Kapitel 20

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Ein lautes Krachen reißt mich unsanft aus dem Schlaf. Erschrocken fahre ich hoch und versuche, den Ursprung des Geräusches ausfindig zu machen, aber mir fällt nicht ein, was es sein könnte. Plötzlich wird mein Zimmer erhellt und augenblicklich ertönt wieder dieses ohrenbetäubende Dröhnen, das so klingt, als würde gerade die Welt untergehen.
Da fällt es mir schlagartig wieder ein. Das ist das Gewitter, des angekündigt wurde!
"Wie viel Uhr ist es denn überhaupt?", murmle ich vor mich hin, als schon der nächste Blitz den Himmel überzieht, gefolgt von einem Donner, der direkt aus der Hölle kommen könnte.
Als ich endlich den Lichtschalter finde, merke ich, dass es erst 3 Uhr morgens ist.
"Schlafen kann ich jetzt auf jeden Fall nicht mehr."
Ich beschließe also, aufzustehen und erstmal etwas zu essen.
Nach ca. einer Stunde, die ich im Haus verbracht habe, mache ich mich fertig, um zu den Tieren zu gehen, immerhin hab ich mir ja vorgenommen, sie den Sturm über zu beruhigen.
"Mist! Wo ist denn der Regenschirm?", fluche ich, als ich verzweifelt meinen Schrank durchsuche. Aber es hilft nichts. Er ist nirgends aufzufinden.
"Dann muss ich wohl oder übel durch den schüttenden Regen laufen.", seufze ich.
Sobald ich aus der Haustür draußen bin, renne ich los, um noch einigermaßen trocken beim Stall anzukommen, was mir nicht gerade gelingt.
Ich hüpfe über den Zaun, der die Weide abgrenzt und sprinte die letzten Meter zur Stalltür. Es fühlt sich an, als könnte ich mit dieser Geschwindigkeit einen neuen Weltrekord brechen, so schnell wie ich an der Tür angelangt bin.
Als ich endlich drinnen bin, ziehe ich die Tür schnell hinter mir zu, um dem Wind keine Chance zu geben, Stroh und Heu umherzuwirbeln.
Blueberry und Brownie kommen als erstes auf mich zugelaufen.
"Na ihr zwei? Jetzt müsst ihr keine Angst mehr haben.", rede ich beruhigend auf die zwei aufgeschreckten Hühner ein, die sich nun an meine Beine schmiegen.
Ich versuche vorsichtig bis zum nächsten Strohhaufen zu gelangen, um mich dort niederlassen und voll und ganz auf meine Tiere konzentrieren zu können.
Sobald ich im Stroh sitze, hüpfen Cookie, Sugar und Mint auf meinen Schoß und verlangen somit, dass ich sie beschütze. Zudem kommt noch, dass meine 3 Kühe sich jetzt auch auf den Weg zu mir machen, weil diese ja schließlich auch einen Beschützer wollen.
"Ich hab euch Drei ja noch gar keine Namen gegeben.", fällt mir auf, als sie es sich um mich herum gemütlich machen, "Naja, ich hab ja heute noch genug Zeit um mir Namen auszudenken."
Das denke ich jetzt, aber mir wird im Laufe Tages noch relativ schnell bewusst, wie schwierig es ist, sich Namen auszudenken, wenn man darüber nachdenkt.
Ich rede einfach vor mich hin, um sowohl mich als auch die Tiere abzulenken und merke, dass ich irgendwie immer müder werde.
Und obwohl ich vor ein paar Stunden noch dachte, dass ich nicht mehr so schnell einschlafe, gleite ich langsam ins Land der Träume.

Als mich etwas leicht an der Schulter anstupst, wache ich langsam wieder auf.
"Hmm? Was ist los?", frage ich verschlafen, noch nicht in der Lage, die Augen zu öffnen.
Ich rieche Heu. Warte, warum rieche ich Heu? Und warum höre ich Kühe?
Endlich schaffe ich es, einen Blick in den Raum zu werfen, in dem ich eingeschlafen bin.
"Stimmt ja. Ich bin ja bei meinen Tieren, um ihnen durch den Sturm zu helfen.", fällt mir plötzlich wieder ein, "Und das Stupsen war anscheinend von einer meiner Kühe."
Ich frage mich, wie viel Uhr es ist. Das kann ich allerdings nicht herausfinden, weil ich einerseits keine Uhr dabei habe und andererseits das Gewitter den Himmel so verdunkelt, dass ich die Tageszeit nicht mal durch die Helligkeit abschätzen kann.
Da die Hühner bis jetzt noch nicht von mir runtergegangen sind, kann ich immer noch nicht bewegen, geschweige denn aufstehen, aber das will ich jetzt sowieso nicht, weil es echt gemütlich sein kann, so unter Tieren begraben zu sein.
Ich lehne mich zurück und rede wieder beruhigend auf meine "Kinder" ein, während immer wieder neue Blitze den Himmel erhellen. Es ist schon fast ein Wunder, dass ich trotz des Gewitters nochmal eingeschlafen bin, weil der Donner, der alle par Sekunden kommt, echt lauter ist, als bei allen vorherigen Stürmen, die ich mitbekommen habe.
Und wieder zuckt ein Blitz quer über den ergrauten Himmel. Ich bin froh, dass Robin so eine gute Schreinerin ist, sodass die Hütte komplett dicht ist und zudem sogar einen Blitzableiter hat. Ohne wäre ich wahrscheinlich aufgeschmissen.
Zwischen dem Donner höre ich plötzlich noch ein anderes Geräusch. Und es ist nicht der Regen, der die ganze Zeit laut aufs Dach prasselt.
Es ist leiser, aber doch so laut, dass ich es gerade so bemerke.
Ich schiebe vorsichtig die Hühner von meinem Schoß und gehe ans Fenster.
"Hmmm... erkennen kann ich nichts.", murmle ich vor mir hin, als ich so in den Regen hinausschaue.
Doch als erneut ein Blitz die Umgebung erleuchtet, kann ich auf einmal eine Silhouette vor meiner Hütte erkennen. Irgendwie sieht es etwas creepy aus, aber trotzdem muss ich der Sache auf den Grund gehen.
"Wer kann das nur sein?", frage ich mich, als ich mich auf den Weg zur Tür mache.
"Alles gut. Ich bin gleich wieder da.", beruhige ich noch meine Tiere, bevor ich die Tür öffne und in den Regen verschwinde.
"Komm schon Niko, lass mich rein. Ich will hier nicht die ganze Zeit im Regen stehen bleiben.", höre ich von weitem. Die Stimme kommt mir bekannt vor, aber ich kann sie noch niemanden zuordnen.
Ich renne durch den Regen auf die Person zu und nehme mir gleichzeitig vor, mir ein Handtuch und eine Uhr mitzunehmen, wenn ich zurück zu den Tieren gehe.
Als ich nur noch wenige Meter entfernt bin, erkenne ich endlich, wer hier die ganze Zeit ruft. Es ist Alex.
"Ok, dann geh ich halt, wenn du mich nicht hier haben willst. Ich weiß nicht, was ich dir getan hab, dass du mich einfach hier draußen stehen lässt. Und ich dachte, wir wären Freunde."
"Sind wir ja auch, aber wenn ich nicht daheim bin, kann ich dich schlecht reinlassen.", lache ich hinter ihm.
"Huh? Niko? Da bist du ja! Und ich dachte wirklich, du lässt mich jetzt einfach hier stehen.", jetzt fängt auch er an zu lachen, "Warum bist du denn nicht zu Hause so wie jeder andere normale Mensch auch."
"Weil ich zufällig, anders als jeder normale Mensch, Kühe und Hühner habe, die sich bei dem lauten Donner fürchten und ich deswegen bei ihnen im Stall bin, um sie zu beruhigen.", antworte ich, während ich die Tür aufschließe.
"Ja gut, des ergibt schon Sinn. Soll ich dir dabei Gesellschaft leisten? Ich bin ja sowieso deswegen gekommen, also könnte ich mich ja mit dir in den Stall reinsetzen.", schlägt er vor.
"Wenn du willst, gerne. Hast du zufällig einen Regenschirm dabei? Ich finde meinen nicht und diesmal will ich einigermaßen trocken ankommen."
"Jap, hab ich dabei."
"Perfekt, ich hol mir nur noch schnell ein Handtuch und eine Uhr und dann können wir los."
Während ich meine Uhr nehme, sehe ich noch eine Decke im Augenwinkel und entschließe mich kurzerhand, diese auch noch mitzunehmen.
"So, ich hab alles. Wir können los."
"Perfekt. Den Schirm hab ich. Auf in den Regen.", sagt Alex lachend, während er die Schirm gen Himmel streckt.
Wir laufen nebeneinander Richtung Stall und albern umher, als wären wir schon ewig befreundet.
"Puh, endlich wieder im Trockenen.", seufze ich, als wir die Tür hinter uns schließen.
Sofort kommen meine Tiere auf mich zu und die Kühe stupsen mich so oft an, bis ich beinahe umfalle.
"Ey. Alles gut. Ich bin ja wieder da.", lache ich, als ich sie vorsichtig von mir wegschiebe.
"Sie scheinen dich ja echt wirklich zu lieben."
"Ja. Mittlerweile haben sie mich echt liebgewonnen.", sage ich mit einem lächelnden Blick auf die Tiere, "Und ich sie erst recht. Sie sind wie eine Familie. Komm, lass uns das Stroh ein bisschen zusammenschieben, damit wir uns gscheid hinsetzen können."
Wir machen uns 2 "Sessel" aus Stroh und lassen uns reinsinken. Augenblicklich hüpfen die Hühner wieder auf meinen Schoß und schmiegen sich an mich.
"Ok, jetzt kann ich verstehen, warum du hier gewesen bist.", lacht Alex, als er das Spektakel sieht.
"Lach nicht. Sie halten mich wenigstens warm im Gegensatz zu dir. Du musst allein frieren. Muhahaha.", mein gespieltes teuflisches Lachen verwandelt sich in einen ausgeprägten Lachflash in den Alex mit einstimmt.
Wir blödeln immer mehr herum, sodass wir das Gewitter fast vollständig vergessen, wenn da nicht immer der Donner wäre, der uns sehr laut an die jetzige Situation erinnert.
"Früher haben wir immer alle zusammen gespielt. Also Sam, Sebastian, ich und die anderen. Irgendwann hat sich des aber dann gedreht, weil ich mich mehr auf den Sport konzentrieren wollte. Eigentlich schade, weil ich die gemeinsame Zeit immer sehr genossen habe.", erzählt Alex plötzlich von früher, "Ich weiß, des kommt jetzt voll random, aber irgendwie brauche ich grad jemanden, mit dem ich darüber reden kann, wie ich so ein Einzelgänger geworden bin."
"Alles gut. Ich höre gerne zu, wenn du reden willst. Ich weiß zwar nicht, ob ich gute Tipps geben kann, aber zuhören kann ich auf jeden Fall."
"Ich hab ja schon einmal das Thema mit meinen Eltern angeschnitten und keine Ahnung, irgendwie fühlt es sich jetzt wie der richtige Moment an, dir von meiner Mutter zu erzählen.", er stockt kurz, um sich zu sammeln. Ich lasse ihm alle Zeit der Welt, denn das Thema scheint ihm echt viel zu bedeuten.
"Ich hab nicht mehr so viele Erinnerungen an sie. Es... ist dieses Jahr 12 Jahre her, seitdem sie weg ist. 12 Jahre, in denen ich meine Gefühle für mich behalten habe. 12 Jahre, in denen ich alleine mit allem klar kommen musste. 12 verdammte Jahre, in denen ich so gut wie jeden Tag darüber nachdenken musste. Über ihre Lebensfreude, die Stück für Stück von der Krankheit zerstört wurde. Über ihre glänzenden Augen, die langsam immer matter wurden. Über ihre Stimme, die immer schwächer zu mir sagte, dass ich meine Träume und Ziele verfolgen und nicht zurückschauen soll. Ihr Lachen, das ganz langsam mit ihr starb. Vor 12 Jahren ist sie gestorben, Niko, kannst du das verstehen?", nachdem er die ganze Zeit auf seine Hände gestarrt hat, kommt es für mich unerwartet, dass er mich im letzten Satz plötzlich anschaut. Und was ich in seinen Augen sehe, zerbricht mich innerlich vor Mitleid. Ich sehe einen gebrochenen jungen Mann, der mir unter Tränen erzählt, was ihn beschäftigt. Nein, nicht nur beschäftigt, richtig fertig macht.
Ich schieb mal wieder vorsichtig die Hühner von meinem Schoß und gehe zu ihm rüber. Ich setze mich neben ihn ins Stroh und lege meinen Arm um seine Schulter, um ihm zu signalisieren, dass ich da bin, dass ich ihm zuhöre.
Er fängt hemmungslos an zu weinen und ich bleibe einfach neben ihm sitzen und halte ihn fest. Ich gebe ihm den Halt, den er wahrscheinlich die letzten Jahre schon gebraucht hätte. Ich bin einfach für ihn da in einer Zeit, die er sonst allein hätte durchstehen müssen.
Sein ganzer Körper bebt in meinen Armen und eine lange Zeit hört man nur sein Weinen und Schluchzen, neben dem Donner, der unaufhörlich regelmäßig zu hören ist.
Als er sich nach etwas später wieder ein bisschen gefangen hat, setzt er wieder zum Sprechen an. Abgehackt und mit einer Stimme, die wieder kurz vorm Weinen steht.
"Und mein Vater? Nein, Vater kann ich ihn nicht nennen. Mein Erzeuger, er hat sich einfach vom Acker gemacht. Zuerst hat er Mama jahrelang mit seinem Alkoholproblem zu schaffen gemacht, wodurch er auch noch gewalttätig wurde und anschließend, als es ihr dann immer schlechter ging, ist er einfach abgehauen und hat uns links liegen gelassen. War aber wahrscheinlich besser so, sonst hätte Mama es vielleicht nicht mehr so lang ausgehalten, wie jetzt."
Er fängt wieder stärker an, zu Schluchzen, aber lässt diesmal nicht alles raus.
"Hätte ich nur mehr Zeit mit ihr gehabt. Hätte ich nur die Zeit mit ihr mehr geschätzt. Jetzt ist sie weg. Für immer. Und ich bin Schuld, dass ich mich nicht an die gemeinsame Zeit erinnere."
"Hey, rede nicht so über dich. Du warst ein Kind, dein Erzeuger war gewalttätig und deine Mutter war krank. Du hast nicht wissen können was passiert und du hast es wahrscheinlich auch nicht verstanden. Ich weiß nicht, was ich noch tun oder sagen kann, damit du dich besser fühlst, aber ich weiß, dass ich immer für dich da sein werde. Egal was kommt. Darauf kannst du dich verlassen."
Er schluchzt immer noch oft, aber es wird weniger.
"Danke. Danke, dass du einfach da bist."
"Kein Ding. Ich bin gern für Freunde da. Das war jetzt sicher anstrengend für dich. Willst du dich vielleicht hinlegen und versuchen ein bisschen zu schlafen?", schlage ich vor.
Ich weiß, wie ermüdend es ist, wenn man einmal seinen Gefühlen freien Lauf lässt.
"Wäre wahrscheinlich eine ganz gute Idee."
Ich richte ihm eine schöne Liegefläche aus dem Stroh und breite die Decke darüber aus, damit er sich hinlegen kann.
"Es ist sowieso schon spät. Schlaf dich aus Alex, vielleicht wird es dir danach besser gehen." Sag ich noch zu ihm bevor er die Augen schließt.
"Nochmal danke Niko.", sagt er müde, als er die Augen schließt.
Nach einiger Zeit entschließe auch ich mich, schlafen zu gehen. Allerdings will ich Alex jetzt nicht hier allein lassen und der Sturm hat auch noch nicht aufgehört, deswegen schlafe ich für die eine Nacht einfach hier. Vorhin hab ich in einer Ecke vom Stall noch eine Decke gesehen, die ich mir jetzt nehme, und richte mir somit einen schönen Schlafplatz.
Als Kopfkissen benutze ich eine meiner Kühe, welche sich als sehr gemütlich erweist und es auch bedingungslos zulässt.
"Gute Nacht ihr Großen.", sage ich noch, bevor ich meine Augen schließe und langsam in den Schlaf gleite.

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Another Mittwoch, another Kapitel😂😂
Ich weiß, es kommt echt spät, aaaaber es ist noch Mittwoch😂
Es ist unglaublich😂sobald ich Urlaub habe, ist mein komplettes Zeitgefühl kaputt. Ich hab erst um 3 oder so gemerkt, das schon wieder Mittwoch ist und ich das Kapitel noch fertigschreiben muss🤷🏽‍♀️
Anyways, kleine Vorwarnung, es kann sein, dass nächste Woche kein Kapitel kommt, weil ich da im Urlaub bin und nicht weiß, ob ich zum schreiben komme (wir werden sehr viel wandern und so) und deswegen verspreche ich mal nicht, dass eins kommt.
Wenn eins kommt, dann habt ihr Glück und wenn nicht, dann sorry, dann kommt übernächste Woche wieder eins.
Naja, schöne restliche Woche noch und habt ne schöne Zeit✨✨
Bis bald👋🏼
Euer Nonbinary-Disaster😜

Ein neuer Anfang • Eine boyxboy Stardew Valley FfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt