Kapitel 14

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"Ich ... bin mit Draco befreundet." Harrys Stimme war so leise, dass ich sie kaum hören konnte.

"Ich meine, denke ich. Wir treffen uns ab und zu. Es war zuerst nur ein wenig Nachhilfe in Zaubertränke, aber jetzt ... Wir haben uns ganz gut verstanden und ... Aber wir treffen uns heimlich. Weil seine Eltern nichts davon wissen sollen. Und auch sonst niemand." Er sah sich wieder nervös um und schien zu überlegen, wie viel er noch sagen konnte. "Er ... also, er hat mir für dich die Pergamentrollen besorgt. Also die ... auf die die Slytherins deinen Namen schreiben sollten. Und ... er hat nicht mitgemacht, weil es für ihn und mich logisch war, dass Draco es nicht sein konnte. Ich meine, er hat es mir gesagt und ... ich glaube ihm." Er seufzte. "Nur für den Rest der Welt leider nicht."

"Und ... während euren Treffen hast du dich in ihn verknallt?", riet ich, schelmisch grinsend.

Harry lief feuerrot an und aus dem Augenwinkel sah ich, wie Hermines Gesicht anfing zu leuchten. Es war der Neue-Verkupplungsaktion-die-ich-mit-meiner-Fast-Freundin-aus-Slytherin-starten-kann-Ausdruck. Na ja, ich meine ... vielleicht war der nicht so ganz bekannt oder auch nur irgendwie ansatzweise, aber ...

"Was?!", riss mich Harrys panische Stimme zurück in die Realität. Für den Moment schien er nicht darauf zu achten, wer gerade zuhörte oder nicht. "Du spinnst doch! Ich meine ... wie kommst du darauf?"

Er verschränkte die Arme vor der Brust, während ich mit den Augen rollte. "Na hör mal, Harry! Ich kann ja wohl eine und noch eine Torte zusammenzählen, wenn sie mir jemand direkt vor die Nase hält!"

"Ron, es heißt nicht Torte, sondern ..."

"Ist jetzt egal, Hermine! Der Punkt ist," - ich senkte meine Stimme, um die Aufmerksamkeit der anderen etwas von uns wegzubekommen - "Harry hat sich in Draco verknallt!"

Sie ließ sich beleidigt zurück in ihren Sessel sinken und schnaubte, als Harry sein Gesicht in seinen Händen versteckte. "Können wir bitte über etwas anderes reden? Es gibt doch nicht nur mich und mein Liebesleben, sondern - Ron!" Er sah wieder auf, diesmal um Längen begeisterter. "Dein Brief für Blaise, der ja vielleicht dein geheimer Verehrer ist." - Die Betonung lag eindeutig auf "vielleicht" - "Wie weit bist du?"

Ich warf einen Blick auf die Rolle Pergament vor mir. "Sieben Wörter, zwei Sätze, ein Absatz", verkündete ich, nachdem ich kurz gezählt hatte.

Harry stöhnte. "Du weißt schon, dass wir in zwei Jahren nicht mehr in Hogwarts sind, richtig? Denn dann würde ich mich an deiner Stelle mal etwas beeilen."

"Würde ich ja auch eigentlich, sehr gern sogar, aber mir fällt leider nichts ein", erklärte ich ergeben. Harry runzelte die Stirn und schien nachzudenken.

"Wie wäre es, wenn du ihm erst einmal ein paar Komplimente machst?", schlug Hermine vor und schaute etwas weniger sauer drein. "Was magst du an ihm?"

"Seine Augen, schätze ich. Ich habe ja keine Ahnung wie er sonst ist."

"Dann schreib etwas darüber." Hermine schien zufrieden, aber Harry schüttelte den Kopf.

"Das hört sich dann doch so an, als hätte ihn jemand gezwungen den Brief so zu schreiben und ihm wären nur Blaises Augen eingefallen", wandte er immer noch kopfschüttelnd ein.

Hermine gab ein missbilligendes Geräusch von sich, das sich verdächtig nach einem Schnalzen anhörte, aber sie widersprach nicht. "Na gut, wenn du das sagst, schließlich bist du mit Ron ein Junge. Dann brauchen wir noch mehr gute Sachen an Blaise."

Sie sahen mich beide erwartungsvoll an und ich rutschte in meinem Sessel so weit nach unten, dass ich fast am Boden lag. "Aber das dauert doch viel zu ewig!", beschwerte ich mich.

Halt! Moment!

Ewig ... Das war's doch, oder nicht?!

"Hey, ich glaube, ich hab's!", rief ich dann und setzte mich sofort wieder gerade hin, um meiner Eingebung nach den Brief zu schreiben.

Hallo Blaise,

hier ist Ron. Ron Weasley.

Ich bin nicht so gut mit geschriebenen Worten. Wenn ich richtig liege, dann nicht einmal halb so gut wie du, also komme ich einfach gleich zum Punkt. Ich hoffe, das ist okay?

Ich will dich etwas fragen.

Kannst du heute nach der Ausgangssperre zum Astronomieturm kommen?

Ich habe nämlich noch eine zweite Frage an dich, aber die stelle ich dir lieber persönlich. Du musst mir nur versprechen, dass du mich nicht umbringst, okay?

Ich vertraue dir, fühl dich geehrt, Schlange.

Ron, aber das habe ich ja schon erwähnt

Ich ließ meine Feder zufrieden wieder sinken und hob den Kopf. "Und? Was hast du geschrieben?" Harry versuchte so desinteressiert zu klingen wie möglich, was ihm natürlich gründlich misslang.

Ich grinste. "Wieso sollte ich dir das sagen? Der Brief ist doch schließlich nicht für dich geschrieben."

Ihm entglitten seine Gesichtszüge für einen Moment, bevor er sich etwa übertrieben räusperte und Hermine leise kicherte. "Schon, aber ... aber, na ja ... irgendwer sollte doch vielleicht noch einmal drüber schauen, um sicher zu gehen, dass du nicht irgendeinen Müll produziert hast ...?"

Fast hätte ich mich über die (leider gerechtfertigte) Unterstellung beschwert, Harry würde behaupten ich könne nicht schreiben. "Du hast Recht", sagte ich aber stattdessen. "Hermine, schaust du mal?"

Ich sah sie bittend an. "Klar." Sie nahm mir den Brief aus der Hand und runzelte die Stirn, als sie anfing zu lesen. Entweder, weil sie wirklich Korrekturlesen wollte oder weil sie meine Schrift nicht entziffern konnte.

Oder weil mein Brief jetzt schon so schlecht war, dass sie nur noch die Hände über dem Kopf zusammenschlagen konnte.

Panik begann in mir aufzukochen, doch ich schluckte sie sofort wieder herunter. Die erste oder zweite Möglichkeit war definitiv besser. Bevorzugt die Erste.

Ich warf einen Blick zu Harry und konnte nicht mehr an mir halten. Alle Sorgen verließen meinen Körper, als ich in Gelächter ausbrach.

"Was?" Er sah so aus, als würde er mich jetzt gerne ermorden wollen.

Ich holte tief Luft und versuchte irgendwelche Worte zu Stande zu bringen. "Lies ... mit ...", verließ schließlich meinen Mund und Harry beugte sich sofort über Hermines Schulter.

Kaum eine Minute später waren sie fertig. Meine Freunde warfen sich lange, für mich unlesbare, Blicke zu und mir wurde sofort wieder mulmig zu Mute. "So schlecht?", fragte ich.

Hermine schüttelte schnell den Kopf. "Nein, nein", widersprach sie. "Nicht schlecht. Nur vielleicht nicht gerade das, was wir erwartet hätten ..."

"Also schlecht?"

"Nein!" Diesmal versuchte Harry mich vom Gegenteil zu überzeugen. "Nur ungewöhnlich ... eben auf deine eigene Art geschrieben, aber ich finde das ist gut so."

"Also kann er den Brief so lesen?"

Meine Freunde nickten und ich beobachtete Hermine nervös dabei, wie sie das Pergament zwei Mal faltete und in die Tasche ihres Umhangs steckte.

"Er wird mich nicht umbringen, oder?", fragte ich und sah die beiden fast flehend an. Als würde ihre Antwort auch nur das geringste an der Wirklichkeit ändern.

Sie zögerten, bevor es schließlich Hermine war, die antwortete. "Das wird er dir wohl nur selbst sagen ..."

Wer bist du? - BlaironWo Geschichten leben. Entdecke jetzt