Wer bist du? - Blairon

Kapitel 32

"Was glaubt ihr eigentlich passiert, wenn wir unser letztes Jahr in Hogwarts abgeschlossen haben?" Ich hatte die Hände in die Luft gestreckt und fokussierte meinen Blick mit einem zugekniffenen Auge auf sie, während die Holzdecke im Hintergrund verschwamm und zu einem unscharfen, braunen Fleck wurde. "Ich meine, kriegen wir dann irgendeine Abschlussfeier, bei der wir ein Zeugnis überreicht bekommen, das bestätigt, dass und mit welchen Leistungen wir hier zur Schule gegangen sind, oder so?"

Aus der Richtung in der Harrys Bett war, hörte ich Kissenrascheln und empörtes Flüstern, weil Draco wohl festgestellt hatte, dass Menschen nicht so bequem waren, wie sie vielleicht aussahen, egal wie fluffig ihre Haare sein mochten. "Reg dich ab, mein Bein ist bloß eingeschlafen!", zischte mein bester Freund zurück und erneutes Rascheln ertönte.

"Wieso fragst du?", wollte Draco kurz darauf wissen, als Seamus im selben Moment: "Nope!" von Deans Bett aus rief. "Die Welt steht doch gerade verdammt Kopf, wir können froh sein, dass Hogwarts noch mehr ist als nur ein Haufen von Trümmern und Asche, vermutlich gehen wir früher oder später aber eh alle drauf, also wo ist da noch Zeit für so etwas wie Abschlussfeiern?"

Bedrücktes Schweigen folgte, welches sicherlich nicht beabsichtig gewesen war, aber nun doch nicht mehr vermieden werden konnte, und ich schaffte es nicht mich davon abzuhalten einen Blick zu Draco zu werfen, der sich mit Harry in dessen Bett gekuschelt hatte, die Tatsache, dass er kein Gryffindor war und eigentlich nicht hier sein durfte, seit seinem Auftauchen ohne mit der Wimper zu zucken ignorierend. Doch er schaute nicht zurück - was mich mehr erleichterte, als es wahrscheinlich sollte - weil er gerade damit beschäftigt war entweder Dean, Seamus oder Neville in den Boden zu starren, auch wenn es mir bei Letzterem ziemlich unwahrscheinlich erschien.

Ich drehte mich auf die andere Seite, um festzustellen, welcher meiner Mitbewohner sich mit dem Slytherin angelegt hatte.

Mit großer Sicherheit war es Seamus - es könnte aber auch Dean sein, der seinen Freund ebenfalls im Arm hielt und leicht unsicher zwischen diesem und Draco hin- und herschaute.

Und mit großer Sicherheit könnte man sich jetzt darüber aufregen, dass ich das offensichtliche Thema im Raum ignorierte, doch meine Aufmerksamkeit lenkte sich schon fast unaufhaltsam darauf, dass Harry und Seamus beide mit ihren Freunden kuscheln konnten, während ich einsam und allein in meinem Bett lag, mir die Zeit damit vertrieb mir über unnützes oder problematisches Zeug Gedanken zu machen, auch wenn Seamus vermutlich richtig lag und mir wohl nicht mehr lang bleiben würde, bis ich keinen freien Augenblick dafür mehr hätte, und mein einziger Trost Neville war, der auch nur mit seinem Kissen im Arm dasaß.

Obwohl das irgendwie nicht zählte, weil er ja in einer Beziehung mit Luna war, die wiederum seit Neustem auch mit meiner Schwester zusammen war, und in den letzten Tagen trotz allem mehr gelächelt hatte, als in den ganzen Jahren, die ich ihn jetzt schon kannte.

"A-aber hättet ihr nicht gern ein Abschlussfest? Stellt es euch doch mal vor. E-ein letztes Mal mit allen feiern zu können, mit denen man sieben Jahre seines Lebens verbracht hat?", warf Neville leise und mit schief gelegtem Kopf ein, als würde er wirklich darüber nachdenken, wie es sein könnte, wenn wir die Wahl hätten.

"Und dann fangen alle an zu heulen, weil sie sich nie wieder sehen werden", schnaubte Draco, nachdem er das Blickduell mit Seamus (oder Dean) abgebrochen zu haben schien. Vielleicht hatte er auch gewonnen. "Vielen Dank auch, aber darauf kann ich mit gutem Gewissen verzichten!"

"Nein, das wäre richtig cool!", protestierte ich und saß mit einem Ruck aufrecht da, um mich einerseits besser umschauen zu können (denn das Bett in der Mitter zu haben war nicht halb so schön, wie man es sich vielleicht vorstellte) und andererseits, weil die plötzliche Welle der Begeisterung mir keine besonders große Wahl ließ. "Wir würden wahrscheinlich in der Großen Halle sein und Dumbledore könnte jeden und jede von uns nach vorne rufen und der Person dann ihr Abschlusszeugnis überreichen und dann würden wir alles an Essen in uns reinstopfen, was nur geht, und reden und ..."