Kaltblütig

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Es war schon ein seltsamer Anblick den Bohrer dabei zu beobachten, wie er sich Stück für Stück in die Außenhülle des fremden Schiffes fraß, ohne dass irgendein Geräusch in den Innenraum des Narub drang. Swakesh und sein Team spürten lediglich ein paar leichte Vibrationen. Der kreisrunde Bohrkopf besaß mehrere Federungs- und Dämpfungsmechanismen. Offenbar hatten Marweis Ingenieure ganze Arbeit geleistet.  „Der Widerstand wird geringer, wir müssten in ein paar Pareks durch sein.“  Ebenso wie die Piloten, beobachteten auch die Techniker ständig die Anzeigen des Bohrers.

Swakesh wandte sich an die Soldaten. „Ich möchte, dass ihr zuerst durch die Schleuse geht und den Bereich rund um den Einstieg sichert, damit wir ihnen gefahrlos folgen können.“ Er hatte die Gelegenheit schnell erkannt und war sich darüber im Klaren, dass er nur einen Versuch hatte. Alles würde von den Piloten abhängen.

„Verstanden, wir sichern den Eingangsbereich!“  Offenbar hatte das Spezialkommando einen Teamführer, es gab jedoch nichts an dessen Uniform, was ihn als solchen ausgewiesen hätte.

Die Vibrationen im Inneren des Narub ließen nach, über den sich zurückziehenden Bohrkopf, schob sich die ebenfalls kreisrunde Andockschleuse  und verdeckte  die neu entstandene Öffnung. Was nun folgte war die Versiegelung mit Hilfe des Spezialschaums, um eine Atmosphäre innerhalb der Schleuse zu etablieren. Swakesh stieß sich leicht ab und schwebte zu den Ingenieuren hinüber  in die Nähe des Bedienpults der Schleusensteuerung. Sie verstanden sofort worauf er hinaus wollte und nickten zustimmend. Neben dem speziellen Versiegelungsmechanismus verfügte die Schleusenkonstruktion über eine Notfallabkopplung für den Fall, dass am fremden Objekt unvorhersehbare Probleme auftreten. Um eine versehentliche Auslösung zu vermeiden, wurde der Schalter dieser speziellen Vorrichtung von einem Glasdeckel geschützt.

Die Techniker widmeten sich der Bedienung der Antennenanlage zur Atmosphärenmessung mittels Radio-Okkultation. Dabei wird eine kleine Sonde in das Objekt geschossen, die Funksignale sendet, um etwaige atmosphärische Zustände zu messen, wie  Druck, Temperatur oder Luftfeuchtigkeit. Gebannt starrten Swakesh und sein Team auf die Anzeigen, es gab im Inneren von SWAK 74 tatsächlich eine Atmosphäre, Stickstoff und Sauerstoff waren vorhanden, wenn auch in geringen Mengen. Die Techniker warfen die Pumpen an und aus zwei Tanks im Laderaum des Narub strömten Stickstoff und Sauerstoff ins Innere der Areion. Dabei beobachteten die Techniker genau die Messwerte, der ganze Vorgang dauerte gut 30 Pareks.

Während sich eine Atmosphäre im Objekt ausbreitete wandte sich Swakesh im Flüsterton an den Techniker. „Haben wir genug für einen zweiten Versuch?“  

Der Techniker machte ein ernstes Gesicht. „Kommt darauf an wie lange es dauert und wie viel Atmosphäre wir dabei verlieren. Es muss auf jeden Fall schnell gehen. Was ist mit den Piloten?

„Das werden wir sehen wenn es soweit ist.“

Der zweite Techniker erhob sich vom Bedienpult und griff nach dem Helm seines Druckanzugs. „Meine Herren, die Atmosphäre steht und wir können dein Eintritt wagen. Die Passagiere im Kampfanzug haben den Vortritt.“

Die Piloten setzten die Helme auf und auch Swakesh befestigte die luftdichte Rasterung des Helms am Kragen. Bei den Druckanzügen handelte es sich nicht um Raumanzüge im Eigentlichen Sinne, die Mannschaft sollte nur vor einem Druckabfall und Sauerstoffverlust im Inneren des Narub oder SWAK74 geschützt werden. Gegen die extremen Temperaturunterschiede im Strahlungsbereich des weißen Zwergsterns oder der Dunkelheit des Alls boten sie keinerlei Schutz.  Die Kommunikation erfolgte von nun an über Funk.

„Schleusenöffnung auf Null! Fünf, vier, drei, zwei, eins, … Öffnung!“ Der Techniker betätigte den Auslöser und die Tür der Schleuse öffnete sich nahezu geräuschlos. Swakesh wirkte beinahe etwas enttäuscht, aus irgendeinem Grund hat er ein lautes Zischen erwartet.

Areion - Das letzte EchoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt