George Samuel

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„Baby Girl, du musst noch mal für uns zaubern. Such uns bitte alle Personen im Alter zwischen 24 und 40 Jahren heraus, die rötliche Haare haben. Wir suchen womöglich nach Geschwistern. Ein Mann, eine Frau. Suche auch nach möglichen Krankenhausbesuchen in der Kindheit, die auf Misshandlung hindeuten. Grenze die Suche auf Shepherdsville und Umgebung im Radius von 10 Kilometern ein." Derek sprach schnell und aufgeregt. „Wird gemacht, mein Lieber, eine Sekunde." Garcia fing an zu tippen.

Sekundenspäter meldete sie sich wieder zu Wort: „Überraschenderweise gibt es einige rothaarige Menschen in Shepherdsville und Umgebung. Davon habe ich vier Geschwisterpaare herausgefiltert. Bei keinem davon finde ich Andeutungen auf Misshandlung in der Krankenakte." Alec ergriff das Wort: „Hätte mich auch gewundert. Die Misshandlungen wären bei einem Krankenhausbesuch sicher aufgefallen. Garcia, hat irgendwer von ihnen besitzt in der Nähe des Fundortes? Eine Hütte oder eine Wiese, irgendwas?" Garcia tippte. „Fehlanzeige. Aber ich versuch's mal bei den Verwandten. Volltreffer Agent Severin! Alfredo Samuel, Vater von George und Larissa Samuel, besaß eine Jagdhütte in den Wäldern von Shepherdsville. Er verstarb vor 10 Jahren an Krebs. Larissa Samuel lebt mit drei Kinder und einem Ehemann in Wisconsin. George Samuel ist nirgends gemeldet." „Das ist er! Garcia schick uns die Koordinaten. Ich verständige ein SWAT-Team. Auf geht's." Hotch war hoch konzentriert.

Alec saß neben JJ auf der Rückbank des SUVs. „Wieso wurde die Hütte bei der Suche nach den Vermissten nicht gefunden?", fragte JJ stirnrunzelnd. „Ganz einfach: Lag außerhalb des Suchradius. Traurig, aber wahr. Vielleicht hätte man alle retten können, wenn man fünf Kilometer weitergesucht hätte." Reid drehte sich nach hinten und sah JJ an. Als er sich wieder nach vorne drehte und einen Funkspruch durchgab, blickte Alec JJ tröstend an. „Bei Kindern ist es immer schlimm", sagte Alec nur. JJ sah Alec direkt in die Augen. Und wieder einmal haute sie ihn um. In ihren Augen lag Trauer und Schmerz ja, aber auch eine unglaubliche Stärke, die Alec wahnsinnig anzog. Sein Herz schlug augenblicklich schneller. JJ lächelte traurig: „Wie konntest du das nur jeden Tag durchstehen?" Alec wand seinen Blick kurz ab und fuhr sich durch die Haare. Dann sah er JJ in die Augen und lächelte verträumt: „Jasper."

Das SWAT-Team brachte sich ein Stück vor der Hütte in Stellung. Es war dunkel geworden. Alec und Morgan bildeten auf Hotchs Befehl hin die Vorhut. Auf Morgans Zeichen startete die Truppe und bewegte sich leise auf die Hütte zu. Es brannte Licht. Ein SWAT Agent öffnete die Tür, sodass Morgan und Alec mit gezogenen Waffen eintreten konnten. Die Hütte war nur sporadisch eingerichtet und der Müll stapelte sich in den Ecken. Von George Samuel war keine Spur. Es roch vergammelt. Morgan zeigte auf die Kellertür. Alec nickte und betrat die Kellertreppe, nachdem Morgan die Tür leise geöffnet hatte. So behutsam wie möglich schlichen sie die Treppe hinunter. Eine tiefe Stimme war zu hören. Unverkennbar die von George Samuel. Er schien mit einem der entführten Kinder zu sprechen: „Die werden ihn schnappen, George! Keine Angst, Vater wird büßen. Armer kleiner George. Was hat er dir nur angetan."

Mit jedem Schritt, den Alec tat, kam George ihm weiter ins Sichtfeld. Er nickte Morgan zu, der direkt hinter ihm war. „George Samuel, hier ist das FBI. Sofort die Hände hinter den Kopf." Alec sprach ruhig, aber bestimmt. George Samuel drehte sich abrupt um und starrte Alec an. Er hatte Brandnarben auf Armen und Hals. Hinzukamen zahlreiche Schnittnarben. Der Großteil seiner Fingernägel fehlte. Alec wusste, dass er keinen Funken Mitleid empfinden durfte. Doch er konnte nicht umher, George anzublicken und zu erkennen, dass auch er ein Opfer war. „George, sieh doch! Sie sind gekommen und wollen Vater endlich schnappen." George Samuel strahlte und fing an den Jungen, mit dem er gesprochen hatte, über den Kopf zu streicheln.

Erst jetzt bemerkte Alec, dass dieser nicht mehr lebte. Ihm war das gleiche Schicksal widerfahren wie Masha. Sofort verschwand der kleine Funke Mitgefühl. Er wurde unbeschreiblich wütend. „Ich sag es nur noch ein letztes Mal: Hände hoch." Alec ging auf George zu. Der Verlauf der Situation schien ihn mehr und mehr zu verwirren. Ihm schien bewusst zu werden, dass das FBI nicht gekommen war, um seinen Vater zu verhaften. George griff nach einem Hammer, der auf dem Tisch zu seiner linken lag. Alec wollte ihn erschießen. Wollte, dass er leidet. Stattdessen trat er auf George zu, drehte ihm seinen rechten Arm auf den Rücken, sodass George den Hammer fallen ließ. „George Samuel, sie sind verhaftet." Zwei SWAT Agents übernahmen den Gefangenen.

Morgan gab alles per Funk an das Team weiter, während Alec weiter in den Raum hineinging, um die vermissten Kinder zu finden, die, so hoffte er von tiefem Herzen, noch lebten. Morgan folgte ihm wenig später. Am Ende des Raums befand sich eine Tür. Morgan winkte Alec beiseite und trat sie kurzerhand ein. Um möglichen Überraschungen vorzubeugen, betraten die beiden Agents mit gehobener Waffe den Raum. In der linken Ecke hockten drei Kinder mit traurigen und leeren Blicken. Zwei Mädchen, ein Junge. Alec hatte diese Situation schon viele Male erlebt. Er ergriff als Erster das Wort: „Ganz ruhig." Vorsichtig näherte es sich den verängstigten Kindern. „Wir sind vom FBI. Ich bin Alec. Das ist Derek." Alec zeigte auf Derek und lächelte. „Ein richtiges Muskelpaket, was? An dem kommt niemand vorbei." Der Junge und eins der Mädchen mussten schmunzeln. Das andere Mädchen starrte weiter ins Leere.

„Wie wär's, ihr zwei geht mit Derek mit? Vielleicht zeigt er euch ja mal eins von den Polizeiautos?" Alec blickte weiterhin auf das Mädchen, das den Vermisstenbildern zu Folge, die Alec im Gedächtnis herumschwirrten, Allison Clarkson sein musste. Derek nahm die zwei anderen Kinder an die Hand und ging mit ihnen heraus. Körperlich schien es ihnen so weit gut zu gehen, auch wenn sie verdreckt waren. Kein Wunder bei diesem Dreckloch, dachte Alec. Er hörte Derek im Vorraum mit jemandem reden. Da niemand hereinkam, vermutete Alec, Derek habe um etwas Ruhe gebeten, damit sich Alec um Allison kümmern konnte. „Du bist Allison, oder?" Die Kleine reagierte nicht. „Was würdest du davon halten, wenn ich dich hieraus bringe?" Wieder nichts. „Okey Kleine, ich werde dich jetzt hochheben, wenn du nicht möchtest, kannst du dich wehren, aber ich werde dir nichts antun. Einverstanden?" Alec griff Allison vorsichtig an den Schultern. Sie zuckte zusammen, ließ ihn aber machen. Mit einem Ruck hob er die Kleine hoch. Sie schlang sofort ihre kleinen Arme um Alec. Er legte ihr eine Hand auf den Kopf und flüsterte ihr beruhigende Worte zu. Sie schien so zerbrechlich. Allisons Augen waren geschlossen. So durchquerte Alec schnellen Schrittes den Kellerraum, vorbei an Jakob Nelsons Leiche, stieg die Treppen des Kellers hinauf und durchquerte die Hütte, bis er endlich an der frischen Luft war.

Criminal Minds: Heavy HeartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt