Kapitel 1

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Die Ferien waren lang. Ich habe viel Zeit bei Flavia und ihrer Familie verbracht, welche mich alle sehr herzlich aufgenommen haben. Es war schön sich mal entspannen zu können. Einfach nicht über seine Kräfte und Fähigkeiten nachdenken und daran üben zu müssen.

Doch nun müssen wir wieder zurück an unsere Schule und das letzte Schuljahr bestehen. „Es ist schade das Levin nun nicht mehr da ist. Meinst du Adam ist schon angekommen?", höre ich Flavia neben mir sagen, während wir unsere Koffer zu dem Vorplatz der Schule tragen. Das bringt mich direkt zum Lachen. „Du hast in den letzten Wochen mehr Zeit mit Adam verbracht als mit mir! Wie kannst du ihn jetzt schon vermissen?"

Als ich zur Seite sehe kann ich erkennen, dass ihr Gesicht einen leicht rötlichen Schimmer annimmt. Noch nicht so rot wie ihre Haare, die ihr Element Feuer ihr gegeben hat, doch beinahe. Empört streckt sie mir die Zunge heraus, sagt aber nichts dazu. Wir wissen beide, dass ich recht habe.

„Was macht Levin jetzt eigentlich?", fragt Flavia, wahrscheinlich um mich abzulenken. Doch ich tue ihr den Gefallen und gehe darauf ein, ohne sie weiter zu ärgern. „Der studiert nicht weit von hier irgendwas Biochemisches. Er will später mal Heilsalben und dergleichen herstellen und in einer Apotheke oder einem Krankenhaus arbeiten. Nebenbei hilft er auch bei diversen Apotheken aus, um etwas praktischen Wissen zu erlangen." Es ist beeindruckend, wie zielstrebig Levin seine Ziele verfolgt. Ich dagegen weiß noch gar nicht, was ich einmal mit meinen Kräften anfangen will. Und wofür ich überhaupt zu gebrauchen bin.

„Hast du schon einen Plan, was du nach diesem Schuljahr anfangen willst mit deinem Leben?", frage ich meine beste Freundin, welche sich meistens schon eher Gedanken um ihre Zukunft macht. Da ist sie irgendwie viel vorausschauender als ich. Und wie erwartet hat Flavia direkt eine Antwort parat. „Ich will versuchen einen Platz bei der Polizei zu bekommen. Adam meinte die suchen fähige Feuerelementare. Da wollen wir uns bewerben."

Es überrascht mich, dass die beiden schon den konkreten Plan für eine gemeinsame Zukunft haben. Die Beziehung der Zwei muss sich in den letzten Wochen doch weiter entwickelt haben als ich dachte. Seufzend bleibe ich auf dem Platz vor der Schule stehen und sehe mich um. Isabell und David wollten sich hier mit uns treffen. Und Adam müsste auch gleich da sein. Er wollte zumindest gleich nach uns losfahren. Und da er und seine Familie nur etwa eine halbe Stunde mit dem Fahrrad entfernt von Flavia wohnen, sollte er ebenfalls gleich da sein.

Bevor ich mich jedoch weiter umsehen kann sehe ich eine große Wasserkugel auf mich und Flavia zukommen. Ohne Probleme fange ich diese jedoch auf und muss sie dazu noch nicht einmal einfrieren. Es ist schön so langsam mal einen Teil meiner Fähigkeiten unter Kontrolle zu haben. „Netter Versuch ihr zwei, aber das hat noch nie funktioniert.", lache ich und begrüße David und Isabell, welche sich uns mit einem schmollenden Gesichtsausdruck nähern. Das Wasser lasse ich einfach auf die Wiese fallen.

„Es hätte ja klappen können.", meint David gespielt traurig, was mich zum Lachen bringt. Seine Haare besitzen noch immer ein unglaublich dunkles Blau, welches sich in den Ferien auch nicht verändert hat. Und auch Isabells blaue Augen sind noch immer so intensiv wie bei unserem letzten Treffen, was mich irgendwie beruhigt. Die Zwei haben sich augenscheinlich nicht verändert. Und ihr gemeinsames Element Wasser haben sie nun wohl noch besser in den Griff bekommen.

Es muss schön sein sich beim üben nur auf eines der Elemente konzentrieren zu müssen. Das Glück hatte ich ja bei meinem Eis nicht, welches mit Luft und Wasser einhergeht. Doch da ich inzwischen Eis und Wasser ziemlich gut beherrsche sollte es dieses Schuljahr auch nicht an dem Element Luft scheitern. Das ein oder andere Mal konnte ich sie ja auch schon einsetzten. Wenn auch eher unkontrolliert.

„Lasst uns unsere Sachen wegbringen. Dann können wir uns in Ruhe unterhalten.", gebe ich an Flavia zurück und sehe unsere Freunde an. „In einer halben Stunde bei uns am Tisch?" Ich will schon losgehen, da hält mich Flavia noch einmal auf. „Ach Kayla, ich muss dir da noch etwas sagen." Fragend sehe ich über meine Schulter und mustere meine rothaarige Freundin, welche ein unfassbar schlechtes Gewissen zu haben scheint. Das kann ich ihr deutlich ansehen. Dafür kennen wir uns schon viel zu lange.

Kurz atmet sie noch einmal durch, dann schafft sie es endlich mit der Sprache rauszurücken. „Ich habe das Wohnheim gewechselt." Irritiert ziehe ich beide Augenbrauen nach oben. „Ich weiß, dass ihr hier zusammen wohnen werdet." Dachte Flavia wirklich, dass ich nicht mitbekommen habe wie sie und Adam ihrem Zusammenzug geplant haben? Ich habe die letzten Wochen bei ihr gewohnt, da fällt einem so etwas durchaus auf. Und ich bin ihr deswegen auch kein bisschen böse. Wir sind schließlich Freundinnen und da akzeptiere ich es auch, wenn sie einen neuen Lebensabschnitt mit einem Partner beginnt. Solange sie mich nicht einfach ausschließt ist das für mich vollkommen in Ordnung. Doch das würde sie niemals machen. So ist Flavia einfach nicht.

Mit großen Augen und offenem Mund sieht Flavia mich an, was ich jedoch nur mit einem breiten Grinsen erwidern kann. „Als könntest du etwas vor mir verbergen.", lache ich und wende mich ab. „Bis gleich bei uns am Tisch!" Im Hintergrund höre ich David und Isabell irritiert nachfragen, was sie verpasst haben, doch ich gehe einfach weiter. Das soll Flavia den beiden doch lieber mal persönlich erklären. Ich habe nämlich keine Ahnung wie genau die Zwei schon über Adam und sie Bescheid wissen.

Mit einem kleinen Lächeln sehe ich mich um. Die Akademie der Elemente. Es ist beinahe als würde ich nach Hause kommen. Die drei Wohnhäuser, welche aufgeteilt sind in männlich, weiblich und Pärchen. Und dann das große Akademiegebäude, in welchem sich die Unterrichtsräume und die Mensa befinden. Wobei ich eher selten Zeit in den Klassenzimmern verbracht habe. Durch meine anfänglichen Probleme mit meinen Kräften habe ich Innenräume eher gemieden. Ich hätte ja sowieso nur alles eingefroren.

Allgemein sind meine Elemente Wasser, Eis und Luft eher nicht für drinnen geeignet, würde ich meinen. Wobei ich, wenn ich genau drüber nachdenke, auch mit Feuer, Erde, Pflanzen und Elektrizität nicht unbedingt im Gebäude rumexperimentieren wöllte. Wahrscheinlich ist es für alle besser einfach nach draußen zu gehen. Zumindest für den Anfang, bis man die grundlegenden Dinge beherrscht.

Auf dem Weg zu meinem Zimmer treffe ich einige meiner Mitschüler, welche mir begrüßend zunicken oder einfach nur Lächeln. Es ist schön, dass nur noch wenige von ihnen richtig Angst vor mir haben. Nach den Schulwettkämpfen, die Jace und ich gemeinsam gewonnen haben, hat sich das merklich gebessert. Außerdem hilft es auch enorm, wenn man seine Elemente unter Kontrolle hat und nicht mehr permanent alles und jeden einfriert.

In meinem alten Zimmer angekommen werfe ich meinen Koffer einfach in die nächste Ecke. Auspacken kann ich auch später noch. Dann laufe ich noch kurz ins Bad, um mich im Spiegel zu betrachten. Ich habe mich über die Ferien kaum verändert. Meine Augen sind immer noch grau, was von meinem Element Luft herrührt. Meine Haare sind in den oberen zwei Dritteln hellweiß, was auf mein Eis zurückzuführen ist. Und der restliche Teil ist dunkelblau wie das Wasser eines Sees. Ich habe mich inzwischen gut damit arrangiert. Und es hilft zu sehen, dass sich die Elemente auch im Aussehen aller anderen bemerkbar machen.

Nachdem ich mehrmals tief durchgeatmet habe verlasse ich schließlich wieder mein Zimmer und schließe ab. Nur, um direkt vor dem Wohnhaus mit einem anderen Mädchen zusammenzustoßen. „Entschuldige.", murmele ich leise und helfe ihr wieder auf die Beine. Komme aber ins Stocken, als mir ihr Aussehen auffällt. Sie sieht jung aus. Zu jung eigentlich, um hier schon an die Schule zu gehen. Doch dann sehe ich sie mir genauer an. Ihre Augen sind rot, die Haare dunkelblau und mit einigen hellgrauen Strähnen versetzt. Das kann überhaupt nicht sein!

Über meine Reaktion keineswegs verwirrt streckt sie mir die Hand entgegen. „Du musst Kayla Winter sein. Das achte Element. Es freut mich sehr dich kennenzulernen. Ich bin Johanna Perks und gemeinsam mit meinem Zwillingsbruder Jonas verfüge ich über das neunte Element." Nun bin ich endgültig sprachlos. Automatisch ergreife ich ihre Hand, doch ansonsten bin ich zu keinerlei Reaktion fähig. Das neunte Element?

Akademie der Elemente - Die Macht der ElememteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt