Kapitel 22

498 25 3
                                    

Der Film, den wir geschaut hatten, war zu Ende und der Abspann begann zu laufen. Bis eben hatte ich an Aidens Schulter gelehnt und er hatte seinen Arm um mich gelegt, doch jetzt rappelte ich mich auf und streckte mich. Mein Nacken hatte sich viel zu lange in der schiefen Position befunden. „Hey, nicht abhauen!", beschwerte Aiden sich prompt. Er schmiss sich auf mich und ehe ich wusste, wie mir geschah, lag ich auf dem Rücken und er auf mir. Sobald ich merkte, wie intim die Position war, wurde ich knallrot. Aiden lachte leise. „Mache ich dich etwa immer noch nervös?" Er hauchte ein paar federleichte Küsse auf meine Wange, meine Mundwinkel und meinen Hals. Sofort ging mein Puls in die Höhe und meine Atmung wurde flacher. Was machte dieser Mann nur mit mir? Ich war nicht in der Lage, ihm zu antworten. Er erkannte seinen Sieg und grinste. Meine Atmung normalisierte sich wieder und ich schlug ihn leicht gegen den Arm. „Idiot!" „Hey!", beschwerte er sich sofort, doch ich zog ihn schnell an mich heran und küsste ihn zur Wiedergutmachung. Das ließ er sich natürlich gefallen.

Aiden vertiefte den Kuss und begann mich zu streicheln. Wie immer breitete sich dieses wohlige Kribbeln in mir aus. Ich hatte meine Arme um seinen Hals geschlungen und spielte mit seinen Haaren herum. Seine Hände fuhren unter mein T-Shirt und ich keuchte auf. Diese Chance nutzte er sofort, um seine Zunge ins Spiel zu bringen. Das Kribbeln in meinem Körper wanderte in Richtung Süden und mein Puls beschleunigte sich wieder. Es fühlte sich wirklich gut an, doch das Ganze führte in eine Richtung, in die ich noch nicht bereit war zu gehen. Schweren Herzens löste ich mich von ihm und lächelte entschuldigend. „Zeit schlafen zu gehen." Aiden sah mich prüfend an. „Es tut mir leid, ich wollte dich nicht bedrängen, Mary!" Er bewegte sich von mir herunter und setzte sich wieder hin, um mir Freiraum zu verschaffen. „Schon okay! Es ist nur..." „Du musst dich nicht erklären", erwiderte er und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Mach dir keinen Druck, wir gehen das in deinem Tempo an, wie versprochen." Ich lächelte dankbar. „Soll ich dir das Gästezimmer herrichten?" Sofort schlug meine Stimmung um und ich sah ihn empört an. „Ich bin vielleicht noch nicht bereit für gewisse Dinge, aber Kuscheln zählt definitiv nicht dazu!"

Schnell sprang ich auf, rannte ins Schlafzimmer und schmiss mich auf sein Bett. Aiden kam mir lachend hinterher. „Na dann ist ja gut! Ich hätte nämlich kein Auge zugetan in dem Wissen, dass du nur eine Tür weiter liegst." Er legte sich neben mich und ich kuschelte mich sofort an ihn. „Du wirst schon noch früh genug bereuen, dein Bett mit mir teilen zu müssen", sagte ich grinsend. Ich lag jetzt schon halb auf ihm. „Das glaube ich nicht", erwiderte er und küsste mich erneut.

Bei den Welstones war alles gegenteilig. Einerseits war ihre Villa sehr modern und edel eingerichtet, alles war sauber, ordentlich und hatte seinen Platz, aber andererseits hingen überall bunt durcheinander Familienfotos an den Wänden. Einerseits waren Mr. und Mrs. Welstone ebenso wie Nate und Aiden sehr fein angezogen mit Anzug und Krawatte beziehungsweise Kostüm, aber andererseits verhielten sie sich ganz familiär und locker. Einerseits war der Tisch gedeckt wie in einem Fünf-Sterne-Restaurant und andererseits gab es selbstgekochte Nudeln mit Käsesoße, das frühere Lieblingsessen der Brüder. Irgendwie passte nichts zusammen und trotzdem passte alles perfekt.

Mrs. Welstone hatte Tori und mich begrüßt wie ihre lang verloren geglaubten Töchter und auch Mr. Welstone war sehr nett. Dadurch war meine anfängliche Nervosität schnell verschwunden, auch wenn Mr. Welstone mich zugegebenermaßen ein wenig einschüchterte.

„Also Mary, Sie arbeiten als Innenarchitektin, richtig?", begann er sobald ich meinen Teller von mir geschoben hatte und sofort fühlte ich mich ein wenig wie in einem Vorstellungsgespräch. „Ja genau. Ich habe vor zwei Jahren mein Studium abgeschlossen und bereits ein Jahr später mit zwei Kollegen ein eigenes Architekturbüro aufgemacht. Wir sind noch in der Startphase, aber es läuft ziemlich gut bis jetzt." „Das klingt sehr beeindruckend. Welche Zielgruppe sprechen Sie denn an?" „Ach Mensch Charles, Jetzt lass das arme Mädchen doch in Frieden! Das hier ist immerhin kein Geschäftsessen. Möchtest du noch Nachschlag?" Mrs. Welstone, oder besser gesagt Grace, hatte mir sofort das Du angeboten während Mr. Welstone anscheinend noch nicht bei diesem Punkt angelangt war. „Nein danke, ich bin satt, aber es hat sehr gut geschmeckt!", lehnte ich ihr Angebot dankend ab. Anschließend antwortete ich ihrem Mann trotzdem noch auf seine Frage.
„Mary hat einen ausgesprochen guten Stil", mischte sich Aiden ein, um das Gespräch in eine etwas lockerere Richtung zu wenden. Unter dem Tisch malte er sanft Kreise auf meinen Oberschenkel. „Ich spiele mit dem Gedanken, sie meine Wohnung neu einrichten zu lassen." „Wirklich?", fragte ich überrascht. Lächelnd nickte er. „Ich habe es noch nicht angesprochen, da du gerade mit dem Restaurant deines Dads beschäftigt bist." „Das ist ja eine gute Idee!", lenkte Grace ein. „Du warst eh nie ganz mit der Ausstattung zufrieden." Davon hatte ich bis jetzt nichts gewusst, doch sofort schwirrten mir 1000 Ideen im Kopf herum.

Wir hatten noch ein wenig über die Idee und meinen Job geredet. Danach wollte Mr. Welstone Tori über ihren neuen Job ausfragen, doch Nate schaffte es gezielt, ihn davon abzuhalten.

Inzwischen war der Nachtisch, Vanilleeis mit heißen Kirschen, serviert und Grace hatte das Gesprächsthema in eine interessantere Richtung gelenkt, vor allem da ihr Mann sich kurz für ein Telefonat entschuldigt hatte. „Wie haben du und Aiden euch denn eigentlich kennengelernt?", fragte sie neugierig. „Ich wollte Victoria im Büro abholen", begann ich zu erzählen. „Und dann hat er mich einfach umgerannt, wortwörtlich." Ich grinste und zuckte mit den Schultern. Sofort sah Grace ihren Sohn empört an, doch er hob sofort abwehrend die Hände. „Ich habe mich sofort entschuldigt und sie auf einen Kaffee eingeladen. Der Rest ist Geschichte." „Quasi Liebe auf den ersten Blick", warf Tori ein. „Ihr, Entschuldigung, dein Sohn ist einfach sehr charmant", meinte ich. „Zumindest bei einem Sohn habe ich alles richtig gemacht", erwiderte sie. „Der andere hat ja etwas länger gebraucht, seine Traumfrau von sich zu überzeugen." Sie zwinkerte Nate zu. „Also Mom!", empörte dieser sich sofort. „Ich kann doch als ihr Boss meiner Assistentin keine schönen Augen machen." Tori errötete und das tat sie wirklich, wirklich nie. Das Thema, dass sie eine Affäre mit ihrem Chef gehabt hatte, war ihr etwas unangenehm, vor allem vor dessen Eltern, auch wenn diese die prekären Details natürlich nicht kannten. Sie wussten lediglich, dass die beiden sich verliebt hatten, nicht was vorher noch alles passiert war.

„Das war doch nur ein Scherz, mein Großer. Auch wenn du zugeben musst, dass dein Bruder..." „Mom", stöhnten Aiden und Nate gleichzeitig. Grace lachte. „Ich habe euch beide lieb. So, wer will noch Eis?" Als hätte sie es gespürt, kam eine Sekunde später Mr. Welstone zurück ins Esszimmer.

Love AffairsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt