Roter Teufel

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Reid und Alec hatten sich nach der Landung gleich auf den Weg zur Gerichtsmedizin von Shepherdsville gemacht. Während Alec den schwarzen SUV durch die Straßen lenkte, spürte er Reids musternden Blick auf sich ruhen. Alec war genervt. Der junge Agent schien ihm von Anfang nur Misstrauen entgegenzubringen. „Hast du irgendein Problem, Reid?" Alec hatte genug. Er hörte Reid ironisch auflachen, als er seinen Blick von Alec abwendete und aus dem Fenster starrte. „Du weißt schon, dass sie verheiratet ist?" Alec wusste, von wem die Rede war, entschied sich jedoch dafür, auf ahnungslos zu tun: „Wer soll verheiratet sein?" Alec wurde sofort bewusst, dass er den Doktor unterschätzt hatte. „Verarsch mich lieber nicht, Alec! Lass die Finger von JJ. Ich schwöre dir, wenn du ihr zu nahekommst, bekommst du es mit mir und Will zu tun. Und mit Will willst du dich nicht anlegen." Reid war wütend.

Alec verstand Reids Intention, wunderte sich jedoch über seinen Tonfall. „Geht's noch, Reid? Reg dich mal ab. Ja, ich finde JJ attraktiv, kein Grund, gleich ein Fass aufzumachen. Außerdem, was kümmerts dich?" Alecs Puls beschleunigte sich. Ihm stieg das Blut in den Kopf. Reid schluckte. „Ich bin Henrys Patenonkel. Ja, die beiden haben einen Sohn. Also, halt dich fern", fauchte Reid. Eine kurze Zeit verstrich. „Tut mir leid, Alec. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist." Reid strich sich durchs Haar. Alec runzelte die Stirn. Was war nur los mit dem? „Reid, wo liegt dein Problem? Ich werde mich schon nicht an eine verheiratete Frau ranschmeißen. Ich habe auch irgendwo meine Grenzen." Alec schüttelte angefressen den Kopf. Reid seufzte und blickte wieder aus dem Fenster. „Mein Problem ist JJ. Wie sie DICH angesehen hat. Das hätte sie nicht tun sollen. Ich bin wütend auf JJ Alec. Nicht auf dich." Alec zog die Augenbrauen hoch. Den Rest der Fahrt schwiegen sie. Auf irgendeine verdrehte Weise hatten Reids Worte Alecs Herz höherschlagen lassen. Doch er zwang sich augenblicklich, diese Gedanken abzuschütteln. JJ war verheiratet. Hatte sogar einen Sohn. Sie war tabu. Dabei würde es bleiben.

In der Gerichtsmedizin angekommen, brachte der leitende Begutachter Reid und Alec auf den neusten Stand. Es hatte keinen sexuellen Übergriff gegeben. Todesursache war ersticken. Die Augen und Fingernägel waren erst nach dem Tod entfernt worden. Eine gute Nachricht für das Opfer. Vielleicht auch eine Gute für Alecs Theorie. Die Haare des Opfers waren tatsächlich orange gefärbt worden. Die Fleisch- und Brandwunden stammten von Zigaretten und einem Messer. Dies geschah alles post mortem. Es wurden keine Spuren gefunden, die auf den Täter hinweisen könnten.

Eine Stunde später traf sich das gesamte Team im Hauptquartier des Shepherdsville Police Departments. Keiner aus dem Team hatte neue Erkenntnisse erlangt. Die bedrückte Stimmung war fast greifbar. Alec seufzte und rieb sich die Augen. Er versuchte seine Gedanken zu ordnen. Das taten alle. Nach einer gefühlten Ewigkeit ergriff Alec das Wort: „Meine Theorie: Der Täter hat dem Opfer die Augen aus seinem Verständnis von „Empathie" entfernt. Nachdem er sie mit einer Tüte erstickt hat, färbt er ihr die Haare, verstümmelte sie und entfernt Augen und Fingernägel. Die Augen, damit sie all das nicht mit ansehen muss. Natürlich war sie da schon tot, aber trotzdem. Außerdem habe schon einige Missbrauchsopfer gesehen, denen die Nägel entfernt wurden. Wer keine Nägel hat, kann nicht kratzen. Einfach aber effektiv. Keine Wunden, keine DNA. Da es sich hierbei jedoch nicht um ein sexuelles Motiv handelt und der Täter das Opfer erst post mortem verstümmelt hat, würde ich die Behauptung aufstellen, dass er das Opfer überhaupt nicht quälen wollte. Vielmehr bin ich der Meinung, dass der Täter selbst Missbrauchsopfer war. Ich kann nicht genau sagen, wieso, aber die gefärbten Haare deuten stark darauf hin. Er verwandelt das Opfer in sich selbst." Alec blickte aus dem Fenster. Er war in seine Gedanken vertieft.

„Wieso entführt er dann Mädchen und Jungen?" Morgan blickte in die Runde. „Vielleicht war er nicht das einzige Missbrauchsopfer. Eine Freundin vielleicht? Oder eine Schwester?" warf JJ ein. „Er wollte, dass sein Opfer gefunden wird. Wieso?" Alec starte weiter aus dem Fenster. „Sein Peiniger wurde möglicherweise nie zur Rechenschaft gezogen. Er sehnt sich nach Gerechtigkeit", argumentierte Emily. „Und durch die Entführungen und Morde will er die Polizei darauf aufmerksam machen. Er tötet sie nicht alle sofort, um sich aktuell zu halten. Ich vermute, der Fundort der Leiche wurde nicht zufällig ausgewählt. Es muss eine Verbindung zum Täter geben." Dave seufzte. „Das sind noch zu viele Parameter, um die Suche explizit eingrenzen zu können. In Shepherdsville und Umgebung leben an die 25.000 Menschen." Hotch schien nachdenklich. Er war beeindruckt. Beeindruckt von Alec. Selten hatte er jemanden so logisch und neutral Schlüsse ziehen sehen. Er hatte alles auf dem Schirm, konnte von allen Puzzleteilen die Zusammenhänge erkennen und sie zusammenfügen. Alec wand seinen Blick in die Runde. „Und wie viele von denen mögen rote Haare haben?"

Criminal Minds: Heavy HeartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt