Kapitel Sechsundzwanzig
» Die Mission «Der ohrenbetäubende Ton meines Weckers wummerte ganze zehn Minuten lang in meinem Schädel, bis ich endlich aus meinem Halbschlaf erwachte. Blind fuchtelte ich durch die Luft, bis dieser unaushaltbare Ton endlich verstummte. Erleichtert atmete ich auf. Verwirrt blinzelte ich mir den Schlaf aus meinen Augen und sah mich im Zimmer um. Das Bett neben mir war bereits leer, obwohl es erst kurz nach zehn Uhr morgens war. Scheinbar wollten die anderen die freien Tage voll und ganz auskosten.
Ich rappelte mich auf. Verwirrt runzelte ich die Stirn, als mir etwas Merkwürdiges auffiel. Im Zimmer und auch draußen auf dem Flur war es ungewohnt still. Zu still, ohne theatralisch klingen zu wollen. Zu still ist es sonst nämlich nur in Gangster-Filmen, bevor der Kugelhagel beginnt.
Doch möglicherweise bedeutete eine derartige Stille an dieser Schule genau dasselbe? Immerhin gibt es in diesem Gebäude mehr als genug Waffen. Und mehr als genug mental instabile Teenager, die mit Waffen umzugehen wissen und auch nicht davor zurückgeschreckt hätten eine zu benutzen. Der Großteil der Schüler hier hätte nicht einmal ein Problem damit gehabt ihren engsten Freund umzulegen. Ziemlich beunruhigend, wenn man länger darüber nachdachte.
Ich quetschte mich in den Rock der Uniform und dazu zog ich noch die weiße Bluse an, jedoch ohne Krawatte und auch den Blazer ließ ich im Schrank hängen. Der Wetterbericht vom Vortag hatte einen warmen Herbsttag – mit einer Höchsttemperatur von fünfundzwanzig Grad – angekündigt. Sollte dieser Wetterfrosch sich geirrt haben, wird mir draußen ganz schon der Arsch abfrieren. Leider fand ich in meinem Kleiderschrank keine sonderlich große Auswahl an Klamotten vor. Mehr als die ausgeleierte Fetzenjeans und das schlabbrige T-Shirt hatte ich nicht.
Plötzlich klopfte es an der Tür. Unsanft wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. "Bist du schon wach?" Ashs Stimme schnitt durch die Stille wie eine messerscharfe Klinge durch ein Blatt Papier. Ich zuckte innerlich zusammen, mein Puls schoss in die Höhe. Mein Körper hatte sich scheinbar schon an die Umstände an der Kings Dominion gewohnt. Sobald ich mich erschrak – ganz egal weswegen – wurden die mittelalterlichen Überlebensinstinkte angeschalten und jede Alarmglocke bimmelte um ihr Leben.
Nach einem solchen Vorfall brauchte es immer ein paar Minuten, bis meine Atmung sich wieder einpendelte und mein Puls sich normalisierte.
"Natürlich. Komm' rein." Wenige Sekunden später ging die Tür auf und Ash betrat den Raum. Anders als sonst trug er nicht die Uniform. Er hatte eine hellblaue, relativ weite Jeanshose an, die unten an den Füßen locker auf den blau-schwarzen Sneakern lag. Oben trug er einen schwarzen Pullover mit ausgeblichenem Druck, der ihm etwas zu groß war. Um seinen Hals hing eine schmale Silberkette, die beinahe gänzlich unter seinem Pullover verschwand.
Nachdem er mich schweigend gemustert hatte, runzelte er verwirrt die Stirn. "Die Uniform? An deinen freien Tagen? Ich musste heute Morgen allein schon würgen, als ich sie im Schrank hängen sah." Verständlich. Wäre auch nicht meine erste Wahl gewesen, hätte ich eine gehabt. "Viel mehr wirst du in meinem Schrank nicht finden", murmelte ich leise, schnappte mir meine kleine Tasche vom Schreibtisch und schlüpfte in meine Converse.
"Mehr hast du nicht?", fragte er mich entrüstet und ich nickte schweigend. "Seit Anfang des Monats gab es noch keinen freien Tag, also hatte ich auch noch keine Zeit um, mir neues Zeug zu kaufen." Enttäuscht schüttelte Ash den Kopf und streifte sich seine dunklen Haare aus dem Gesicht. Er sah auf, unsere Blicke trafen sich. Seine blauen Augen bohrten sich durch mich hindurch. Länger als eine Minute standen wir da und starrten uns gegenseitig an, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Plötzlich zuckte er mit den Achseln. "Dann wird das unsere Mission für den heutigen Tag."
DU LIEST GERADE
Deadly Mission
FanfictionDas Verschwinden ihrer kleinen Schwester wirft Davina voll und ganz aus der Bahn. Vollgepumpt mit Alkohol und Drogen begeht sie eines Nachts den größten Fehler ihres Lebens.. Doch genau dieser Fehler erweckt das Interesse von Master Lin, der Direk...