Kapitel 16

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Harry's P.O.V.

„Worum geht es denn nun?", fragte ich etwas ungeduldig. „Es geht um das Verlies Ihrer Eltern.", sagte er gelassen.

„Was soll damit sein?", fragte ich, „Gibt es irgendwelche Probleme? Habe ich zu viel Geld abgehoben?" Eigentlich konnte das bei der Menge an Geld, die meine Eltern mir vermacht hatten nicht sein.

„Nicht Ihr Verlies, ich rede über das Familienverlies der Potters.", sagte er in einem herablassenden Ton, so, als sei es selbstverständlich.

„Es gibt noch ein weiteres Verlies?", fragte ich verdutzt. Ein Seitenblick zu Ginny verriet mir, dass auch sie nicht damit gerechnet hatte.

„Natürlich gibt es noch ein weiteres Verlies! Die Potters sind eine sehr alte und wohlhabende Zaubererfamilie.", sagte er.

„Der Grund, warum Sie hier sind ist einfach, seit Sie volljährig sind gehört das Verlies offiziell Ihnen.", erklärte er, „Durch den Krieg und die daraus entstehenden Umstände konnten wir das alles nicht früher machen, was Sie sicherlich verstehen werden."

„Wir müssen wissen, ob Sie die Verliese zusammenlegen wollen.", fuhr er fort, „Sie können das Verlies natürlich auch besichtigen."

Ich sah Ginny an: „Weiß meinst du?" „Harry, das ist dein Geld und somit deine Entscheidung!", sagte sie. „Aber ich frage dich. Ich möchte wissen, was du tun würdest.", erklärte ich.

„Guck dir das Verlies doch einfach mal an, ob du sie dann zusammenlegst kannst du danach immer noch entscheiden.", sagte sie mit einem leichten Lächeln.

Ich drehte mich wieder zu dem Kobold, der mich erwartungsvoll ansah. „Dann machen wir es so!", sagte ich, „Wann können wir das Verlies besichtigen?"

„Sobald Sie wollen, wir können jetzt gleich hinunter fahren, oder sie kommen ein anderes mal wieder.", schlug er vor. „Dann würde ich es gerne jetzt gleich besichtigen.", sagte ich.

„Ist das für dich okay?", wandte ich mich an Ginny. „Natürlich!", beeilte sie sich zu sagen.

„Dann folgen Sie mir bitte!", wies uns der Kobold an.

Wir verließen das Büro und kehrten zur Empfangshalle zurück. Von dort aus gingen wir in einen der steinernen, von Fackeln beleuchteten Korridore und stiegen in einen der Karren.

Während der Fahrt sagte niemand etwas. In Gedanken war ich bei meinem ersten Besuch bei Gringotts, bei meinem elften Geburtstag an dem ich zusammen mit Hagrid das erste mal die Winkelgasse betreten hatte.

Ich erinnerte mich daran, wie ungern Hagrid mit den Karren gefahren war und wie übel ihm gewesen war.

Damals hatte er mir wenig hilfreich versucht zu erklären, wie ich Stalagmiten und Stalaktiten unterscheiden konnte. Sein „Stalagmiten haben ein „m" in der Mitte." war für mich nicht sehr hilfreich gewesen.

Ich wusste noch, wie viele Fragen mir an diesem Tag im Kopf herum geschwirrt waren. Damals hatte ich nichts über die Welt der Zauberer gewusst, hatte gerade erst erfahren, dass meine Eltern ermordet worden waren und dass ich ein Zauberer war.

Hätte Hagrid an diesem Tag nicht den Stein der Weisen aus dem Verlies geholt, wäre Voldemort viel früher zurück gekehrt. Ich hätte nicht gewusst, wie ich mich vierteiligen konnte.

Mir einem lauten Quietschen kam der karren zum stehen und ich wurde aus meinen Gedanken gerissen.

Wir mussten ziemlich tief unter der Erde sein. Nicht ganz so tief, wie das Verlies der Lestranges lag, aber dennoch etliche Meilen unter London.

Wir kletterten hinter dem Kobold aus dem Karren und er reichte uns jedem ein Paar der Klirrer, die wir bereits vor ein paar Monaten verwendet hatten. Also waren wir tief genug, dass es hier schon Drachen gab.

Mit den Klirrern klappernd folgten wir dem Kobold um eine Ecke. Vor uns ragte ein riesiger Drache auf. Seine roten Schuppen waren verblichen und die Augen milchig, was mich vermuten lies, dass er schon genauso lange, wie der Drache, den wir befreit hatten, hier war. Auch er schien Blind zu sein.

Hinter mir hörte ich, wie Ginny keuchend die Luft einzog, auch sie schien nicht geglaubt zu haben, dass die Gerüchte über die Drachen bei Gringotts wahr waren.

Ich beeilte mich uns so schnell, wie möglich außer Reichweite des Drachens zu bringen. Es mochte sein, dass er Angst vor dem Klirren hatte, aber es bestand dennoch die Gefahr, dass er anfing Feuer zu speien und dem Risiko wollte ich mich und vor allem Ginny so kurz wie möglich aussetzen.

Der Kobold führte uns ein kurzes Stück, vorbei an einigen Verliesen, bis er schließlich vor einer der eisernen Türen ohne Schlüsselloch stehen blieb.

Er legte seine Hand flach auf die Tür und wie schon vor ein paar Monaten hörte ich das mechanische Klicken der Schlösser.

Als die Tür langsam auf schwang war Ginny nicht die einzige, der die Kinnlade runter klappte. Das Geld, dass in meinem Verlies irgendwo ein paar Meilen über uns lagerte, war mir immer wahnsinnig viel vorgekommen, aber es war nur ein Bruchteil von dem, was in diesem Verlies lagerte.

Große Haufen an Galleonen, Sickeln und Knuts lagen überall verteilt. Doch was mich viel mehr interessierte waren all die Gegenstände, die dazwischen verteilt waren. Gegenstände, die einmal meiner Familie gehört hatten, der Familie, die ich nie kennen gelernt hatte.

Ich erkannte einen Besen, vielleicht der erste, den mein Vater besessen hatte?, Bücher, Schmuck und Bücher. In einer Ecke weiter hinten entdeckte ich etwas, das mir Tränen über die Wangen laufen lies. Das Brautkleid meiner Mutter war einer Puppe, wie es sie in Muggelgeschäften gab, angezogen.

Es war wunderschön und ich erinnerte mich, dass sie es auf einem der Fotos in dem Fotobuch, das Hagrid mir geschenkt hatte, getragen hatte. Ich spürte, wie Ginny einen Arm um meine Hüfte und ihren Kopf auf meine Brust legte.

Nach einer Weile wandte ich mich an den Kobold. „Können...", sagte ich und räusperte mich kurz, „Können wir uns alles ansehen?"

„Natürlich. Entweder, ich bleibe mit hier, oder Sie bleiben alleine hier, allerdings müsste ich sie dann einschließen.", antwortete er. „Dann schließen Sie uns ein.", sagte ich. „Oder?", fragte ich an Ginny gewandt. Sie nickte bloß.

The Potters - Spuren der Vergangenheit✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt