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Meine Tränen rannen ohne Unterlass meine Wangen hinab. "Was machst du hier? Wie hast du mich gefunden?"
"War nicht schwer."
Ein leichtes Lächeln umspielte meine Lippen. "Ich habe dich vermisst, Schwesterherz", grinste George und kam einige Schritte auf mich zu. Mein Blick wanderte an ihm auf und ab. "Seit wann bist du so groß? Und so muskulös?" Ich wartete kurz. "Seit wann bist du so hübsch?", lachte ich.
"Ach... wir haben uns lange nicht gesehen."
Ich nickte. "George, ich hab dich auch vermisst."
George sah mich lange an. "Ich glaube, du hast gemerkt, dass wir umgezogen sind?"
Nickend sah ich ihn an. "Weißt du noch das eine Apartment? In das wir vor so vielen Jahren umziehen wollten? Dort leben wir nun."
Lange dachte ich darüber nach. Das hatte ich schon vergessen.
"Komm, gehen wir Nachhause."
"Nein. Ich will Mom und Dad nicht sehen. Die drehen durch."
"Sie glauben, dass du entführt worden bist. Ich habe einen Brief an sie geschrieben, in dem du sagst, dass du einfach weg musstest. Nach einiger Zeit haben sie es aufgegeben dich zu suchen. Vielleicht wäre es nicht schlecht sich bei ihnen zu melden."
Heftig schüttelte ich den Kopf. "Nicht jetzt. Ich muss zuerst mal schlafen. Und mit dir über so vieles reden."
"Natürlich. Komm."
Bevor wir gingen umarmten wir uns. Lächelnd gingen wir vom Dach.

Es dauerte keine 10 Minuten und wir kamen an einem Hochhaus an. "Ich würde sagen, dass du an der Feuerleiter hinaufkletterst. Das bist du doch schon gewohnt", lachte George. "Okay. Und in welchen Stock?"
"Nur der vierte. Das schaffst du. Ich habe das Zimmer mit dem kleineren Balkon, also geh dort hinauf. Und bitte lass dich nicht von unseren Eltern erwischen. Die könntest auf ihrem Balkon sitzen."
Ich nickte und wir machten uns auf unsere unterschiedlichen Wege. Er ging durch die Haustür und ich fing an, die Leiter hochzuklettern. Allerdings mundete diese in Treppen, sodass es für mich um einiges einfacher wurde. Nach ein paar Minuten, kam ich im vierten Stock an und wartete dort auf dem Balkon. Bald darauf kam George und öffnete mir. "Mi casa es su casa", grinste er und ich ging hinein. Bewundernd sah ich sein riesiges Zimmer an. "Wirklich ein Upgrade zu der letzten Wohnung."
Sein Doppelbett war mit dunkelblauer Bettwäsche überzogen und darüber hing ein breites Gemälde. "Wer hat das gemalt?", fragte ich verwundert. "Oh, das war mein Freund."
Meine Augen wurden groß. "Du hast einen Freund?"
Er nickte, holte sein Handy heraus und zeigte mir ein Bild. "Sein Name ist Jonas."
"Er scheint echt nett", sagte ich und betrachtete die beiden jungen Männer. "Du stehst also auf Asiaten?"
George verdrehte lachend die Augen. Er steckte das Handy wieder weg.
Er setzte sich aufs Bett und deutete mir mich auf das schwarze Sofa zu setzen. "Jetzt bin ich mal gespannt auf deine Geschichten."
"Du weißt wahrscheinlich schon vieles durch deine Superkraft."
Schulterzuckend antwortete er: "Na und? Ich glaube es täte dir gut, alles zu erzählen."
Und so tat ich es.

Er behielt Recht. Es war befreiend sich so ausreden zu können. "Das mit Peter tut mir Leid. Heute war wirklich nicht dein Tag. Möchtest du etwas trinken?"
"Ja, bitte ein Glas Wasser. Und wenn es dir nichts ausmacht würde ich gerne schlafen gehen. Außer du willst mir heute noch alles von den letzten Jahren erzählen?"
"Nein, kein Problem. Morgen schwänz ich Schule und wir gehen wohin. Dann erzähl ich dir ein paar Sachen."
Er ging aus dem Zimmer und kam dann mit einem Glas Wasser zurück. In einem Zug trank ich es aus. "Also du schläfst auf dem Bett und ich nimm das Sofa." Er ging zu seinem Schrank und kramte ein übergroßes Shirt heraus. "Das ist für dich zum Schlafen."
Dann fing er an das Sofa zu einem Bett umzuformen und Decken hinzulegen. "Ich kann auch auf dem Sofa schla..."
"Keine Widerrede, Laura."
Als er ins Bad verschwand zog ich mir das Shirt an. Dann fiel mein Blick auf das Bücherregal. Mein Bruder liest nun gerne? Er hat einen Freund? George ist erwachsen geworden?
Ich habe alles verpasst...

George schlief schon tief und fest. Ein leichtes Schnarchen erfüllte den Raum. Aber das war nicht der Grund für meine Schlaflosigkeit.
~Du hast die Leben deiner engsten Lieben verpasst~
Lucy hatte Recht und ich hasste es. Nur weil ich etwas Komisches im Kopf hatte, musste ich weg von hier. Habe alles verloren und verpasst. Leise setzte ich mich auf und ging zum Balkon. So leise wie die Tür es zuließ, öffnete ich sie und ging hinaus. Meine Erinnerungen an die vielen Male kamen zurück, als Spiderman an meine Tür geklopft hatte. Und nun war er mit MJ zusammen. Ich hatte beide verloren, aber irgendwie gönnte ich es ihnen. Aber die Eifersucht war trotzdem in meinem Herzen.
Mein Blick fiel zum Himmel an denen man die Sterne leider nicht sehen konnte. Das vermisste ich jetzt schon an meinem Zuhause.
Mein Zuhause... bei Stephen. Ob er wusste wo ich war? Oder ahnte er es?
Ich hoffte einfach, dass er nicht zu wütend auf mich war. Aber das war wohl eher nicht der Fall.

Mein Blick fiel auf das Gebäude gegenüber. Dort erkannte ich einen Schatten.

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