„Ich verziehe mich zum Telefonieren in mein Zimmer. Wollen Sie mitkommen?", fragte Cassandra und bog in den Gang ein, in dem sich ihr Zimmer befand. Medusa folgte ihr und schüttelte den Kopf. „Nein, telefonier du mal allein. Ich werde mich gleich wieder zu Noa und Jen setzen."
Cassandra blieb auf der Stelle stehen. „Warum folgen Sie mir dann? Soweit ich weiß liegt die Bibliothek in einer ganz anderen Richtung."
Medusa seufzte. „Ich wollte mit dir reden.", sagte sie nach einer kurzen Pause. Cassandra verlagerte ihr Gewicht auf das andere Bein. „Worüber denn?"
Medusa seufzte erneut. „Über dich und Fynn."
Cassandra zog die Stirn kraus. „Warum das denn? Haben wir was angestellt."
„Um Himmels Willen nein. Muss ich das wirklich noch verdeutlichen? Ich glaube, dass du ganz genau weißt wovon ich rede."
Cassandra knetete unruhig ihre Hände. „Ich weiß nicht wovon Sie reden."
Medusa schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Du musst dich entscheiden."
„Wofür denn?"
Jetzt schien Medusa der Kragen zu platzen. „Du magst ihn! Du magst ihm mehr als nur als einen Freund."
Cassandra stieß die Luft aus. „Das stimmt gar nicht.", protestierte sie.
Medusa verschränkte die Arme. „Ich bin nicht blind. Ich sehe, wenn sich etwas zwischen zwei Personen entwickelt. Ich wusste es seit ich euch das erste Mal zusammen gesehen habe. Ich habe gesehen wie Fynn dich angeschaut hat und weißt du was? Mit demselben Blick siehst du ihn an. Als wir hier angekommen sind und du Fynn gesehen hast, hattest du dieses Glitzern in den Augen und als Noa erwähnt hat, dass Fynn viel von dir erzählt hat, bist du rot geworden. Und auch in der Fallon Grabstätte. Ich habe euch beobachtet."
„Das war-"
Medusa hob einen Finger und brachte Cassandra zum Schweigen.
Etwas ruhiger fuhr sie fort.
„Cassandra, ich möchte nur nicht, dass er sich falsche Hoffnungen macht. Er hat eine Abfuhr von dir bekommen und er scheint diese fast vollständig überwunden zu haben."
Cassandra schaute zu Boden. „Ich weiß nicht, was los ist.", sagte sie leise, „Als ich ihn wiedergesehen habe...ach, ich weiß doch auch nicht."
Medusa legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Alles worum ich dich bitte ist, dass du dir darüber klar wirst. Werd' dir über deine Gefühle für ihn klar. Das ist besser für dich und besser für ihn."
Mit diesen Worten wandte sie sich von ihr ab und ließ Cassandra auf dem Flur stehen. Diese sah ihr mit klopfenden Herzen nach. Nachdenklich setzte sie sich wieder in Bewegung. Sie wusste nicht was sie fühlen sollte. Medusa lag nicht falsch. Etwas war anders zwischen ihnen. Etwas hatte sich verändert.
Sie schüttelte den Kopf.
Sie konnte keine Gefühle für ihn entwickelt haben. Sie hatten sich seit einem Jahr nicht gesehen. Das war gar nicht möglich.
Als sie an Fynn dachte, spürte sie wieder dieses kribbelnde Gefühl in ihrem Körper. Sie verscheuchte es. Selbst, wenn- Nein! Das konnte nicht sein.
Sie schluckte und öffnete die Tür zu ihrem Zimmer. Gerade wollte sie diese wieder hinter sich schließen, als sie tapsende Schritte auf dem steinernen Boden vernahm. Sie drehte sich um und entdeckte Blaze, der auf sie zu gerannt kam und vor ihr mit einem Ruck stehen blieb. Cassandra beugte sich zu ihm herunter.
„Ist dir der ganze mathematische Kram auch zu viel geworden?"
Der Drache legte den Kopf schief. Cassandra seufzte und richtete sich wieder auf. „Mir auch. Na komm schon mit rein."
Blaze folgte ihr ins Zimmer und sprang auf ihr Bett, wo er es sich gemütlich machte. Cassandra warf einen Blick aus dem Fenster. Die Sonne stand bereits tief. Sie ließ sich neben dem Drachen auf das Bett fallen und zog ihr Handy sowie den Zettel mit dem Text aus der Hosentasche. Sie suchte nach Maras Nummer und lauschte dem stetigen Tuten. Sie hätte ihr auch einfach eine Nachricht schreiben und ein Bild von dem Zettel anhängen können, aber es gab noch einen anderen Grund warum sie Mara anrufen wollte.
Endlich meldete sie sich. „Hallo Cassandra, es ist ja eine richtige Ehre, dass ich mal etwas von dir zu hören bekomme."
Cassandra kraulte Blaze, der seinen Kopf auf ihrem Schoß abgelegt hatte, zwischen den Ohren. „Ich habe dir doch eine Nachricht geschrieben, dass wir gut angekommen sind.", antwortete sie.
Am anderen Ende der Leitung hörte sie Mara aufstöhnen. „Das war vor fast zwei Wochen Cassandra. Ich habe schon gedacht du wärst in der Hitze zerflossen.
Cassandra schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. „Natürlich, die Grabstätte. Es tut mir leid Mara. Aber ich konnte mich wirklich nicht melden. Wir waren für elf Tage in einer Fallon Grabstätte eingeschlossen. Sie war wohl mit einem Zeitzauber belegt, denn uns kam es höchstens wie ein Tag vor."
Mara stieß die erstaunt die Luft aus. „Eine Fallon Grabstätte? Ich dachte die Fallongrabstätte wäre nur eine Legende."
Cassandra schüttelte den Kopf. „Nein, sie existiert wirklich, oder eher existierte."
„Kannst du mich vielleicht mal aufklären. Ich habe nämlich absolut keine Ahnung wovon du da überhaupt redest."
Cassandra spielte mit der kleinen Kugel, die um Blazes Hals hing. „Das ist eine sehr lange Geschichte. Diese Grabstätte ist der Grund, warum wir überhaupt nach Ägypten gekommen sind."
Schnell fasste sie die vergangenen Tage zusammen. Von dem Einstieg in die Grabstätte, bis zu dem Zeitpunkt, als der Drache aus dem Kristall geschlüpft war.
Als sie ihre Erzählungen beendet hatte, herrschte erstmal einige Minuten Stille am anderen Ende der Leitung, bis Cassandra annahm, dass Mara aufgelegt hatte.
„Mara? Bist du noch da?"
„Ja, bin ich. Mann, ich wünschte ich wäre dabei gewesen.", murmelte sie, „Und wobei braucht ihr jetzt genau meine Hilfe?"
Cassandra wiegte den Kopf hin und her. „Wir brauchen eher die Hilfe deines Vaters. An der Wand der Grabstätte waren Hieroglyphen abgebildet. Medusa hat sie übersetzt. Es sind einzelne Buchstaben. Fynn hat einen Zauber angewendet, der die Buchstaben in die richtige Reihenfolge gebracht hat, aber das ist irgendeine alte Sprache, die wir nicht kennen. Wir hatten gehofft, dass dein Vater weiß mit was für einer Sprache wir es zu tun haben. Ich schick dir ein Foto von dem Zettel, warte kurz."
Sie nahm das Handy vom Ohr und fotografierte das Stück Papier.
Dann meldete sie sich wieder. „Hast du es bekommen?"
„Ja, ich war ja etwas beleidigt, dass ihr mich nicht nach Hilfe gefragt habt, aber ich weiß sowieso nicht was das für eine Sprache ist. Ich werde meinen Vater fragen. Er weiß vielleicht wirklich um was für eine Sprache es sich handelt. Er hat einen Faibel dafür."
„Danke Mara. Das würde uns wirklich sehr helfen."
Cassandra zögerte kurz. Mara seufzte. „Was ist los?"
„Es geht um Fynn."
„Oh meine Güte. Mit Beziehungsstress geh bitte zu Amber. Das ertrage ich nicht."
„Nein, ich brauche deine Hilfe. Ich brauche die Hilfe einer anderen Fee."
Jetzt klang Mara wieder interessiert. „Schieß los, ich bin ganz Ohr."
„Fynn hat Angst vor seiner Magie.", platzte es aus Cassandra heraus, „Und ich weiß nicht wie ich ihm helfen kann."
„Jetzt mal ganz langsam. Wir beginnen ganz am Anfang. Warum hat er Angst?"
Cassandra kaute an ihren Fingernägeln. „Es macht ihm Angst, dass es so viel ist. Er sagt, dass er sich davor fürchtet, dass er die Kontrolle verliert. Er weiß nicht, ob er so viel Magie überhaupt besitzen sollte."
„Ist er denn stärker geworden?"
„Kann sein. Ja, ist er. Er ist definitiv stärker geworden. Seine Augen beginnen teilweise zu leuchten."
Am anderen Ende der Leitung herrschte wieder Stille.
„Mara? Was hat das zu bedeuten? Woher kommt seine neue Magie? Ist es etwas schlimmes?"
„Beruhige dich. Es ist an sich nichts schlimmes. Es ist nur kompliziert."
„Du weißt also woher seinen neuen Kräfte kommen?"
„Ich habe eine Vermutung und versuche mir gerade eine Erklärung zurecht zu legen, die auch du verstehst."
„Also bitte-"
„Gut, bist du bereit für eine komplizierte Erklärung?"
„Eigentlich nicht."
„Egal, wo fange ich da bloß an? Wenn zwei Feen das Chi- Ritual eingehen, erhalten beide ihre vollen Kräfte. Soweit klar?"
„Ja."
„Gut. „Eine Kette?"
„Meinetwegen auch das. Er braucht so etwas, zumindest, bis er mit sich im Reinen ist. Ihr packt das schon, da bin ich mir ganz sicher. Ich kümmere mich um den Text."
Mit diesen Worten legte sie auf. Cassandra starrte sprachlos auf ihr Handy. Konnte Mara sich denn nie verabschieden?
Blaze streckte sich und gähnte, wobei eine schwache Rauchfahne aus seinem Mund aufstieg.
„Fackel mir hier bloß nichts ab, mein Kleiner.", kicherte Cassandra und hob ihn stöhnend hoch. „Komm, wir gehen die anderen suchen. Vielleicht haben sie ja endlich herausgefunden was du bist. Außerdem muss ich Fynn von Maras Vermutung erzählen."
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Medusa 3-Die Fallon Grabstätte
Fantasy*abgeschlossen/ unüberarbeitet „Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist gelb." Noa verdrehte die Augen. „Sand?" Medusa stöhnte auf. „Ich verstehe immer noch nicht, warum wir diese blöde Patrouille überhaupt machen. Musst du nachschauen, ob noc...