Kapitel 20

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Nachdenklich haben wir schließlich das Büro des Direktors verlassen. Flavia, welche auf dem Flur auf uns gewartet hat, bringt Adam erstmal zum Schweigen. Ich weiß nicht, wie er das mit einem einzigen Kopfschütteln und einem warnenden Blick schafft, aber ich würde es gerne lernen. Diesen Trick muss er mir unbedingt verraten!

Schweigend gehen wir unserer Wege. Adam zieht Flavia in Richtung ihres Zimmers, während Rosie, Jace und ich etwas ratlos auf dem Flur zurückbleiben. Das waren nun Informationen, mit denen ich im Leben nicht gerechnet habe. Wer greift denn bitte Schulen an und kommt damit auch noch davon? Wie stark müssen die Angreifer sein, um Schüler und Lehrer ohne Probleme zu überrumpeln und einige von ihnen zu entführen?

„Meint ihr sie suchen uns?", flüstert Rosie schließlich leise und sieht uns ängstlich an. Erneut sammeln sich Tränen in ihren Augen und sie ringt nervös mit den Händen. Jace und ich werfen uns einen überrumpelten Blick zu. Was sollen wir ihr denn jetzt antworten? Sie ist eigentlich alt genug, um sich ihren Teil selbst zu denken. Schließlich ist Rosie nur ein Jahr jünger als wir. Aber vielleicht haben uns die Schulwettkämpfe einfach verändert. Ich selbst mache mir zwar auch Sorgen, doch wir haben inzwischen so viel erlebt und überlebt, dass wir auch das noch schaffen.

Doch Rosie hat diese Erfahrungen nicht und ehrlich gesagt drücke ich ihr die Daumen, dass sie so etwas auch nicht erleben muss. Ihre Auseinandersetzung mit Johann und Johanna war sicherlich nicht sonderlich angenehm, doch bei weitem noch nicht so schlimm wie die Schulwettkämpfe.

„Wir wissen nicht, ob sie einen von uns suchen oder es auf jemand ganz anderen abgesehen haben. Aber egal um wen es geht, wir sollten vorbereitet sein. Denn, wenn sie kommen, werden wir uns wehren.", meint Jace hart und kalt, was mich irritiert zu ihm sehen lässt. Ich bin ja nun auch nicht diejenige, welche gut Trösten kann, doch Jace schießt vollkommen am Ziel vorbei. Was soll das denn? Wieso ist er so hart zu ihr? „Rosie, macht dir nicht unnötig Gedanken. Wir haben bereits einige Kämpfe bestritten. Wir werden dich beschützen.", füge ich daher hinzu und schenke ihr ein aufmunterndes Lächeln, welches hoffentlich überzeugend wirkt.

Zögerlich schafft es nun auch Rosie ein kleines Lächeln zustande zu bringen, auch, wenn in ihren Augen immer noch Tränen glitzern. Manchmal frage ich mich, wie man in dieser Umgebung so sensibel und ängstlich bleiben kann. Doch andererseits ist es schön zu sehen, dass sie ihr weiches Herz behält. „Wir sollten Levin anrufen, damit ihr weiter übt. Je schneller du deine Fähigkeiten erlernst, desto besser kannst du auf dich selbst aufpassen. Dann müssen wir nicht auch noch dein Kindermädchen spielen.", gibt Jace von sich und legt wieder einen Arm um meine Schulter. Nur ganz knapp kann ich ein zusammenzucken verhindern. Ich verstehe die Welt nicht mehr. Was ist denn in Jace gefahren? „Und auch wir sollten dringend weiterüben. Diese Gegner könnten in der Überzahl sein und unterschiedliche Elemente besitzen. Wir sollten Strategien für eine verlässliche Verteidigung ausarbeiten."

Ich kann nicht glauben, dass diese kalten und gnadenlosen Worte von meinem Freund stammen. Jace klingt beinahe wie ein anderer Mensch! Nach einigem Blinzeln und nachdem ich seine Worte endlich verarbeitet habe, schaffe ich es schließlich zu nicken. Dann wandert mein Blick zu Rosie, welche Jace auch sehr ängstlich und zurückhaltend mustert. Ihr ist ebenfalls aufgefallen das etwas nicht stimmt. Als hätte diese Nachricht irgendetwas verändert. Und ich bin mir nicht sicher, ob das nun gut oder schlecht ist. Doch ich beschließe erstmal nichts zu sagen. Jace macht sich sicherlich auch nur Sorgen und das ist vielleicht einfach seine Art damit umzugehen. Und außerdem hat er ja recht. Wir sollten wirklich an unseren Kräften arbeiten und eine Möglichkeit finden unsere Freunde und die Schule zu beschützen, sollte es jemals notwendig sein.

Daher stimme ich leise zu und lasse mich von Jace nach draußen führen. Rosie verabschiedet sich hier von uns, um Levin zu informieren. Wir schlagen unterdessen wieder den Weg in Richtung des Sees ein. „Als erstes sollten wir daran arbeiten mehrere Elemente gleichzeitig zu verwenden. Wie weit bist du mit üben?" Mir gefällt zwar Jace's diktatorischer Tonfall nicht, doch das ignoriere ich erstmal. Jeder verarbeitet drohende Gefahr anders. Jace wird sich schon wieder beruhigen.

„Bisher habe ich noch nicht herausgefunden, wie ich mich auf zwei Elemente gleichzeitig konzentrieren kann.", gebe ich leise zurück und sehe dabei zu, wie Jace eine säuerliche Miene zieht. „Ich dachte das wolltest du üben?" Wieder gefällt mir sein anklagender Tonfall nicht, doch ich sage weiter nichts dazu, sondern zucke lediglich mit den Schultern. „Es hat halt bisher nicht funktioniert. Wie sieht es denn bei dir aus?" Sofort verfinstert sich die Miene meines Freundes, was mir sagt, dass er selbst auch noch keinen Erfolg damit hatte. Da ich jedoch keine Lust habe weiterhin mit ihm zu diskutieren wende ich mich ab und laufe einfach auf den See. Hierhin kann er mir glücklicher Weise nicht einfach folgen.

Hier setze ich mich aufs Wasser und versuche mich zu konzentrieren. Soll Jace sich erstmal wieder beruhigen. Ich übe hier einfach weiter, wie ich es getan habe, als Flavia mich geholt hat. Von meiner Rüstung aus Eis erzähle ich Jace lieber erstmal nichts, wenn er so gelaunt ist wie gerade eben. Das möchte ich mir wirklich nicht anhören. Wahrscheinlich meckert er dann sowieso nur rum, dass das alles reine Zeitverschwendung ist. Doch leider kann ich dem bohrenden Blick meines Freundes nicht entkommen, weshalb ich eine radikalere Entscheidung treffe. Ich lasse mich in den See sinken. Hier habe ich meine Ruhe. Das ist einer der wenigen Orte, an welchen er mich nicht erreichen kann.

Unter Wasser setze ich mich auf den Boden des Sees und denke erstmal über alles gerade Geschehene nach. Es gibt also eine Gruppe von Angreifern, welche es entweder auf Wasser- oder auf Luftelementare abgesehen haben. Leider gehöre ich beiden Gruppen an, was es für mich vermutlich noch gefährlicher macht. Ich nehme an, dass auch Jace zu dieser Erkenntnis gelangt ist, weshalb er nun so schlecht drauf ist. Was sein Verhalten allerdings kein bisschen entschuldigt.

Genervt, weil mir offenbar kein Moment einfache Schulzeit gegönnt wird, stelle ich mich hin. Es wird Zeit sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ich muss meine Fähigkeiten erweitern und versuchen mehrere Elemente gleichzeitig zu kontrollieren. Doch das ist leider leichter gesagt als getan. Trotzdem versuche ich es.

Mit einer Hand erzeuge ich im Wasser einen Wirbel und beobachte diesen eine Weile. Gleichmäßig lasse ich das Wasser kreisen und versuche nun geleichzeitig einige Eisblöcke im Wasser zu bilden, ohne mit meiner Tätigkeit innezuhalten. Doch das gelingt mir leider nicht. Also versuche ich es mit etwas kleinerem. Eine kleine Schneeflocke bilde ich im Wasser, was sogar nach dem dritten Anlauf bereits funktioniert. Den Wasserwirbel behalte ich bei, während ich weitere Schneeflocken darin entstehen lasse. Wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, funktioniert es erstaunlich gut.

Den Wasserwirbel lasse ich nun immer weiter anwachsen, während ich nun auch die Schneeflocken vergrößere. Diese lassen sich irgendwie gerade einfach handhaben als kompaktes Eis. Woran auch immer das liegen mag. Es sieht außerdem sehr schön aus, wie die Schneeflocken in dem Wasser umher gewirbelt werden. Immer größer lasse ich alles werden, bis es den Großteil des Sees einnimmt. Vom Ufer aus sollte es nun auch gut zu sehen sein, doch vermutlich ist hier sowieso niemand mehr in der Gegend, der es sehen könnte. Was auch besser so wäre. Ich will erstmal ein bisschen herumprobieren, bevor ich es den anderen zeige.

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