Kapitel 15

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Am nächsten Morgen wurden die Freunde durch lautes Poltern und Krachen geweckt. Noch in ihren Schlafklamotten durchforsteten sie das Zentrum auf der Suche nach der Quelle dieses Krachs, bis sie vor der Tür der Küche standen. Cassandra umklammerte den Besen in ihren Händen fester. Medusa sah sie verständnislos an. „Egal was auch da drin ist, mit einem Besen wirst du es nicht bezwingen."
„Das weiß ich! Aber es gibt mir Sicherheit.", entgegnete Cassandra leise und öffnete die Tür.
Ihnen klappte die Kinnlade herunter.
Sammy, die Zentrums Katze, hockte auf einem der hohen Schränkte und fauchte. Vor diesem Schrank saß ein kleiner Drache mit silbernen Schuppen, die wie kleine Diamanten in der Sonne funkelten, und wedelte aufgeregt mit dem Schwanz.
„Was zum Teufel!", rief Medusa aus, „Wo kommt der denn jetzt her?"
Tony, der hinter ihr den Raum betreten hatte, raufte sich die Haare. „Was macht ein Drache in meiner Küche!?"
Jetzt schien der Drache die Freunde bemerkt zu haben. Langsam drehte er sich zu ihnen um.
Cassandra schluckte. „Er guckt uns an."
Der Drache wedelte weiterhin mit dem Schwanz und sprang dann auf Noa zu, der reflexartig einen Schritt zurückmachte. Der Drache schlug einmal mit den Flügeln und schaffte es so sich an Noas Brust zu krallen. Mit einem zufriedenen Grunzen begann er sein Gesicht abzuschlecken. Noa schloss die Augen und versuchte den Drachen von sich wegzuschieben. Tony bemühte sich inzwischen darum Sammy dazu zu bewegen von dem Schrank zu kommen, doch der Kater weigerte sich und schaute nur mit vernichtenden Blick auf den Drachen.
Noa hatte begonnen ihn zu streicheln und dem Drachen schien es sichtlich zu gefallen, denn er schmiegte sich immer fester an ihn.
Medusa kicherte. „Also wirklich, Tony muss ich davon abhalten den Kristall anzuschmachten und jetzt sehe ich, wie du ihn mit einem Drachen betrügst. Das ist echt unglaublich."
Fynns Augen wurden groß. „Der Kristall! Natürlich."
Jen gähnte. „Wovon redest du bitte?"
Fynn machte einen Schritt auf den Drachen zu und streckte vorsichtig eine Hand aus. Der Drache legte den Kopf schief und beschnupperte seine Finger. Dann gab er ein erfreutes Quicken von sich und sprang von Noas in Fynns Arme. Dieser stolperte unter dem Gewicht ein paar Schritte zurück. „Du meine Güte.", stöhnte er, „Ist der Kleine schwer!"
Cassandra kicherte. „Aber süß ist er schon.", meinte sie und begann den Drachen zwischen den Ohren zu kraulen.
„Und was hat das jetzt mit dem Kristall zu tun?", harkte Medusa nach.
Fynn betrachtete unterdessen die kleine Kapsel, die der Drache um seinen Hals trug. „Dieser kleine Drache ist unser Kovakristall."
Tonys Augen wurden groß. „Aber wie ist das möglich?"
„Anscheinend war der Kovakristall nie wirklich ein Kristall.", überlegte Medusa laut, „In den Aufzeichnungen war doch keine genaue Form beschrieben. Er konnte alles sein und anscheinend ist der Kristall ein Drache, der zu einer Statue aus Kristall erstarrt ist."
Tony lief unruhig in der Küche hin und her. „Das verändert alles. Das ist eine ganz neue Wendung!"
Medusa verschränkte die Arme. „Noa? Wo habt ihr das Kühlmittel? Ich glaube Tonys Schaltkreise laufen heiß."
Tony blieb auf der Stelle stehen. „Sehr lustig. Wir müssen erstmal beweisen, dass dieser Drache wirklich unser Kristall ist."
„Was sollte er sonst sein?", fragte Cassandra und lachte auf, als der Drache ihr über das Gesicht schleckte.
„Vielleicht sollte irgendjemand mal nachsehen, ob der Kristall noch da ist, um deine Zweifel auszuräumen Brüderchen.", meinte Jen trocken.
„Das ist nicht nötig.", mischte sich Fynn wieder ein, „Ich habe gestern doch gesagt, dass es sich angefühlt hat, als würde der Kristall leben. Dieselbe Magie, die von dem Kristall ausging, geht von dem Kleinen hier aus. Er ist unser Kovakristall."
Tony ließ sich auf einen der Stühle fallen. „Wie soll ich das bloß dem Rat erklären?", murmelte er.
Medusa zuckte mit den Schultern. „Gar nicht. Sie wissen doch schon nichts von der Mission in die Pyramide, wieso sollten sie jetzt etwas hiervon wissen? Haltet ihn doch einfach als Haustier.", schlug sie vor.
Noa hatte es inzwischen geschafft Sammy von dem Schrank zu holen und strich ihm beruhigend durchs Fell, während der Kater den Drachen feindselig musterte. „Ich vermute, dass Sammy da etwas gegen hätte.", meinte er.
Der Drache wand sich aus Fynns Armen und landete elegant auf allen Vieren. Neugierig tapste er zu Medusa und schnüffelte an ihrer Schlafanzughose. Dann schnappte er danach. Medusa zog ihm den Stoff wieder aus dem Maul. „Das schmeckt doch nicht.", sagte sie und schaute sich in der Küche um, „Was habt ihr da, was einem kleinen Drachen schmecken könnte?"
Tony zuckte mit den Schultern. „Ich habe absolut keine Ahnung. Ich hatte es bis jetzt noch nie wirklich mit einem Drachen zu tun."
Jen ging in die Hocke und streichelte den Drachen. „Wächst der eigentlich noch?", überlegte sie.
„Kommt drauf an welche Rasse es ist.", entgegnete Fynn, „Manche Drachen wachsen noch erheblich und andere bleiben so klein. Da er aber schon fast so alt ist wie Medusa, denke ich, dass er schon ausgewachsen ist."
Der Drache lag inzwischen auf dem Boden und ließ sich von Jen den Bauch kraulen. „Ihm muss sicher schrecklich langweilig gewesen sein, so ganz allein in der Pyramide.", meinte sie.
„Naja, die meiste Zeit war er wohl ein Kristall.", bemerkte Medusa und lachte.
Tony fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. „Gut, keine Panik."
„Keiner schiebt hier Panik Tony.", meinte Medusa, „Wir alle sind ganz ruhig.
Tony rieb sich die Hände. „Gut, folgender Plan: Medusa, hast du die Hieroglyphen übersetzt?"
Medusa schüttelte den Kopf. „Bin darüber eingeschlafen."
„Gut, dann machst du dich an die Übersetzung. Wenn du damit fertig bist, bringst du sie ins Labor und wir versuchen etwas über den Kleinen hier herauszufinden. In irgendwelchen Büchern steht bestimmt etwas. Schließlich haben wir hier eine der größten Sammlungen von Büchern über Wesen."
Der Drache begann zu winseln und schaute Cassandra mit großen Augen an. „Können wir ihm nicht erst etwas zu essen geben? Er sieht so traurig aus."
„Na schön, du und Fynn habt Drachendienst und Jen, Noa, Medusa und ich gehen ein paar Bücher wälzen." Er stieß die Luft aus. „Das wird bestimmt den ganzen Tag dauern."
Jen schaute an sich herunter. „Können wir uns erstmal umziehen?"
Tony verdrehte die Augen. „Meinetwegen, aber bitte schnell. Die Bücher lesen sich nicht von selbst."

Medusa 3-Die Fallon GrabstätteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt