Kapitel 16

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Und er offenbar weiß Jace auch nicht so recht wohin er mich leiten will. Denn nach einigen Metern bleiben wir schließlich stehen und Jace mustert mich mit seinen grauen Augen einfach nur, ohne ein Wort über die Lippen zu bringen. So sehen wir uns einige Augenblicke einfach nur an, ehe sich Jace zu mir runter beugt und mich einfach küsst. Wie sehr ich dieses Gefühl vermisst habe, merke ich erst in diesem Moment und kann einfach nicht anders, als diesen Kuss zu erwidern. Darin steckt einfach all die Sehnsucht, welche ich in den letzten Wochen verspürt habe.

Bis sich Jace wieder von mir löst. Automatisch trete ich einen Schritt zurück und bringe wieder Abstand zwischen uns. All unsere bisherigen Zusammentreffen dieser Art waren kurze Einblicke in das, was wir miteinander haben könnten. Doch mehr ist daraus nicht entstanden. Mehr haben wir beide nicht zugelassen. Und auch dieses Mal rechne ich wieder damit, dass Jace im nächsten Moment wieder verschwindet oder ablenkt. Wie die Male davor auch schon. Doch heute scheine ich mich zu irren. Denn sofort hat er mich wieder an sich heran gezogen und seine Arme um meine Taille geschlungen. Automatisch lege ich meine Hände auf seine Brust und schaue in diese wunderbar grauen Augen.

„Ich bin nicht gut im Reden.", beginnt er und räuspert sich, was mich vollkommen irritiert. Ist Jace gerade tatsächlich unsicher und verlegen? Das habe ich ja noch nie erlebt! Ich will gerade etwas erwidern, da spricht er jedoch schon weiter. „Wir haben seit Wochen einen schwierigen Umgang und das ist wohl meine Schuld. Ich habe mich nie klar ausgedrückt." Irritiert lege ich den Kopf etwas schief und versuche aus seinen Worten schlauer zu werden. Doch irgendwie ergibt es für mich noch keinen Sinn. Daher höre ich einfach weiterhin zu.

„Letztes Schuljahr habe ich darum gebeten, dass wir schauen, was aus uns werden kann. Und du hast dich gefügt. Nun kam Rosie und wir hatten dieses Missverständnis, weshalb du mir aus dem Weg gegangen bist. Was ich inzwischen sehr gut verstehe. Frag nicht, wie sehr ich Alex manchmal dafür gehasst habe, dass du so viel Zeit mit ihm verbringst." Mit offenem Mund schaue ich Jace einfach nur an und kann nicht glauben, dass er so viel auf einmal redet. Und besonders, was er da gerade anspricht. Wir haben noch nie über das gesprochen, was zwischen uns ist. Nicht, dass ich das wirklich einordnen könnte. Es ist einfach eine unglaubliche Anziehungskraft. Auch, wenn Jace mich regelmäßig zur Weißglut treibt.

„Daher will ich mich nun deutlicher ausdrücken. Ich will nicht nur herausfinden, was das denn zwischen uns ist. Ich will, dass wir es wirklich miteinander versuchen. Das die anderen wissen, dass sie sich von dir fernzuhalten haben und du mir gehörst. Das du weißt, dass ich auf dich aufpasse und du dich immer auf mich verlassen kannst, egal wie leichtsinnig ich deine Aktionen auch manchmal finden mag." Den letzten Satz sagt er mit einem leichten Schmunzeln im Gesicht, was mich wiederum zum Lächeln bringt. Ob er damit den finalen Schulwettkampf meint? Oder mein Disput mit Johanna und Jonas? Als Rosie die Kontrolle über ihre Kräfte verloren hat und ich durch den Sandsturm zu ihr geeilt bin?

Doch bevor ich das hinterfragen kann, werde ich noch näher an Jace herangezogen und gezwungen seinen Blick zu erwidern. Ich habe gar nicht bemerkt, dass ich bei seinen Worten zur Seite gesehen habe. „Also, was sagst du, Eisprinzessin? Wollen wir es miteinander versuchen? So richtig als Paar?" Das ist die alles entscheidende Frage. Will ich das? Will ich wieder im Mittelpunkt des Schultratsches stehen und von allen Seiten beobachtet werden? Was werden unsere Freunde dazu sagen? Und was ist, wenn es zwischen uns nicht funktioniert? Was machen wir denn dann? Zu diesem jetzigen Punkt können wir nie wieder zurückkehren. Allerdings ist es egal, welche Antwort ich nun gebe. Es wird nie wieder so sein, wie es mal gewesen ist.

Meine Zweifel lösen sich in Luft auf, als ich Jace zu einem erneuten Kuss zu mir nach unten ziehe und eine leise Zustimmung von mir gebe. Mehr als schiefgehen kann es nicht. Meine erste Beziehung mit Benjamin ist auch nicht sonderlich gut verlaufen. Das Jace ein besserer Mensch als Benjamin ist, hat er mir ja aber auch schon mehr als ein Mal bewiesen. Daher verbanne ich alle meine Zweifel und Unsicherheiten einfach und beschließe das Beste daraus zu machen. Wenn es nicht funktioniert, dann haben wir es wenigstens versucht.

Allerdings wird es merkwürdig sein unseren Mitschülern offen zu zeigen, was wir füreinander empfinden. Sie werden uns sicherlich viele Fragen stellen und über uns reden. Wieder einmal mache ich mir viel zu viele Gedanken darüber, was die anderen von mir halten werden. Doch Jace scheint da schon einen Plan zu haben. Plötzlich zieht er mich am Handgelenk in Richtung der Mensa. Das es schon Abendessenzeit ist habe ich noch gar nicht bemerkt.

Verwirrt, was Jace nun vor hat versuche ich einfach mit ihm Schritt zu halten und nicht zu stolpern. In der Mensa angekommen halten wir kurz in der Tür an. Jace sieht sich kurz um, dann wirft er mir ein Lächeln zu, welches so selten ist, dass mir etwas mulmig wird. Doch bevor ich fragen kann was er vor hat, hat er sich auch schon wieder in Bewegung gesetzt. Und zieht mich einfach mit sich mit.

Zielstrebig läuft er auf den Tisch der Beliebten zu, welcher seinem Namen schon länger keine Ehre mehr macht. Aber zum Glück sind Johanna und Jonas noch nicht da. Sie haben sich schließlich diesen Tisch in Besitz genommen. Der einzige Tisch in der gesamten Mensa, welcher auf einer Erhöhung steht. Ursprünglich haben dort die Schüler gesessen, welche über drei Elemente verfügt haben. Doch mit dieser Tradition haben wir letztes Jahr gebrochen. Es ist einfach vollkommen unnötig, weil wir nichts Besseres sind als die anderen. Daher brauchen wir auch keinen solchen Platz zum Essen. Und das werden die Zwillinge hoffentlich auch noch lernen.

Doch erstmal habe ich andere Sorgen. Jace zieht mich nämlich direkt hinter sich her und auf den Tisch hinauf. Womit wir direkt die komplette Aufmerksamkeit aller anwesenden Schüler auf uns ziehen. In dem Moment ahne ich, was Jace vor hat. Doch ich habe keine Chance etwas dagegen zu unternehmen.

Denn ohne mir eine Wahl zu lassen zieht er mich an sich heran, legt einen Arm um meine Taille und die andere in meinen Nacken. Und dann küsst er mich einfach vor allen Schülern. Am liebsten würde ich ihm eine Klatschen, doch ich tue es nicht. Dafür ist das Gefühl Jace zu küssen einfach viel zu schön. Es fühlt sich beinahe an wie fliegen. Doch viel zu schnell ist es auch schon wieder vorbei. Und wir müssen uns den neugierigen Schülern stellen. Mit einem schelmischen Lächeln im Gesicht zwinkert Jace mir zu und zieht mich dann wieder vom Tisch und aus der Mensa heraus.

"Du bist ein dämlicher Idiot.", gebe ich etwas eingeschnappt von mir, weil er mich nicht vorgewarnt hat. Doch Jace kann darüber nur schmunzeln und zieht mich weiter nach draußen, weg von allen Gesprächen, die nun sicherlich stattfinden. Vielleicht ist diese Variante doch nicht so schlecht. Alle wissen direkt Bescheid und können sich darüber unterhalten. So haben wir es schneller hinter uns. Trotzdem hätte Jace mich vorwarnen können. Dafür werde ich mich auf jeden Fall noch rächen. Darauf kann er sich verlassen.

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