Kapitel 14

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Tony stellte den Kovakristall vor der Tür des Zentrums ab und suchte in seiner Hosentasche nach seinem Schlüsselbund.
Cassandra gähnte. „Es ist zwar mitten am Tag, aber ich könnte jetzt mehrere Stunden schlafen."
„Da bist du nicht die einzige.", murmelte Jen und gähnte ebenfalls. Sie wirkte noch immer blass und mitgenommen. Tony hatte inzwischen den Schlüssel zu Tage befördert und steckte ihn ins Schloss. Er zog die Stirn kraus und öffnete die Tür. „Sie war nicht abgeschlossen.", sagte er leise.
Medusa schob sich an ihm vorbei, während Tony wieder den Kristall auf den Arm nahm.
In dem Zentrum brannte Licht und die Computer waren hochgefahren.
„Wer könnte denn hier sein?", fragte Fynn verwirrt, „Noa kann es nicht sein. Er ist doch noch für mindestens eine Woche unterwegs."

In diesem Moment erklangen schwere Schritte und eine große Gestalt kam auf sie zu. Cassandra musste schlucken. Dieser Mann war mindestens zwei Meter groß, wenn nicht noch größer, und gebaut wie ein preisgekrönter Bodybuilder. Sie schien jedoch die einzige zu sein, der dieser Anblick einen kalten Schauer über den Rücken jagte.
Tony hingegen jauchzte auf, stellte den Kristall, trotz seiner Euphorie, vorsichtig auf dem Boden ab, und rannte dann auf den Mann zu. Er fiel ihm um den Hals, wobei er sich etwas auf die Zehenspitzen stellen musste, und drückte ihn fest. „Noa!", rief er glücklich und drückte ihm einen Kuss auf die Wange, „Was machst du denn schon hier? Ich dachte du kommst erst in einigen Tagen."


Jen musste schlucken. Es war das erste Mal, dass sie Noa so sah, wie Fynn und Cassandra es taten. Es war das erste Mal, dass sie seine geschwungenen Hörner und seine spitzen Ohren bemerkte. Sie hatte sich noch immer nicht ganz daran gewöhnt, dass sie nun durch die Verhüllungszauber der Wesen hindurchsehen konnte. Ihre Augen wurden groß. Langsam begann sie zu realisieren, dass ihr Bruder Noa noch nie in seiner wirklichen Gestalt gesehen hatte. Er wusste, was sein Freund war und in der Theorie wusste er auch wie diese Art aussehen mochte, doch wirklich gesehen hatte er ihn nicht. „Das muss wahre Liebe sein.", dachte sie, „Jemanden zu lieben, obwohl man weiß, dass man manche Dinge von ihm nicht sehen kann."


Noa löste sich von Tony und schaute verständnislos von seinem Mann zu den anderen. „Eigentlich müsste ich euch fragen, wo ihr ward.", entgegnete er mit einer so tiefen Stimme, wie Cassandra sie noch nie gehört hatte.
„Wieso?", mischte sich Medusa ein und trat auf ihn zu. „Du bist doch derjenige, der vor seiner angegebenen Ankunftszeit zurück ist."
Noa grinste. „Medusa! Du bist um keinen Tag gealtert."
„Das habe ich so an mir. Das liegt in meiner Natur."
Jetzt kam auch Jen auf Noa zu und umarmte ihn. Dabei musste sich Noa etwas zu ihr herunterbeugen. „Schön dich zu sehen.", flüsterte sie.
Fynn begrüßte Noa mit einem kurzen Handschlag.
Cassandra stand etwas unbeholfen daneben und betrachtete Noa genauer. Fynn hatte kein Detail ausgelassen. Noa entsprach genau seiner Beschreibung.
Schließlich stellte sie sich neben ihre Freunde und streckte Noa eine Hand entgegen. „Schön Sie kennenzulernen Noa."
Noa winkte ab. „Bitte sag du zu mir."
Cassandra nickte. „Gerne."
„Und du musst Cassandra sein. Fynn hat viel von dir erzählt."
Cassandra schoss das Blut in den Kopf, doch sie versuchte so gut es ging die Fassung zu bewahren. Medusa war dies jedoch nicht verborgen geblieben.
„Ach hat er das?"
Noa nickte. „Jap."
Tony legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Jetzt erzähl mal, warum bist du schon wieder da?"
Noas Lächeln verschwand. „Ich bin nicht schon wieder da. Ich bin zu meinem angekündigten Zeitpunkt wieder hier eingetroffen und ihr ward nicht da. Ich habe mir schon Sorgen gemacht."
„Aber wir-"
Tony wurde durch Fynn unterbrochen, der einen Blick auf sein Handy geworfen hat. „Leute, Noa hat Recht. Heute ist der 21. Wir sind aber am 10. zur Ausgrabungsstätte aufgebrochen.", sagte er leise.
Medusa nahm ihm das Handy aus der Hand. „Das ist doch gar nicht möglich.", murmelte sie, „Wir waren elf Tage lang in der Pyramide?"
„Fallon Grabstätte."
Medusa winkte ab. „Ja, ja, aber wie ist das möglich?"
„Anscheinend vergeht die Zeit in der Pyramide anders.", vermutete Cassandra und wechselte einen Blick mit Fynn, „Gibt es so etwas wie einen Zeitzauber?"
Fynn nickte. „Den gibt es, aber ich habe keinen bemerkt."
Tony klatschte aufgeregt in die Hände. „Das ist ja cool! Schade, dass wir die Grabstätte nicht noch weiter untersuchen können."
Noa zog eine Augenbraue hoch. „Warum das denn nicht?"
„Sie ist im Sand versunken.", erwiderte Medusa trocken.
„Sie ist was?"
Erst jetzt fiel Noas Blick auf den Kovakristall. „Und was ist das? Ist das der Kovakristall?"
Jen seufzte. „Ich glaube wie haben dir eine ganze Menge zu erzählen."
Noa verschränkte die Arme. „Ich bitte darum."
Medusa begann zu grinsen. „Ich habe auch schon eine großartige Idee wo und wie genau wir das machen. Wir gehen in die Küche, Cassandra macht uns Pfannkuchen und wir erklären dir alles."
Jen verdrehte die Augen, „Du hast Hunger oder?"
„Natürlich. Ich habe schließlich seit elf Tagen nichts gegessen."

Medusa 3-Die Fallon GrabstätteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt