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Hunderttausend Kilometer, Girlanden und Geburtstage

Noa POV
Ich bin schon halb am schlafen, als Thranduil das Zimmer betritt, sich leise umzieht und sich zu mir legt. Er legt seinen Arm um mich und atmet ruhig vor sich hin.
„Alles gut?", frage ich im Flüsterton und streiche über seine Hand.
„Habe ich dich geweckt?", hakt er beunruhigt nach.
„Nein, hast du nicht. Ich war noch wach." ich pausiere kurz, „Was beschäftigt dich?" frage ich nochmal und drehe mich zu ihm um. Zwischen uns herrscht kurz Stille. Dann holt er Luft und öffnet seinen Mund zum Reden.
„Komm mit mir nach Mittelerde!". Er schaut mich an. Mir stockt der Atem. Eine Mischung aus Freude und Unsicherheit überkommt mich, mein Gesicht fängt an zu prickeln und mir fehlen die Worte.

Ich weiß, dass ich Thranduil liebe und ich weiß auch, dass ich mir sicher mit ihm bin und ihm vertraue. Aber kann ich mein Leben hier einfach so zurück lassen? Oder ist es im Grunde nichts anderes, als wenn ich in ein anderes Land ziehen würde? Andererseits habe ich mich in den Tagen, die ich mit Thranduil in seinem Palast verbracht habe, ungewohnt wohl gefühlt. Aber bleibt dieses Gefühl auch auf Dauer?
Als ich wieder zu Thranduil gucke und seinen fast unsicheren Blick sehe, wird es mir jedoch klar: ich gehe dahin wo er hingehen muss, und wenn es auf den Mond und hunderttausende Kilometer von der Erde entfernt wäre.

„Okay!", hauche ich nur mit einem Lächeln auf den Lippen, nehme seinen Kopf in meine Hände und küsse ihn. Ich spüre, wie sich seine Lippen während des Kusses zu einem Lächeln formen und drücke meinen Körper weiter an ihn, um ihm noch näher zu sein. Er legt seine Hand auf meine, als er sich löst, nimmt sie und küsst sie einmal während er mich glücklich anguckt.
Ich bin bereit. Bereit für ihn, bereit für eine Veränderung und bereit für unser Leben zusammen.

Mein Wecker klingelt um Punkt 8:00 Uhr. Nachdem ich einmal tief durchgeatmet habe, richte ich mich auf und werfe die Decke zurück.
„Bleib ruhig liegen", sage ich zu Thranduil, der mich durch ein halb geöffnetes Auge ansieht und sich dann wieder weg dreht. Ich werfe mir schnell ein loses Shirt über und tapse leise die Treppe nach unten. Im Wohnzimmer riecht es schon angenehm nach Kuchen und ich höre den Ofen leise im Hintergrund surren. Ich folge den Geräuschen und treffe meine beste Freundin in der Küche an.
„Seit wann bist du wach?", frage ich sie und schaue mir dann den Kuchen im Ofen an.
„Halbe Stunde ungefähr", meint sie nur und stellt die dreckige Rührschüssel in die Spülmaschine, „Wir sollten uns echt angewöhnen, alles am Abend davor vorzubereiten". Sie schaut mich aus müden Augen an, „Mein Schlaf-Rhythmus ist total im Arsch", beginnt sie und hebt ihren Finger, „was nicht gut ist, denn mein Urlaub endet bald!"
Ich zeige ihr nur einen Daumen nach oben. Nachdem ich paar Sekunden in Gedanken vertieft war, setze ich jetzt doch zu einem Satz an.
„Thranduil hat mich gefragt, ob ich mit ihm nach Mittelerde gehe", erzähle ich und spiele nervös mit den Servierten. Sie schaut mich stumm an.
„Und was hast du gesagt?", fragt sie dann ernst.
„Ich habe", ich atme ein, „ja gesagt".
Genau wie mir gestern Abend, fehlen ihr die Worte, denn sie sieht nur in meine Richtung und zieht langsam die Augenbrauen hoch.
„Die Armbänder funktionieren doch immer, oder?" fragt sie dann, ihr Blick immer noch still. Etwas verwirrt schaue ich sie an. „Ja, ich denke schon, warum?"
„Ich weiß nicht, wie ich es lange ohne dich aushalten soll. Ich brauche dich doch!", meint sie dann und lächelt leicht.
„Meine Süße...", lache ich leicht und gehe auf sie zu, um sie zu umarmen.
„Und es ist wirklich das, was du willst?" hakt sie nach und streicht über meinen Rücken.
Ich nicke, bis mir auffällt, dass sie es nicht sehen kann. „Ja, ist es!", versichere ich ihr und löse mich wieder.
„Wir treffen uns ganz oft, ich verspreche es dir! Und dann trinken wir irgend so einen leckeren Elben-Tee und schauen in den Wald hinaus. Ich zeige dir das Schloss und Legolas kann seinen Vater besuchen. Es wird alles gut!"
„Verspreche es wirklich!"
„Ja, ich verspreche es wirklich! Pinkie!", sage ich und halte ihr meinen kleinen Finger hin. „Pinkie!" sagt auch sie und hakt ihren Finger ein.

Nachdem wir uns noch einmal umarmt haben gehe ich dann aus dem Raum ins Wohnzimmer, um aus der Kommode die Deko Sachen zu holen. Im selben Moment kommt auch Tini ins Zimmer, schaut sich einmal im Raum um, nickt mir als Begrüßung zu und geht dann zu Eloise in die Küche. Während ich eine Girlande und ein paar bunte Kerzen hervorkrame, höre ich, wie El Tini auffordert doch schon mal den Tisch zu decken. Daraufhin klirrt auch schon Geschirr. Als ich gerade dabei bin die Girlande im Türrahmen aufzuhängen und mir als Hilfe einen Stuhl zum daraufstellen hole, kommt Legolas die Treppe runter.
„Hilf mir mal!", bitte ich ihn und halte ihm die andere Seite der Schnur entgegen.
„Was feiert ihr?", fragt er dann, konzentriert darauf, die Girlandenschnur zu befestigen.
„Johannas Geburtstag!" antworte ich ihm, gerate aber ins Stocken, „Feiert ihr Geburtstage in Mittelerde?"
„Als ich noch ein Kind war, haben wir meinen Geburtstag gefeiert, mein Vater, meine Mutter und ich. Aber irgendwann haben wir damit aufgehört", erzählt er. Ich schlussfolgere für mich selbst, dass es einfach an den vielen Lebensjahren liegt, die Elben leben. Ich meine: wie alt ist Legolas jetzt? Einige hundert Jahre bestimmt! Wie alt Thranduil wohl sein mag. Bestimmt sogar einige Tausend. Kann man das irgendwie in Menschenjahren umrechnen?
Mit den restlichen Dekoartikeln gehe ich ins Esszimmer, wo sich Tini damit befasst, das Besteck ordentlich zu platzieren. Ich streue etwas Konfetti über den Tisch und ordne die 27 Kerzen dann in einem unwillkürlichen Muster an.
Valerie kommt gefolgt von den drei Zwergen ins Zimmer, angestrengt ihnen zu erklären, dass sie doch etwas leiser sein sollen. Kili und Fili sind total aus dem Häusschen und überlegen sich jede Minute eine neue Taktik um Johanna zu erschrecken und sie zu überraschen.

„Leute! Der Kuchen soll noch fertig backen, bevor sie runter kommt!", meldet sich Eloise aus der Küche und guckt die Zwergen Brüder genervt an.
„Ich gehe schnell Brödchen holen". Valerie joggt an mir vorbei in den Flur, „begleitet mich jemand?". Hero ist natürlich der erste, der an der Tür steht, aber auch Fili und Kili setzen sich in Bewegung und folgen ihr.

Eine Viertelstunde später sind alle wieder da und chillen im Wohnzimmer, außer Johanna. Tini und Eloise bereiten derzeit noch den Kuchen vor und mir kommen die Kerzen wieder in den Sinn.
Während ich die erste Kerze anzünde, stellt El den Kuchen auf den Tisch.
„Der sieht gut aus!", sage ich und mustere den Kuchen.
„Danke. Ich bin ja schließlich nicht umsonst um halb acht aufgestanden", lacht sie und legt noch ein Messer zu schneiden und einen Tortenheber neben die Kuchenplatte.
„Leute, sie kommt!", höre ich es dann leise aus Richtung Wohnzimmer, als ich gerade so die letzte Kerze anzünde. Schnell husche ich zu meinen Freunden und wir fangen an für Johanna zu singen.

Von Deutschland nach MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt