15. Da waren's nur noch 60 Stunden

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Grinsend sah er von seinem Kartenhaus auf, an welchem er die letzte halbe Stunde dran gearbeitet hatte.

„Ist da jemand neugierig?"

„Neeeeeeeein. Wie kommst du denn daaaa drauf?" Meine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus. „Hör gefälligst auf zu grinsen und verrate es mir."

„Ein Zauberer verrät seine Tricks nicht."

„EiN zAuBeReR vErRäT sEiNe TrIcKs NichT. Ein Zauberer am Arsch." Beleidigt darüber, dass ich nichts aus ihm herausbekomme, packte ich die Karte in meinen Rucksack und machte mir wieder Musik in die Ohren. Danach holte ich das Notizbuch heraus, indem ich die Beobachtungen für Friedward und Francis reingeschrieben habe, und ergänzte sie etwas.

Die nächsten paar Stunden verbrachten wir in Schweigen. Hisoka machte keine Ahnung was, interessierte mich auch nicht sonderlich, und ich begann in meinem anderen Notizbuch kleine Skizzen zu erstellen. Alles zusammenhangslose Sachen. Meist war es aber etwas aus meinem früheren Leben. Spielzeuge, Zimmer, Gebäude und Personen. Alles woran ich mich noch erinnern konnte. Leider begannen schon vor langer Zeit die Gesichter meiner Bekannten zu verschwimmen. Selbst an das meiner Schwester kann ich mich nicht mehr richtig erinnern, weshalb die Skizzen von ihr immer anders aussehen.

Als auf einmal eine Tür neben mir auf ging, erschrak ich mich leicht, nahm aber meinen einen Kopfhörer heraus, um die Informationen zu hören.

Nummer 301, Gittarackur, besteht als dritter den dritten Prüfungsteil. Die Gesamtzeit beträgt zwölf Stunden und zwei Minuten." Heraus kam das Nadelkissen. Dieser schien erst nur Hisoka zu sehen. Mit abgehackten Bewegungen sah er zu ihm.

„Dachte ich es mir doch, dass du auch schon da bist."

Kurz darauf kam ein weiterer Teilnehmer.

Nummer 294, Hanzo, besteht als vierter den dritten Prüfungsteil. Die Gesamtzeit beträgt zwölf Stunden und drei Minuten." Erst als die Durchsage zu Ende war, kam Hanzo in den Raum gelaufen und freute sich darüber, dass er der erste sei. Bis er uns drei entdeckte.

„Was? Ich bin nur Vierter? Och nö, das ist viel zu schlecht." Deprimiert ließ er sich an der Wand neben seinem Eingang auf den Boden sinken. Gittarakur nahm eine Wand in der Nähe von Hisoka, blieb allerdings stehen. Ich selbst stopfte mir mein Kopfhörer wieder rein und schloss meine Augen. Auf zeichnen hatte ich keine Lust mehr.

Irgendwann traf mich wieder etwas. Diesmal aber an der Schulter. Und wieder blieb es stecken. Was will er denn jetzt schon wieder? Also nahm ich wieder einmal meine Kopfhörer raus. Ich glaube gleich stelle ich die Musik einfach auf laut. Ohne meine Augen zu öffnen, zog ich die Karte aus meiner Schulter.

„Was gibt's, Hisoka? Hast du dich entschieden mir doch deinen Trick zu verraten? Du Zauberer?" Ein Lachen.

„Nein. Ich wollte nur so nett sein und dir bescheid sagen, dass es etwas zum essen gibt." Na, das hört sich doch schon mal besser an. Gerade als ich fragen wollte, ob so etwas wie eine Flasche dabei ist, beantwortete dieser Hanzo schon meine Frage.

„Es gibt sogar Wein!"

„Nix da! Das ist meiner. Mein Name steht drauf, also Finger weg." So schnell, wie ich meine Augen geöffnet hatte und aufgesprungen bin, um mein Essen in Sicherheit zu bringen, habe ich mich seit Jahren nicht bewegt. Dabei fiel mir ein neuer Teilnehmer auf. Ich habe wohl den Moment verpasst, als er angekommen ist. Er hat sowas wie ein Stab oder Röhrchen dabei. Was der wohl für eine Funktion hat?

„Wieso hast du Essen und Wein? Das ist unfair!" Hanzo schaute mich beleidigt an.

„Das Essen könnt ihr schön behalten. Ich hab nur das hier." Dabei umarmte ich schützend die Flasche und ging langsam zu meinem Platz zurück.

„Hey May, komm doch zu uns." Ich drehte mich, immer noch mit meiner Weinflasche im Arm, zu Hisoka um, neben dem jetzt auch Gittarackur saß und sich das Essen wie eine Fräse in den Mund schob.

„Warum sollte ich?"

„Vielleicht, weil ich dir doch etwas verraten kann?" Ein paar Sekunden starrte ich in seine gelben Augen und wägte die Vor- und Nachteile ab. Da sich aber meine Neugierde mit einmischte, verlor die Vernunft und ich nahm meine Sachen, unter anderem die neue Karte, ein König, mit. Mit etwas Abstand setzte ich mich zu ihnen. Ich saß nun mehr im Raum. Kurz schaute ich noch abwechselnd zu den beiden, widmete mich dann aber meiner Flasche. Nach ein paar Schlücken setzte ich wieder ab und seufzte wohlig. Die haben die Mischung echt gut hinbekommen.

„Was genau ist da drin?" Das war das erste Mal, dass Gittarakur mit mir sprach.

„Wein. Wieso?"

„Wein ist nicht so dickflüssig." Ich sah zu ihm, dann zu Hisoka. Der wiederum zeigte auf seinen Mundwinkel, um mir zu signalisieren, dass ich bei mir noch etwas im Mundwinkel hängen habe. Schnell schleckte ich es ab.

„Äh, das ist Wein mit...Tomatensaft. Genau." In der schnelle fiel mir keine bessere rote Flüssigkeit, die dicker als Wein ist, ein, als Tomatensaft.

„Und wer lügt jetzt?" Ja ok, ich gebe zu, das war jetzt nicht der beste Einfall gewesen, aber warum kann Hisoka das nicht einfach hinnehmen.

„Keiner. Wenn du vorhin nicht gelogen hast, habe ich jetzt auch nicht gelogen." Diesmal zierte mein Gesicht ein Grinsen. Tja, Hisoka. Das was du kannst, kann ich auch. Er zog aber nur eine Augenbraue nach oben. Ich seufzte.

„Ach was solls. Es ist ein Blut-Wein-Gemisch. Zufrieden?" Ich setzte wieder an und trank weiter.

„Das gleiche, was du bei der Kochprüfung getrunken hast?"

„Hast du keine anderen Hobbies? Ist ja schrecklich, so beobachtet zu werden. Aber ja, so ähnlich."

„Wieso ähnlich? Das war doch Wein mit Schweineblut." Sind wir hier bei wer wird Millionär oder was wird das hier?

„Ja, aber das hier ist nicht Wein mit Schweineblut. Aber egal. Du wolltest mir einen deiner Tricks verraten."

„Aber, aber, May. Ich verrate doch nicht einfach so etwas. Du weißt doch, Leistung gegen Leistung." Ich verzog das Gesicht. Diese Wendung gefiel mir ganz und gar nicht. Aber wenn ich Informationen von und über ihn haben wollte, muss ich wohl oder über zustimmen.

„Wie stellst du dir das vor?"

„Wir stellen im Wechsel Fragen, erst du, dann ich. Fangen wir aber langsam an." Da wir aber nicht zu zweit hier saßen, sah ich skeptisch zu Gittarakur. Hisoka schien meinen Blick richtig zu interpretieren.

„Er gehört zu mir, er bleibt." Kurz sah ich wieder zwischen den Beiden hin und her. Hisoka grinste und Gittarakur...Bei ihm kann man keine Gefühlsregung ablesen. Er ist wahrscheinlich so emotionslos wie ein Stein. Letztendlich seufzte ich, wie schon viele Male heute, und nickte kurz.

„Okay. Dann beginne ich. Erst einmal, warum hast du mich mit deiner Karte abgeworfen?"

Port Hunter - Der Beginn eines neuen AbenteuersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt