noch etwas zum Essen zu bekommen, aber vorher musste ich noch etwas erledigen. 

Na ja, vielleicht war das eigentlich genau das, was ich unter keinen Umständen durfte, aber ich konnte Dean und Seamus einfach nicht mehr länger zusehen 

Ich rollte mit den Augen und klatschte in die Hände. Deans Blick flog in meine Richtung. 

"Okay, Turteltauben, jetzt wird es aber zuuu offensichtlich!", rief ich und hörte Harry hinter mir leise kichern. Es war auch so schon zu offensichtlich, nur die beiden waren einfach blind und bemerkten nichts. 

Seamus fuhr so abrupt hoch, dass Dean, der knallrot geworden war, erschrocken nach hinten taumelte und auf sein Bett plumpste. 

"Wie hast du uns gerade genannt?", fragte Seamus. Seine Stimme hörte sich fast schon ängstlich an, obwohl er versuchte es zu überspielen und sein Blick wanderte binnen zweier Sekunden dutzende Male zwischen Dean und mir hin und her, bis er sich dafür entschied ihn auf mir ruhen zu lassen. 

Ich stemmte die Hände in die Seiten und grinste ihn frech an. "Turteltauben", wiederholte ich seelenruhig. 

Seamus blinzelte ein paar Mal, sein Mund formte sich zu einem kleinen "O" und rote Flecken erschienen auf seinen sommersprossigen Wangen. 

Für einen winzigen Augenblick dachte ich an die Briefe und war abgelenkt, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde. Die anderen konnten gar nicht gemerkt haben. 

Seamus sah wieder zu Dean, der den Blick starr auf den Boden gerichtet hatte. 

Harry trat einen Schritt vor. "Ernsthaft Leute, jeder weiß es schon, sie machen sogar schon Wetten, wann es raus kommt. Seit der zweiten Klasse, also schon seit drei Jahren!", sagte er fast schon streng. "Tut uns einen Gefallen und klärt das endlich! Ron und ich lassen euch dann mal allein." 

Die beiden liefen noch röter an, als sie eh schon waren und ich grinste noch breiter. 

Ich hab gewonnen, Hermine, dachte ich triumphierend, die Tatsache, dass der Sieg nicht so ganz fair gewesen war ausblendend, und verließ hinter Harry erst den Schlafsaal und danach unseren Turm. Ja, auch ich hatte gewettet und jetzt schuldete mir Hermine zehn Galleonen. In gewisser Weise ... 

Ein Glück, dass ich gewonnen hatte, sonst wäre das echt peinlich geworden. 

Wir betraten die Große Halle, in der es nur so von Schülern wimmelte. Wie immer. 

"Glaubst du, sie machen es heute noch öffentlich?", fragte ich. Harry zuckte mit den Schultern, während wir uns unseren Weg zu Hermine bahnten, die Kaffee schlürfend in einem Buch las. Sie hatte uns noch nicht gesehen. 

"Wieso nicht? Sie wissen doch jetzt, dass wir alle schon darum gewettet haben", sagte er. Ich nickte, ein wenig abgelenkt, während wir uns setzten. Hermine lächelte uns kurz zu und versank dann wieder in ihrem Buch. Eigentlich hätte ich ihr gleich unter die Nase reiben können, dass ich unsere Wette gewonnen hatte, aber mir war gerade nicht danach. Ich hatte anderes zu tun und außerdem konnte ich das auch später noch. 

Ich ließ meinen Blick durch die Große Halle wandern und inspizierte alle genau. 

Vielleicht war ich auch noch ein wenig naiv. 

Als ob ich die Person, die mir die Briefe geschrieben hatte, so ausfindig machen würde. Ich müsste schon anders vorgehen. Klüger. Vielleicht versuchen die Schrift zu erkennen? 

Ich verwarf den Gedanken und sah mich weiter um. Logisches Vorgehen war noch nie mein Ding gewesen. 

Wer bist du? - BlaironWo Geschichten leben. Entdecke jetzt