Kapitel 8

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„Danach bin ich drei Monate nicht mehr mit diesem Bus gefahren", beendete ich meine Erzählung von einem sehr peinlichen Moment in meinem Leben als pubertierendes Mädchen. Aiden lachte laut auf. „Und jetzt musst du mir was Peinliches über dich erzählen!", forderte ich ihn auf. Sonst wäre es ja ungerecht... Ich sah ihn abwartend an und schob mir noch einen Löffel meines Frozen Joghurts in den Mund. Wir hatten uns auf einer Bank am Ufer niedergelassen und aßen entspannt unseren Nachtisch.

„Muss das sein?", fragte er, nachdem er sich beruhigt hatte. „Auf jeden Fall! Ich hab dir schließlich auch meine Geschichte erzählt, da ist es nur fair, wenn ich auch eine von dir kenne." „Na schön. Aber du darfst es niemandem erzählen, okay?", gab er nach. Verschwörerisch blickte er mich an und ich hielt ihm meinen kleinen Finger hin. „Versprochen!" „Okay, also ich war vielleicht 12 oder so, da hat mich ein Mädchen, die wohl auf mich stand, zu ihrem Geburtstag eingeladen. Es war eine Übernachtungsparty und da ich nicht mit ihr alleine war, haben ihre Eltern auch erlaubt, dass ich übernachte. Die waren sonst immer relativ streng. Wahrscheinlich haben sie gedacht ich stelle sonst was mit ihrer Tochter an. Letztendlich ist zwischen ihr und mir natürlich nichts passiert. Stattdessen bin ich nachts geschlafwandelt und irgendwie ins Schlafzimmer ihrer Eltern, wo ich mich aufs Bett gekuschelt und seelenruhig weitergeschlafen habe. Ich bin davon aufgewacht, dass ihre Mutter vor Schreck gekreischt hat, weil sie aufgewacht ist und ein fremder Junge in ihrem Bett lag."

Ich starrte Aiden an, einen Moment, noch ein Moment und dann brach ich in schallendes Gelächter aus. „Du bist zu ihren Eltern ins Bett? Oh Gott!" Er kratzte sich verlegen am Nacken und grinste. „Ich habe mich danach nie wieder da blicken lassen. Zum Glück hat es keiner mitbekommen. Es wissen nur ihre Eltern, meine Mom und jetzt du." „Dein Geheimnis ist bei mir sicher", sagte ich und wischte mir eine Lachträne aus dem Auge. Das war einfach zu gut! „Das will ich doch stark hoffen! Immerhin hängt mein Ruf davon ab."  „Na dann solltest du auf jeden Fall nett zu mir sein, schließlich hab ich dich jetzt in der Hand", meinte ich zwinkernd. „Du hast es versprochen!", erwiderte er empört. Wir lachten beide und gingen dann dazu über unseren Frozen Joghurt aufzuessen, der inzwischen schon gar nicht mehr so frozen war. Lecker schmeckte er trotzdem.

Sobald wir aufgegessen hatten und aufgestanden waren, standen wir etwas unschlüssig voreinander. Was jetzt? „Soll ich meinen Fahrer anrufen, damit er uns nach Hause bringt?", fragte Aiden zögerlich. Schnell schüttelte ich den Kopf. „Nein! Ich meine, er hat um die Uhrzeit bestimmt besseres zu tun. Das ist nicht nötig." Außerdem wollte ich irgendwie noch nicht nach Hause. „Ich würde dich ja selber fahren, aber ich habe getrunken, das wäre unverantwortlich", sagte er. Ich wollte schon vorschlagen einfach ein Taxi zu rufen, doch dann wäre unser Date genauso vorbei. Mir kam eine bessere Idee. „Wie wär's, wenn wir einfach zu Fuß gehen? Von hier ist es circa eine Dreiviertelstunde zu mir." Bei meinem Vorschlag hellte sich seine Miene auf. „Sehr gerne!"

Wir setzten uns in Bewegung und unterhielten uns locker weiter. Auch wenn es sehr schön war, bereute ich meinen Vorschlag bereits nach der halben Strecke. „Hättest du nicht einfach in Jeans kommen können?", murmelte ich und verzog das Gesicht. Ich trug meine High-Heels eindeutig schon zu lange. Langsam schmerzten meine Füße ganz schön. Verwirrt sah Aiden mich an. „Was?" Ich realisierte, dass er mit meiner Aussage vermutlich überhaupt nichts anfangen konnte und erklärte mich schnell. „Ach so, ja. Wärst du in Jeans bei mir aufgetaucht, hätte ich Boots angezogen, um den Look mehr casual zu gestalten. Das wäre deutlich angenehmer zum Laufen gewesen als diese High-Heels." Ich deutete auf meine Absatzschuhe, trotz deren ich immer noch kleiner war als er, und verzog leidend das Gesicht. „Oh, verstehe! Kann ich dir irgendwie helfen?" „Ich bezweifle, dass du mich den restlichen Weg tragen möchtest, also leider nicht wirklich. Wir könnten nochmal kurz Pause machen." „Natürlich, komm, da ist eine Bank."

Wir setzten uns hin und ich zog die Schuhe aus, um mir kurz die Füße zu massieren. Nach ein paar Minuten zog ich sie aber wohl oder übel wieder an und wir liefen weiter. Inzwischen war es dunkel und ziemlich frisch geworden. Als uns ein kühler Windstoß streifte, zeichnete sich das direkt durch eine Gänsehaut auf meinen Armen ab. Sofort sah Aiden mich besorgt an. „Ist dir kalt? Komm, nimm mein Jackett!" Noch bevor ich etwas dazu sagen konnte, zog er es sich aus. „Nein nein, schon okay!", versuchte ich es trotzdem, doch ich hatte keine Chance. „Hier nimm es! Wenn ich dir schon nicht mit deinen Schuhen helfen kann, dann wenigstens hiermit." Ohne meinen Protest zu beachten, hängte er es mir um die Schultern. Erst jetzt, wo mich seine Wärme einhüllte, merkte ich, wie ausgekühlt ich bereits war. „Dankeschön", gab ich nach und lächelte. Aiden war echt ein Gentleman durch und durch.

Wir unterhielten uns den ganzen Weg so gut, dass ich meine schmerzenden Füße kaum noch wahrnahm. Viel zu schnell erreichten wir meine Haustür. „Also dann", meinte ich zögerlich. „Da wären wir." „Das war ein sehr schöner Abend, Mary", meinte Aiden und lächelte. „Das war es. Danke dir für die Einladung!", antwortete ich. „Es war mir ein Vergnügen!" Unschlüssig sahen wir uns an. Was jetzt? Sollte ich ihn zum Abschluss umarmen? Würde er mich küssen? Nein, dafür war es definitiv zu früh! Sollte ich einfach reingehen? Schließlich nahm ich meinen Mut zusammen und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Gute Nacht, Aiden" Ich gab ihm sein Jackett zurück und schloss dann die Tür auf. „Gute Nacht, Mary" Ich blickte noch einmal lächelnd über die Schulter und sah, wie er sich mit der Hand durch die Haare fuhr, dann ging ich rein.

In meiner Wohnung befreite ich mich endlich von meinen Schuhen und schmiss mich dann mit einem seligen Lächeln auf die Couch. Der Abend war wirklich sehr schön gewesen! Aiden war einfach super nett, lustig und galant. Ich fühlte mich sehr wohl in seiner Gegenwart und war die meiste Zeit überhaupt nicht nervös. Wir konnten uns richtig gut unterhalten. Außerdem fühlte ich mich zu ihm hingezogen. Dieser Mann sah auch einfach unverschämt gut aus. Ein Kribbeln breitete sich in meinem Körper aus und ich wusste, dass das kein gutes Zeichen war. Ich konnte jetzt keinen Rückzieher mehr machen. Ich kannte diesen Mann erst ein paar Tage und ich fing schon an mich in ihn zu verlieben. Das war gar nicht gut! Trotzdem ging ich mit einem glücklichen Lächeln schlafen.

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