Kapitel 9

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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich die absurde Hoffnung, dass neben meinem Kopfkissen vielleicht doch noch ein Brief liegen würde, aber als ich nachschaute war da natürlich nichts. Ich seufzte und drehte mich zu Harrys Bett. Leicht rüttelte ich ihn an der Schulter. Er murmelte etwas und rieb sich die Augen. Vorsichtig tastete er nach seiner Brille, setzte sie auf und blinzelte mich verschlafen an. 

"Was ist los?", fragte er nuschelnd. 

"Ich kann nicht schlafen ..." 

Harry stöhnte und sein Blick wechselte von verschlafen zu entgeistert. "Und deshalb weckst du mich?!"

Ich grinste ihn entschuldigend an. 

"Nein, ohne mich!", sagte er und verschwand ganz unter seiner Bettdecke. Er machte sich noch nicht einmal die Mühe seine Brille abzunehmen. 

"Harry, bitte! Ich will nicht vor Langeweile sterben!", bettelte ich, auch wenn ich kaum glaubte ihn weich zu kriegen. "Es ist doch schon ...", ich warf einen kurzen Blick auf die Uhr, "... sechs Uhr?"

"Ron! Es ist Mittwoch, wir müssen heute noch zum Unterricht und jetzt willst du mir auch noch das letzte bisschen Schlaf rauben, das ich habe?" Harrys linke Hand kam unter seiner Bettdecke hervor, legte seine Brille auf seinen Nachttisch und verschwand dann wieder. 

Ich starrte das Bett noch ein paar Minuten an, in der Hoffnung, dass Harry vielleicht doch aufstehen würde, aber spätestens als ich seinen ruhigen Schlafatem hörte wurde mir klar, dass ich vergebens wartete. 

Ich seufzte und drehte mich auf die andere Seite. 

Rechts von mir stand Seamus' Bett, aber das war  immer noch leer, genau wie Deans. Ich konnte nur hoffen, dass sie zum Unterricht wieder da waren. 

Ich dachte an die zehn Galleonen von Hermine, die ich mir eventuell ein wenig erschummelt hatte und bekam sofort das Gefühl mich vor der Luft rechtfertigen zu müssen. Oder vielleicht auch vor mir selbst. 

Nein, das passte schon. Musste ja niemand wissen. 

Stellte sich jetzt nur noch die Frage, was ich damit machen sollte? Immerhin hatte ich genug Geld, um eine neue Wette abzuschließen. Worüber? Das würde sich mit der Zeit schon noch ergeben. 

Du könntest es auch für euren nächsten Hogsmeade Besuch aufsparen. 

Hmmm, nö.


Nachdenklich biss ich in mein Brötchen. Es schmeckte so ziemlich nach nichts und obwohl ich wusste, dass ich es in spätestens einer Stunde bereuen würde, legte ich es zurück auf meinen Teller. Mein Magen wollte sich gerade einfach nichts aufzwingen lassen. 

"Vielleicht solltest du schauen, ob du die Schrift erkennst", sagte Hermine beiläufig. Sie schien Gedanken lesen zu können. Legilimentik? 

Oder vielleicht war das auch nur wieder eins von ihren "logisch Denken" Dingern. Das Mädchen war in beiden Fällen aber zu schlau für die Welt. 

Fast. 

"Ja, das wäre ja was, aber glaubst du, die Slytherins schreiben mir alle nett ein paar Worte auf ein blödes Blatt Papier, das ich für wer weiß was verwenden könnte, nur, wenn ich ganz lieb frage und auch noch bitte sage?" Ich sah sie mehr als nur skeptisch an. 

Hermine schnaubte, stellte ihre Kaffeetasse mit etwas zu viel Schwung wieder auf den Tisch, sodass fast die Hälfte des braunen Gebräus über den Rand schwappte und sich auf dem Holz verteilte, und verschränkte die Arme beleidigt vor der Brust. "Dann eben nicht", zischte sie. "Ich wollte ja nur helfen. Außerdem hätte ich da bestimmt irgendwie mit Pansy reden können. Zumindest was die Mädchen aus Slytherin angeht." 

Ich biss mir auf die Zunge, als Hermine schließlich seufzte und die Arme sinken ließ. 

"Also soll ich?", fragte sie, schon um Längen friedfertiger. Mein Gesicht hellte sich auf und ich nickte eifrig. Auch wenn mich das seltsame Gefühl beschlich, dass ich nicht wollte, dass die Briefe von einem Mädchen waren. 

"Ich könnte vielleicht auch helfen", gab Harry vorsichtig von sich, der bisher eisern geschwiegen hatte. 

Ich sah ihn überrascht an. "Wie das denn?" 

Harry zögerte. Hatte es irgendetwas mit der Person zu tun, in die er verliebt war? War die etwa auch in Slytherin? 

Fast hätte ich laut losgeprustet, so seltsam war das. Das Goldene Trio verliebt sich in Slytherins. Das wäre wohl die Story des Jahrhunderts und die ganze Zaubererwelt würde nicht mehr aufhören darüber zu reden. Doch bevor ich das laut aussprechen konnte, schüttelte Harry schon den Kopf. "Kann ich nicht erzählen", sagte er. 

Ich stöhnte. Ich hasste Geheimniskrämerei, aber gut. Jedem das Seine. Ich nickte. "Okay, aber du hilfst mit, ja?" 

Er lächelte, doch ich sah die Angst mit was auch immer aufzufliegen dahinter. "Klar." 

Hermine hatte inzwischen den Kaffee mit einer Serviette aufgewischt und die Tasse leer getrunken. "Dann haben wir einen Plan", sagte sie und fügte dann noch streng hinzu: "Bis Sonntag sind die Ergebnisse da." 

Dabei sah sie Harry eindringlich an, der unter ihrem Blick zusammenschrumpfte. 

Wow, sie nahm das ja ganz schön ernst. Ein bisschen fühlte ich mich fehl am Platz, weil ich der Einzige sein würde, der bis Sonntag nichts zur Lösung meines eigenen Problems beitragen konnte, trotzdem musste ich kichern. 

Ich und meine besten Freunde auf der Jagd nach der großen Liebe. Also wenn das nicht katastrophal werden würde, dann wusste ich auch nicht weiter. 

Nur hoffentlich möglichst unauffällig. 

Wer bist du? - BlaironWo Geschichten leben. Entdecke jetzt