Der feine Herr

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Auf die Genehmigung für die Dienstreise musste er nicht lange warten, zumal nach einer EMW Ortung fast immer ein Besuch der Nachtseite ansteht. Die Forschungseinrichtung Kautor98 an der Swakesh arbeitete gehörte zu einem größeren Komplex, der die unterschiedlichsten Fachbereiche umfasste. Dabei handelte es sich nicht um eine Einrichtung die zu einem Unternehmen gehörte, sondern um eine staatliche Lehr- und Forschungsstätte.  Gerade als er den Eingang des Genehmigungsschreibens  auf seinem Bildschirm registriert hatte, betrat sein Kollege Ingraph den Raum und begrüßte Swakesh mit einer beiläufigen Geste.

„Na, hast Du auch eine Taschenlampe dabei, damit du dich im Dunkeln zurechtfindest?“ Er grinste. „Du weißt genau wie sehr ich solche Ausflüge liebe.“ Swakesh blickte ernst auf den Schirm. 

Ingraph war etwas  kleiner als sein hagerer Kollege, dafür aber deutlich fülliger. Im Gegensatz zu Swakesh besaß er ein freundliches Wesen und war offener für neue Dinge. Während des Krieges hatte ihn seine schlechte physische Kondition vor direkten Kampfeinsätzen bewahrt.  Wie immer lehnte er sich an die Wand von Swaks Büro, anstatt einen der Stühle zu benutzen.

„Du hast wirklich keinen Grund Dich zu beklagen, immerhin wird das Ding nach Dir benannt und außerdem ist es in diesen unruhigen Zeiten durchaus wünschenswert mal außer Landes zu kommen.“

Swakesh machte noch immer ein griesgrämiges Gesicht „Was für großartige Wahlmöglichkeiten, hinter der rechten Tür wartet eine lange Reise in ein Gebiet voll ewiger Dunkelheit auf mich und hinter der linken Tür Unruhen auf den Straßen. Da fällt die Entscheidung nicht leicht.“ 

Ingraphs Grinsen weitete sich zu einem breiten Lächeln. „Hauptsache die große Entdeckung trägt Deinen Namen SWAK74.“ 

„Naja, wenigstens kann ich Gantum 1 genauer in Augenschein nehmen, ich habe gehört die haben sich die neue Ausrüstung einiges kosten lassen. Kommst Du überhaupt ohne mich zurecht oder rennen Dir die Radikalen die Bude ein während ich weg bin?“

Ingraph überkam eine gewisse Nachdenklichkeit, er beugte sich vor und blickte ernst zu Swak hinüber. „Mal ganz im Ernst, ich habe immer gedacht, dass diese Parolen hier keinen Anklang finden würden, aber hier und da habe ich den einen oder anderen Studenten mit deren Erkennungszeichen gesehen.“

Swakesh nippte an seinem Akok Tee. „Die Krise macht alle verrückt mein Freund, seit ein paar weißen Kreisen warten die Leute nun schon auf mehr Arbeit. Es war nur eine Frage der Zeit, bis DIE darauf kommen würden daraus Kapital zu schlagen. Es ist ja nicht die erste Krise seit dem Krieg und  die Leute sind es leid in immer kürzeren Abständen wählen zu gehen.“

Ingraph blickte immer noch ernst. „Ich höre immer wieder früher, früher, früher war alles besser.   Als sie unterm Waffenrock des geliebten Herrschers ein wohliges Zuhause hatten und mit Hochgenuss die Scheiße seiner Hochwohlgeboren fraßen. Schau Dir doch unser leitendes Personal an und zeig mir einen der  seine Stelle nicht schon vor dem Krieg gehabt hätte. Sie wollen alle ihren Monarchen zurück. “

Swakesh stellte den Tee ab und hob seine Tasche auf den Schreibtisch. „Und Du bist sicher, dass ich dich hier allein lassen  kann?“

„Klar, ich halte die letzte Festung der Vernunft – einer muss es ja machen, wenn der feine Herr seine große Entdeckung begutachtet.“

Jetzt hatte er Swakesh tatsächlich ein kurzes Grinsen abgerungen. „Du darfst meine Feiertagsuniform bügeln.“

Während Ingraph und Swakesh dieses Gespräch führten, stritten die gewählten Parteien im Sprecherhaus erbittert  über eine Lösung der Wirtschaftskrise, es war die Größte seit dem Ende des Krieges.  Ein Kompromiss wäre jederzeit möglich gewesen.

Areion - Das letzte EchoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt