„Das ist ein langer Gang.", stellte Medusa fest. Jen kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und leuchtete zum anderen Ende des Ganges, der in etwa 500 Meter von ihrem Standpunkt entfernt lag. Medusa grinste und schaute zu Tony. „Ich liebe deine Taschenlampe."
Tony deutete eine leichte Verbeugung an. „Vielen Dank. Ohne angeben zu wollen, ich denke auch, dass es ein absolutes Meisterwerk ist."
„Da ist eine Tür.", meinte Jen und setzte sich wieder in Bewegung, „Wir sollten sie benutzen." Medusa und Tony folgten ihr mit etwas Abstand. „Hat sie etwas?", fragte Tony leise. Medusa zuckte mit den Schultern. „Wir sind in einer Pyramide gefangen und wir sind von Cassandra und Fynn getrennt. Das macht ihr zu schaffen. Nicht jeder kann so gelassen bleiben wie du und ich."
Tony schüttelte den Kopf. „Das ist es nicht. Das bringt sie eigentlich nicht aus der Fassung. Irgendwas stimmt nicht mit ihr. Sie hat kaum mit mir geredet seit ihr hier seid." Jen wirbelte zu den beiden herum. „Ich kann euch hören. Und ja, es macht mir zu schaffen und zwar einfach alles."
Tony hob abwehrend die Hände. „Ist ja schon gut Schwesterchen. Kein Grund gleich die Nerven zu verlieren."
Jen warf ihm einen strafenden Blick zu und drehte sich dann wieder von ihm weg. Sie umklammerte mit beiden Händen ihre Taschenlampe, um das Zittern ihrer Hände zu verbergen. Entschlossen ging sie weiter den Gang entlang immer weiter auf die offene Tür zu. Medusa seufzte. „Was ist aus einer guten alten Unterhaltung geworden?", murmelte sie. Tony sah sie verständnislos an. „Was?"
Medusa schüttelte den Kopf. „Ist egal. Lass uns weitergehen."
Sie setzten sich wieder in Bewegung. Als sie den Gang bis zur Hälfte durchquert hatten, ertönte ein ohrenbetäubendes Schleifgeräusch, welches den drein einen eisigen Schauer über den Rücken jagte. Medusa sah sich um. „Ihr habt das auch gehört, oder?"
Jen und Tony nickten stumm. „Wir sollten hier ganz schnell weg.", meinte Jen leise. Erneut ertönte das schleifende Geräusch. Jen zuckte zusammen. „Die Wände sie-sie kommen näher."
Tatsächlich bewegten sich die Wände immer weiter aufeinander zu, sodass der ohnehin schon ziemlich schmale Gang immer enger wurde. Die Freunde begannen zu rennen. Mit Schrecken erkannten sie, dass auch ihr Ausgang sich langsam zu verschließen begann. Jens Atem ging schneller. „Ich-ich krieg keine Luft mehr.", stammelte sie. „Es-es ist zu eng."
Ihre Beine wurden weich und sie wurde immer langsamer. Sie hatten beinahe den jetzt noch halb offenen Ausgang erreicht. Die Wände drohten sie zu zerquetschen. „WIR SCHAFFEN ES NICHT RECHTZEITIG!", schrie Jen verzweifelt, „Es ist zu eng-zu eng."In diesem Moment stoppten die Wände. Mit klopfendem Herzen schauten die Freundinnen zu Tony, der die Hände mit aller Kraft, die ihm seine metallenen Arme boten, gegen die Wände drückte. „Los! Lauft!"
Jen starrte ihn aus schreckgeweiteten Augen an.
„Na macht schon! Ich komme nach. Los!"
Jen schüttelte langsam den Kopf. „Nein, nein du bleibst nicht hier.", murmelte sie abwesend.
Tony sah zu Medusa. „Schnapp dir Jen. Ich komme nach.", sagte er eindringlich. Medusa nickte ihm zu und griff sich Jen. Sie legte sie sich über die Schulter. Jen strampelte und schrie, doch Medusa trug sie immer weiter. Vor dem Ausgang, der mit den Wänden angehalten hatte, setzte sie sie ab und schob sie grob durch die Öffnung.
Tony ließ los. Die Wände setzten sich ruckelnd wieder in Bewegung. Er rannte los. Er lief so schnell er konnte. Durch seine roboterartigen Beine schaffte er es rechtzeitig zu dem Ausgang, auch, wenn er hierfür ganz schön den Bauch einziehen musste. Er schmiss sich auf den Boden und glitt unter dem Spalt hindurch. Er rutschte direkt in Medusa hinein, die Jen festhielt. Der Ausgang schloss sich hinter ihm.
Jen starrte ihn wütend an. „Du verdammtes Arschloch! Mach das nie wieder! Hörst du mich? NIE WIEDER! Ich hatte fast einen Herzinfarkt.", schrie sie und begann auf Tonys Arme einzuschlagen. Dieser lachte nur. „Ich habe euch gerade das Leben gerettet."
Jen fuhr sich über die Haare. „Ich hasse enge Räume.", murmelte sie und wischte sich mit ihrem Shirt den Schweiß von der Stirn. Sie rang nach Luft. „Ich bete, dass so etwas nie wieder passiert!"
Misstrauisch griff sie nach der Taschenlampe, die neben ihr auf dem Boden lag, und beleuchtete den Raum. Medusa rappelte sich auf. „Na toll, was kommt jetzt? Welche Todesfolter wird uns jetzt auferlegt?"
Das Licht von Jens Taschenlampe fiel auf einen runden Tisch, auf dem sieben Fläschchen mit durchsichtigem Inhalt aufgestellt worden waren. Sie stemmte eine Hand in die Hüfte.
„Was soll das? Was sind das? Die Prüfungen des Pharaos?", murmelte sie und fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht, „Hier gibt es noch nicht einmal eine verdammte Tür!"
Medusa studierte unterdessen einige Hieroglyphen, die an einer der Wände angebracht worden waren. „Sowas ähnliches anscheinend.", meinte sie und fuhr mit einer Hand über die Bildzeichen. „Hier steht: Sieben es sind, eines das Tor öffnen vermag, sechs du wünschtes nicht zu kosten." Sie richtete sich gerade auf und verschränkte die Arme. „Na toll, die reden hier von Gift."
Tony und Jen wechselten einen Blick. „Gift?", harkte Tony nach und deutete auf den Tisch, „In den Dingern ist Gift?"
Medusa nickte und überflog die Zeilen erneut. „Interpretieren ist zwar nicht so meine Stärke, aber das hier heißt mit Sicherheit, dass eine von den Flaschen uns hier rausbringt und jede andere uns tötet."
Sie schielte zu Jen, was diese durch Medusas Sonnenbrille jedoch nicht bemerkte. „Sind das nicht tolle Aussichten?"
Jen seufzte und trat weiter auf den Tisch zu. „Na toll.", murmelte sie, „Die sehen alle gleich aus. Wir haben keine Ahnung was Gift ist und was nicht."
Tony fuhr sich über das Gesicht. „Und ich habe auch nichts dabei, um das zu testen. Verdammt!"
Medusa stellte sich neben Jen. „Ich habe da so eine Vermutung wie wir hier raus kommen.", meinte sie.
„Und wie bitte?", meldete sich Tony wieder zu Wort.
Medusa zuckte mit den Schultern. „Jen trinkt es."
„WAS?", riefen Tony und Fynn wie aus einem Mund.
Medusa stöhnte auf. „Redet endlich miteinander. Verdammt nochmal. Das ist ja nicht zu ertragen.", entgegnete sie scharf. Tony starrte sie verwirrt an. „Was zur Hölle meinst du damit?! Medusa!"
Medusa hob abwehrend die Hände, ging zu einer Wand, ließ ihren Rucksack von den Schultern gleiten und setzte sich einen Meter von der Wand entfernt auf den Boden. „Das macht ihr schön unter euch aus. Ich setzte mich hier schön in die Ecke und sage gar nichts mehr." Sie kramte in ihrer Gürteltasche und beförderte einen kleinen Ball zum Vorschein. Die Geschwister sahen sprachlos dabei zu wie Medusa den Ball gegen die Wand warf und in ihre Hand zurückspringen ließ.
Tony raufte sich die Haare. „Ich habe dir die Tasche gegeben, damit du etwas sinnvolles mitnehmen kannst und nicht einen blöden Ball.", stöhnte er.
Medusa fing den Ball wieder auf. „Das ist sehr sinnvoll, weil euer bereits sehr überfälliges Gespräch wohl etwas länger dauern wird, also beschäftige ich mich anderweitig, weil es hier ja sonst nichts gibt."
Mit diesen Worten warf sie den Ball wieder gegen die Wand.
Tony drehte sich zu Jen, die unruhig in dem Raum auf und ablief und an ihren Fingernägeln kaute. „Was genau meint Medusa damit? Willst du mir etwas erzählen? Du brauchst keine Angst davor zu haben. Ich höre dir zu, egal was es ist, aber sag mir einfach was los ist!"
Jen blieb auf der Stelle stehen und holte tief Luft. „Ich bin unsterblich.", presste sie schließlich hervor.
„Fast unsterblich.", meldete sich Medusa wieder zu Wort.
Jen funkelte sie wütend an. „Du hast jetzt mal Sendepause."
Tony hob abwehrend die Hände. „Sekunde mal, was?"
Jen seufzte. „Ich wollte es dir sagen..."
Tony holte tief Luft. „Wie?"
Jen senkte den Blick. „Es war ein Genexperiment, was ein bisschen aus dem Ruder gelaufen ist."
Sie lachte gequält auf. „Ein Wissenschaftler wollte ein Mittel gegen Krebs erfinden und ich war seine Versuchsperson."
Tony hob einen Finger und unterbrach Jens Erzählungen. „Du hast Krebs?", fragte er leise.
Jen schüttelte den Kopf. „Ich hatte Krebs. Das Mittel hat gewirkt und zwar besser als gedacht. Meine Zellen regenerieren sich rasend schnell. Ich werde nicht altern und meine Wunden verschließen sich schnell wieder." Sie holte tief Luft. „Und auch Gift kann mir nichts anhaben. Es wird meine Zellen nicht angreifen."
Tony sah sie mit gemischten Gefühlen an. „Warum hast du es mir nicht gesagt?"
„Ich hatte Angst."
„Wovor denn?"
„Davor, dass du mich genau so ansiehst."
„Wie sehe ich dich denn an?"
„Du siehst mich an, als würde gerade etwas tief in dir zerbrechen."
„Das tue ich nicht."
„Oh doch, das tust du und genau das wollte ich verhindern."
„Ich sehe dich so an, weil ich mir Sorgen um dich mache, Jen."
„Genau das wollte ich verhindern.", entgegnete Jen leise.
Tony lächelte und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Natürlich mache ich mir Sorgen um dich. Das habe ich schon immer getan und das werde ich auch immer. Dass du unsterblich bist, ändert da nichts dran."
Das stätige Geräusch von dem Ball, den Medusa gegen die Wand warf, verklang und Sie rappelte sich auf. Sie klopfte sich den Staub von den Klamotten und schlenderte auf die beiden zu.
„Jetzt ist es ja raus.", meinte sie und drehte sich zu Tony. „Und um das klar zu stellen: Sie wird nie allein sein. Ich werde immer bei ihr sein und ihr nicht von der Seite weichen. Sie gehört zu meiner Familie. Ich verspreche dir, dass ich sie beschützten werde, egal was kommt, okay? Also hör auf dir Sorgen um sie zu machen, damit sie sich aufhören kann Sorgen um dich zu machen, weil du dir Sorgen um sie machst. Meine Güte ist Familie kompliziert. Bin ich froh, dass ich meine Familienprobleme endlich hinter mir habe."
Sie drehte sich zu Jen. „Viel Drama um nichts. Ich bin echt froh, dass du es ihm endlich gesagt hast. Dein Verhalten war langsam echt lächerlich."
Sie tippte nacheinander auf den Deckeln jedes Fläschchens. „Eins, zwei oder drei...", murmelte sie und schaute wieder zu Jen. „Welches willst du nehmen?"
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Medusa 3-Die Fallon Grabstätte
Fantasy*abgeschlossen/ unüberarbeitet „Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist gelb." Noa verdrehte die Augen. „Sand?" Medusa stöhnte auf. „Ich verstehe immer noch nicht, warum wir diese blöde Patrouille überhaupt machen. Musst du nachschauen, ob noc...