Distanz

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JJ kam mit Alec im Schlepptau zurück zum Team. Im ersten Moment hatte Hotch nicht fassen können, was Alec sich herausnahm. Sofort danach konnte Hotch Alec nur vollstes Verständnis entgegenbringen. Es war überall bekannt, dass Alecs Partner sich das Leben genommen hatte. So was machte nun mal die Runde. Und allem Anschein nach waren Jasper und Alec nicht nur Kollegen gewesen. Dieser Fall war auch Hotch an die Nerven gegangen. Er konnte sich nicht mal ausmalen, wie er sich fühlen würde, wenn Jack so etwas zustoßen würde. „Ich entschuldige mich für mein Verhalten", sagte Alec gerade heraus. „Ich habe die Nerven verloren." Der Teamälteste meldete sich augenblicklich zu Wort: „Berufsrisiko. Ist uns allen schon passiert." Dave klopfte Alec leicht auf die Schulter. „Ja, unser kleiner Doktor verliert täglich die Nerven, stimmt's Reid?" Derek boxte Reid leicht gegen den Arm. Reid lachte: „Und du alleine bist der Grund dafür. Du bist die absolute Nervensäge. Echt Derek, du solltest dich mal erleben!" Das Team lachte und Alec stimmte mit ein. Ihm wurde warm ums Herz. Nicht zuletzt, weil er bemerkte, dass JJ ihn die ganze Zeit über angesehen hatte.

Die nächsten Monate vergingen wie im Flug. Alec dachte noch oft an Jasper. Und jedes Mal, wenn er dies tat, schien ihn die damit verbundene Last zu erdrücken. Doch es wurde besser. Es zog sich hin. Doch es wurde besser. Nicht zuletzt wegen der Unterstützung seines Teams. Derek nahm ihn mit zum Sport, Reid spielte mit ihm Schach, Emily unternahm etliche Verkupplungsversuche, Dave lud das Team mindestens zweimal im Monat zum Essen ein, Garcia sah sich mit ihm schnulzige Liebesfilme an und Hotch war einfach Hotch. Das Team war erfolgreicher denn je und war in Höchstform. Von JJ hatte sich Alec im Laufe der Zeit allerdings distanziert.

Vor etwa zwei Monaten hatte Dave seine Kollegen mitsamt Familie zu einem großen Dinner eingeladen. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich Alec und JJ noch hervorragend verstanden. Nach Reids Geschmack etwas zu gut, so vermutete Alec. Doch wenn er JJ auch nur ansah, schlug sein Herz höher. Auch Will und Henry waren am besagten Abend anwesend. Alec hatte sofort einen Draht zu Henry. Er konnte einfach gut mit Kinder umgehen. Wenigstens etwas Positives, das er seinem Beruf zu verdanken hatte. Der Kleine war unglaublich schlau und neugierig. Er hatte JJs Augen. Alec mochte ihn. Mit Will verstand er sich hingegen weniger gut. Alec wusste nicht, ob die Eifersucht aus ihm sprach, oder ob Will ihm einfach nur unsympathisch war. Sie hatten zur Begrüßung ein paar Worte miteinander gewechselt. Dabei war es geblieben. Alec fragte sich, ob Reid Will gegenüber irgendwelche Andeutungen gemacht hatte. Verwarf diesen Gedanken jedoch sofort wieder. So tickte Reid nicht.

Nachdem Essen beobachtete Alec, wie Will JJ etwas ins Ohr flüsterte und gleich darauf mit ihr verschwand. Alec bemerkte sofort, dass ihm diese Situation einen Stich versetzte. Er seufzte, erhob sich vom Tisch und gesellte sich nach draußen zu Garcia und Derek. Alec griff in seine Hosentasche und zündete sich eine Zigarette an. Er mochte es nicht. Doch er brauchte es. „Dafür läufst du morgen zwei Kilometer mehr", witzelte Derek. Alec grinste: „Selbst dann bin ich noch schneller als du, mein kleiner Schokobär." Alec zwinkerte Garcia zu. Sie lachte: „Du weißt, wie ich dazu stehe, Alec. Das bringt dich irgendwann noch um. Wo ist Spence? Der hat bestimmt eine Statistik dazu parat." Kichernd stöckelte Garcia Richtung Haus, um Reid zu suchen.

Derek blickte ihr lachend und kopfschüttelnd hinterher. Eine halbe Ewigkeit verging, in der er zu überlegen schien, was er sagen sollte. „Hör mal Alec. Ich will dir nicht zu nahetreten oder so, aber mir ist da in letzter Zeit was aufgefallen. Etwas, das mir nicht gefällt." Derek schien zu zögen, doch Alec kam ihm zuvor: „Lass mich raten, du bist nicht der Einzige, dem etwas aufgefallen ist." Alec atmete aus und blickte verträumt in die Rauchwolke, die sich vor ihm erhob. Er wusste, worauf er hinauswollte. Derek blickte ernst drein: „Stimmt. Irgendwie hab ich's von allen schon mal mitbekommen." Alec seufzte und rieb sich die Augen. „Ich werde mich von ihr fernhalten. Keine Sorge", presste Alec hervor. Er drückte seine Zigarette aus und ließ Derek auf der Veranda stehen.

Nach diesem Abend hatte er versucht, gegen seine Gefühle anzukämpfen. Und hatte sich als Folge daraus immer weiter von ihr distanziert. Dies kann JJ unmöglich unbemerkt geblieben sein. Doch weder sie noch Alec hatten je das Gespräch gesucht. Er hatte keine Ahnung, ob es ihr genauso erging wie ihm. Da sie Alecs Distanziertheit offensichtlich nicht störte, bezweifelte er das. Er war so naiv. Sie war offensichtlich glücklich verheiratet. Das würde sie nicht alles für einen dahergelaufenen Typen von der Westküste hinschmeißen.

Criminal Minds: Heavy HeartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt