6. Numere-Sumpf? Nein danke.

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Ich hatte mich für Rechts entschieden. War aber auch blöd. Denn jetzt hatte ich eine riesige fleischfressende Pflanze vor mir, die ziemlich was dagegen hat, dass ich hier bin und nicht in ihrem Magen. 

Gerade umschlang sie noch mit einer ihrer Ranken meinen linken Fuß, da hing ich schon kopfüber in der Luft. Da ich nicht gerade scharf darauf war, das innere einer Pflanze kennen zu lernen, schnappte ich mir einen meiner Dolche und durchschnitt die Ranke mit einem Hieb. Durch den Schwung flog ich über ihren Kopf, falls man das bei dieser Riesenpflanze so nennen kann, hinweg und landete sicher wieder auf meinen Füßen. Leider musste ich mich schon gleich wieder auf den Boden werfen, da die nächste Ranke in meine Richtung schoss.

Mein Problem an der ganzen Sache ist aber, dass ich kein Plan habe, wie man diese blöde Pflanze umlegt. Meine vorherigen Versuche ihren Stängel, was eigentlich schon fast ein Stamm ist, zu durchtrennen sind alle fehlgeschlagen. Und ich habe es schon eine ganze Zeit probiert. Deshalb sind mir Tiere und Menschen lieber. Da weiß ich wenigstens, wie man sie tötet. Die haben ein Herz und einen Herzschlag und sterben beim entfernen von diesem, oder sie verbluten oder ähnliches. Aber fleischfressende, sich bewegende, nach verrottenden Leichen riechende Pflanzen töten? Ugh...keine Ahnung wie und das ist zum kotzen.

Da es mir jetzt zu blöd wurde und ich überhaupt kein Bock mehr auf dieses Pflanzenvieh habe, entfernte ich mich, weiter den Ranken ausweichend, in die Richtung aus der ich kam. Meinen Ausgangspunkt an der Schlucht habe ich auch recht schnell wieder erreicht und schlug jetzt den linken Weg ein, in der Hoffnung den Prüfer wieder zu finden.

~

Ich hab es geschafft. Ziemlich geschunden, erschöpft und sehr schlecht gelaunt, aber ich habe endlich den Prüfer und die übrig gebliebenen Teilnehmer gefunden.

Und es war echt nicht leicht. Ich habe zwar am Anfang gesagt, dass mir langweilig war und ich ein wenig Action wollte, aber so langweilig war mir dann doch nicht.

Nachdem ich die Schlucht hinter mir gelassen hatte, passierte eine Zeit lang nichts. Der Nebel war immer noch so dicht wie vorher, wenn nicht sogar etwas dichter, und nervte mich gehörig. Da ich dadurch nichts sah, bin ich in eine Art Falle gelaufen, in der mich eine riesige Kröte von unten angriff und verschlang. Dabei hat die blöde Kuh meinen linken Arm abgebissen. Das hieß, ich in der Kröte und mein Arm draußen.

Wütend auf die Kröte und auf mich selber, da ich sie nicht vorher im Boden wahrgenommen habe, malträtierte ich sie in ihrem Magen so lange, bis sie mich wieder auskotzte. Eigentlich hatte ich vorgehabt mich aus ihrem Bauch raus zu schneiden, aber das Vieh hatte Magenwände aus elastischem Stahl. Also blieb nur der Weg den ich vorher gekommen war.

Beleidigt davon, dass ich ihr ihren kleinen Snack nicht gönnte, zog die Kröte von dannen und ich musste meinen Arm suchen. Natürlich hätte ich meinen Arm mit meiner Heilungsfähigkeit nachwachsen lassen können, aber das verbraucht enorm Energie und ich bekomme schneller wieder Hunger. Den abgeschnittenen Arm wieder dran wachsen zu lassen ist dabei wesentlich Energie sparender. Zum Glück hatte ich vorher noch meine Jacke ausgezogen, sonst wäre sie jetzt hinüber.

Wie es natürlich der Zufall wollte, war mein Arm nicht mehr da, dafür aber ganz viele schnell schlagende Herzen. Ich fand auch ganz schnell heraus, dass diese zu kleinen Affen gehörten, denen, aller Anschein nach, sehr langweilig war und mit mir und meinem Arm Schweinchen in der Mitte spielen wollten. Weil ich aber nicht ganz nach den Regeln spielte und einigen von ihnen, so süß sie auch waren, den Hals umdrehte und meine Laune mit jedem Wurf von ihnen sank, überließen sie mir meinen Arm letztendlich doch.

Nachdem ich dann schnell meinen Arm wieder angebracht hatte, ging ich, auf gut Glück in irgend eine Richtung. Und siehe da, nach einer recht kurzen Zeit konnte ich mehrere Herzschläge hören. Aber, wie wäre eine Prüfung durch einen Sumpf ohne ein Stück Dornenwald? Richtig, genauso blöd wie jetzt, aber ohne Dornenwald. Und da es ein lang gezogenes Stück war, welches man nicht einfach so umgehen konnte, musste ich wohl oder übel da durch. Mittlerweile ist meine Laune tiefer gesunken als die Titanic.

Nach einer innerlichen Diskussion mit mir selbst und einigem Gefluche, hatte ich es endlich geschafft. Der Nebel hatte sich auch endlich gelichtet und ich konnte die Menge an wartenden Teilnehmern sehen. Mit zerschrammten Armen und Beinen, die zwar sofort verheilten, aber trotzdem scheiße brannten, dreckigen Klamotten und einem Gesichtsausdruck, der jeden in Asche verwandelt, der mich auch nur schief ansieht, ging ich auf die Menge zu und ließ mich am nächst besten Baum nieder.

Nachdem ich mich dann auch endlich wieder beruhigt habe, schaute ich mich ein wenig um. Es sind wirklich nicht viele Teilnehmer übrig geblieben. Ich schaute, ob ich bekannte Gesichter wiederfinde. Es dauerte etwas, aber ich entdeckte das Nadelkissen und einen von den kleinen Jungen. Es war der mit den weißen Haaren und dem Skateboard. Was mich allerdings überraschte war, dass ich Hisoka nirgends entdeckte. Hm...irgendwie hatte ich mehr von ihm erwartet. Ich meine, ich kenne ihn kaum, aber seine Ausstrahlung und seine Aktion von vorhin haben mir eigentlich sein können gezeigt. Und ich denke nicht, dass er so tollpatschig wie ich durch diesen Sumpf gelaufen ist. Also wirklich, ich bin echt enttäuscht von mir.

Um noch ein wenig zu entspannen, bevor es wieder losgeht, schloss ich die Augen. Kurz darauf wurde neben mir etwas grob auf dem Boden gelegt.

„Wie erfreulich, dass es meine Frucht geschafft hat." Ohne die Augen zu öffnen wusste ich, wer es war.

„Und ich dachte du hast es nicht geschafft." Ein tiefes Kichern erklang von ihm.

„Es braucht einiges mehr, um mich zu besiegen. Wir sehen uns später, pass so lange auf ihn auf." Er zeigte kurz auf das, was er neben mir abgelegt hatte und verschwand dann einfach, ohne auch nur auf meine Antwort zu warten.

„HEY! ICH BIN DOCH KEIN BABYSITTER! Tz...Idiot." Ich verstehe ihn einfach nicht. Wir kennen uns doch überhaupt nicht. Warum hat er mich denn auf dem Kieker? Bis jetzt habe ich mich eher wie ein Tollpatsch als ein fähiger Kämpfer benommen, was an sich, und das als 600 Jahre alter, kampferfahrener Vampir, ja eigentlich auch schon eine Leistung ist. Zwar keine Gute, aber immerhin. Aber diese Welt ist wirklich nicht zu unterschätzen. Und sie bringt mich völlig durcheinander, ich meine, riesige, sich bewegende Pflanzen und riesige, in der Erde wartende Kröten? Mich würde es nicht wundern, wenn es hier auch so etwas wie Vampire gibt. Vielleicht muss ich mich gar nicht so bedeckt halten.

Jetzt sah ich mir aber erst mal das, was Hisoka neben mich gelegt hat, an.

„Heilige Scheiße. Was zum Teufel ist denn mit dir passiert!"



Port Hunter - Der Beginn eines neuen AbenteuersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt