Spieglein, Spieglein

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>>Miss Winger? << Madam Pomfrey stand plötzlich neben meinem Bett. Ich hatte sie überhaupt nicht kommen gehört.

>>Wie geht es Ihnen? <<, fragte sie mich, dabei fuhr sie mit ihrem Zauberstab diagnostisch über meinen Körper.

>>Mein Gesicht fühlt sich irgendwie taub an<<, sagte ich und deute mit dem Finger darauf.

>>Keine Sorge, dass liegt nur an der heilenden Salbe, die ich vorhin aufgetragen habe<<, erklärte sie mir. Mit gemischten Gefühlen sah ich zu, wie sie ihren Zauberstab, zufrieden nickend, wieder in ihrem Umhang verstaute.

>>Sieht es sehr schlimm aus? <<, wollte ich bedrückt wissen. Eigentlich wusste ich nicht mal, ob ich überhaupt eine Antwort auf diese Fragen haben wollte. Meine Schönheit war zwar schon immer eine Belastung für mich gewesen, doch zu wissen, dass ich vielleicht vollkommen entstellt war, beunruhigte mich.

>>Es wird alles wieder vollkommen verheilen. << Zuversichtlich lächelte mir Madam Pomfrey zu. Dann zauberte sie einen kleinen Handspiegel herbei und reichte ihn mir. Nervös drehte ich ihn eine Weile in meinen Händen hin und her und traute mich nicht hinein zu sehen.

>>Momentan sieht es noch schlimm aus, aber ich versichere Ihnen, wenn die Hämatome erstmal verheilt sind, sieht alles wieder aus wie vorher. << Ich schenkte der Schulheilerin ein dankbares Lächeln.

Ein beklommenes Gefühl machte sich in mir breit. Wie oft hatte ich schon vor dem Spiel gestanden und mir eine hässliche Narbe mitten ins Gesicht gewünscht. Doch jetzt, hatte ich Angst davor...

>>Lass dir ruhig Zeit! << Lächelnd deutete sie auf den Spiegel. Bedrückt blickte ich seine Rückseite an und traute mich nicht ihn umzudrehen.

>>Wenn Remus aufwacht, sag ihm bitte er soll sich in eines der Nachbarbetten legen! Diese krumme Haltung tut ihm auf Dauer nicht gut. << Ich bemerkte wie sie ihm einen mütterlichen Blick zuwarf, ehe sie hinter dem nächsten Vorhang verschwand.

Nachdenklich betrachtete ich noch immer den Spiegel in meiner Hand und versuchte meinen Mut zusammen zu kratzen. Ich atmete zweimal tief durch, ehe ich ihn mit einem Ruck umdrehte. Geschockte sah ich mein Abbild an und ließ vor Schreck den Spiegel fallen. Scheppernd landetet er auf dem Bode und brach in tausend Einzelteile.

>>Was...was ist los? <<, verwirrte fuhr Remus hoch und blickte sich desorientiert um. Doch ich beachtete ihn nicht. Apathisch schaute ich auf den kleinen Scherbenhaufen und konnte es einfach nicht fassen. Vor meinem geistigen Auge erschien mein eigenes Spiegelbild. Ich wollte es nicht wahr haben. Mein Gesicht glich einer großen Wunde. Es war mit Schwellungen und Blutergüssen überseht.

>>Stella! << Remus griff nach meiner Hand und musterte mich besorgt. Doch mein Hirn versuchte noch immer das eben gesehene zu verarbeiten. Welche Ironie. Vor wenigen Stunden stand ich noch vor einem riesigen Werwolf und jetzt fürchtete ich mich vor meinem eigenen Spiegelbild.

>>Das wird wieder verheilen! <<, wiederholte er, Madam Pomfreys, Worte.

>>Bitte hör auf zu weinen! << Beunruhigt strich Remus über meine Hand. Mit großen Augen sah ich ihn an und stellte mit Verwunderung fest, dass er Recht hatte. Ich weinte! Es war lange her, als ich dies zum letzten Mal getan hatte.

>>Es wird alles wieder gut werden! <<, versuchte er mich zu beruhigen und stand auf. Überraschend zog er mich in eine tröstende Umarmung.

Völlig überfordert hing ich in seinen Armen. Erst nach mehreren Sekunden schaffte ich es, mich zu entspannen. Wann hatte mich das letzte Mal jemand so umarmt? Das musste Jahre zurück liegen. Eine tiefe Zufriedenheit überkam mich und ich fühlte mich so geborgen, wie schon lange nicht mehr. Genießerisch schloss ich die Augen und vergrub meinen Kopf in seinem Umhang. Eine wohlige Wärme umfing mich und sein Duft hüllte mich ein. Schlagartig fühlte ich mich besser.

Der Fluch der SchönheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt