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"Folge mir", sagte Stephen und wir standen beide auf. Ich ging ihm bis in mein Zimmer hinterher. "Was machen wir hier?"
"Leg sich aufs Bett." Verwirrt, aber gehorchend, legte ich mich hin. "Schließe die Augen."
Auch das tat ich. Plötzlich fühlte ich seine kalten Hände auf meinem Kopf.
Alles wurde schwarz.

Blinzelnd öffnete ich die Augen. Es war dunkel und im ersten Moment wusste ich nicht, wo ich mich befand. Als ich dann aber den Mann sah, der seinen kleinen Sohn umzubringen versuchte, war mir klar wo ich war.
Die Gasse vor meinem Wohnblock. Die Nacht, in der ich mordete. Aber dieses Mal, war ich nur Zuschauer. Ich beobachtete, wie eine Gestalte an der Feuerleiter hinunterschlich und zur Gasse kam. Ich sah zu, wie das alte Ich den Mann angriff. Er trat zurück und der Kopf schlug gegen die Hausmauer. Erst lag das andere Ich still da, die anderen Beiden sahen mich an. Plötzlich öffnete das Mädchen ihre Augen. Voller Schreck stellte ich das helle Leuchten in ihnen fest. Der verängstigte Mann wurde geblendet. Schwer atmend sah ich zu, wie das leuchtende Mädchen aufstand, mühelos. Dabei war es für mich so anstrengend gewesen. Das andere Ich streckte die Hand aus und wie durch eine Welle, wurde der Mann gegen die Wand geschleudert. Neben mir breitete sich das Blut aus.
Das Leuchten hörte auf und das andere Ich redete mit dem Jungen.

Tief Luft holend, als wäre ich stundenlang unter Wasser gewesen, wachte ich auf. Strange stand neben mir, die Hände waren nicht mehr auf meinen Kopf. Mein Kopf schmerzte, aber ich ignorierte es.
"Was war das?" Lange sah ich meine Hände an. "Was bin ich?"
Stephen setzte sich neben mich. "Als der Mann dich gegen die Hausmauer geschleudert hat, ist der Chip, in dem Lucy sich auch befindet, gebrochen. Seine Strahlen haben sich in deinem Gehirn ausgebreitet. Dadurch hast du eine Kraft erhalten, die sehr selten ist. Telekinese, nennt man das in deiner Sprache. Früher nannte man es Magie und Hexenkraft."
Ich versuchte es zu verstehen, aber es wollte einfach nicht in meinen Kopf. Ich bin also eine Hexe?

"Und warum muss ich so viel trainieren? Wäre es nicht besser, wenn ich lernen sollte, wie man damit umgeht?" Dann fielen mir die vielen Bücher ein, die ich lesen musste. Dabei ging es hauptsächlich um solche Kräfte. Warum war ich nicht früher drauf gekommen?
"Verstehst du jetzt auch, warum du noch nicht nach New York kannst? Es ist einfach noch zu gefährlich."
Ich nickte. Nach einer langen Pause, stand ich auf. "Ich gehe in die Bibliothek und lerne weiter. Danke, dass du es mir endlich gesagt hast. Jetzt weiß ich, worauf ich mich vorbereiten muss."
Mit hängenden Kopf schlurfte ich zurück.

Keine Ahnung wie lange ich schon hier saß und die Bücher verschlang. Mein Hintern schmerzte vom vielen Sitzen. Streckend stand ich auf. Ich ließ meinen Kopf kreisen und hörte das Knacken. Mein Blick fiel auf die Fenster, draußen war es schon dunkel. Ich packte die zwei Bücher, die ich heute schon gelesen hatte, in die Regale und legte die restlichen auf die Seite. Morgen würde ich weitermachen. Schlurfend ging ich ins Esszimmer. Dort stand ein Teller mit Lasagne, nur für mich. Stephen hatte wohl schon gegessen. Niemand war zu sehen. Seufzend setzte ich mich wieder und fing an in der Lasagne rumzustochern. Meine Gedanken kreisten um die Information von heute. Was für eine Scheiße...

"Hey, Laura."
Ich sah vom halbvollen Teller auf. Mantis kam herein und setzte sich neben mich. Sie war allein.
"Mahlzeit." Ich bedankte mich und aß weiter. "Alles ok?"
"Nein." Sie berührte mich am Arm und ihr Blick wurde traurig und verwirrt. "Möchtest du darüber reden?"
"Eigentlich möchte ich einfach nur weg von hier. Erst heute habe ich erfahren, was eigentlich mit mir los ist. Nach zwei Jahren! Aber ich kann froh sein, dass ich es überhaupt erfahren habe. Ich weiß, dass Stephen mich beschützen möchte, aber es geht nicht mehr. Ich muss hier weg."
Mantis nickte. Dann fiel mir etwas ein.
"Ihr seid doch mit dem Raumschiff hier, oder?"
"Ja, aber wieso?"
Ich betrachtete sie von oben bis unten. "Wann fahrt ihr wieder?"
"Ich glaube übermorgen... warum?"
"Achso. Nur so. Hat mich einfach interessiert."
Sie lächelte. "Ich verstehe."
Schnell verschlang ich die Lasagne und stand auf. Mit großen Augen sah mich Mantis an. "Danke, dass du mir zugehört hast. Wir sehen uns morgen. Gute Nacht."
Sie verabschiedete sich ebenfalls.

Mit hastigen Schritten verschwand ich in meinem Zimmer. Im Schrank suchte ich nach meiner Tasche, die ich damals auch mithatte. Als ich sie fand, grinste ich breit. Es würde nicht mehr lange dauern, dann würde ich meinen Bruder wiedersehen. Und Peter.

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