Prolog

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Mary:

Das erste, das ich bemerkte als ich aufwachte war, dass mich nicht das nervtötende Piepen von Kyles Wecker aus dem Schlaf riss. Es war ein Rumsen und ein leiser Fluch. Hatte ich verschlafen? Aber dann hätte Kyle mich doch geweckt, oder? Hatte ich heute frei? Nein, es war Montag. Verwirrt schlug ich die Augen auf, um zu schauen, wie spät es war. Doch Kyles Nachtisch war leer, der Wecker stand nicht an seinem Platz. Ich drehte mich um und tastete nach meinem Handy. 06:12 informierte mich das viel zu hell eingestellte Display. Ich stöhnte und rieb mir über die Augen. Der Wecker hätte erst um halb geklingelt. Erneut ertönte ein leises Rumsen. Ich quälte mich aus der Decke und ging ins Wohnzimmer, um zu schauen was los war.

"Kyle?" Erschrocken fuhr mein Freund herum und starrte mich an. Er war bereits komplett angezogen. "Was ist los?" Er kratzte sich nervös am Nacken und schön etwas gestresst zu sein. "Hab ich dich geweckt?" Ich nickte und erst jetzt bemerkte ich die Koffer, die im Flur standen. "Hast du heute eine Dienstreise? Das wusste ich ja gar nicht." "Nein, ich..." Er verstummte und atmete tief durch, dann sah er mir fest in die Augen. "Hör zu, Mary, ich kann das nicht mehr. Ich muss hier weg."

Es ratterte und ratterte in meinem Hirn, bis die Nachricht bei mir ankam. "Was?" Meine Stimme klang etwas schriller als gewöhnlich. Ich ging zu ihm, doch er machte einen Schritt zurück. Verwirrt blieb ich stehen und mir war auf einmal ganz kalt. Ich trug von schlafen nur eine kurze Shorts und ein dünnes Baumwolltop. Eine Gänsehaut überkam mich, als ich seinen abweisenden Blick sah. Schützend schlang ich die Arme um meine Brust.

"Was soll das heißen, Kyle? Was ist hier los?" Er straffte seine Schultern, bevor er mir mit kalkulierender Stimme antwortete. "Ich mache Schluss, Mary." Entsetzt starrte ich ihn an. "Aber..." "Ich habe dich wirklich geliebt, du bist eine tolle Frau. Aber ich kann das hier einfach nicht mehr. Dieses Leben, das ist nichts für mich. Das ging mir alles einfach viel zu schnell. Ich habe meinen Job gekündigt und einen Flug gebucht. Ich werde weggehen und irgendwo anders noch mal komplett von vorne anfangen. Alleine." Seine Worte trafen mich so unerwartet, dass mir die Tränen in die Augen stiegen.

Er hatte sich zwar in den letzten Tagen etwas seltsam verhalten, aber es immer auf den Stress bei der Arbeit geschoben. Die Arbeit, die er anscheinend nicht mehr ausübte. Kyle hatte nie angedeutet, dass er nicht glücklich war. Wir hätten ja darüber reden können, aber er hatte nie blicken lassen, dass es ein Problem gab. Ich war fest davon ausgegangen, dass wir eine glückliche Beziehung führten. Ich bin glücklich gewesen. Ich hatte sogar gedacht, dass wir uns bald verloben würden. Offensichtlich nicht.

Dass er nicht für eine Dienstreise gepackt hatte, hätte ich mir denken können. Dafür hätte er nur einen kleinen Handgepäckskoffer genommen, nicht den größten Koffer, den wir hatten, eine prall gefüllte Reisetasche, seinen großen Rucksack und die Laptoptasche. Kurz ließ ich meinen Blick, der bereits durch die Tränen leicht verschwommen war, durch die Wohnung schweifen. Er hatte alles mitgenommen. Kyle meinte es ernst. Er würde mich verlassen.

Die erste Träne lief über meine Wange. Ich wollte, dass er mich in den Arm nahm, mir über den Kopf streichelte und mir beruhigende Worte zuflüsterte, dass er mir einen sanften Kuss auf die Stirn gab, und mich hin und her wiegte. Doch als ich einen Schritt auf ihn zu machte, wich er erneut zurück. Mit jedem Schritt, den er sich von mir entfernte, wurde mit kälter.

"Warum?", flüsterte ich brüchig. "Es tut mir leid, Mary", erwiderte er leise. Dann drehte er sich um und schnappte sich seine Sachen, um die Wohnung, um mich zu verlassen. "Kyle!", rief ich nun verzweifelt aus. Er konnte doch nicht einfach gehen. Ich eilte zu ihm, doch er schleppte nur sein Gepäck in den Hausflur und verschwand dann mit einem letzten, kurzen Blick aus der Wohnung. Das leise Klicken des Schlosses, als er die Tür hinter sich zu zog, klang wie ein Donnerhall, der mein Herz in tausend Stücke zerspringen ließ.

Was war gerade passiert? Weinend brach ich zusammen. Kyle war weg.

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