Kapitel 33

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Sobald die Wachen uns erblickt hatten, lief einer von ihnen in den Palast hinein, während der andere uns entgegen kam. Ich schluckte nervös - denn der König würde gleich von unserer Ankunft erfahren. "Mein Prinz! Ihr seid zurück!", rief die Wache erfreut und verbeugte sich vor Legolas. Dieser nickte nur knapp, doch auch seine Lippen umspielten ein Lächeln. Als der Blick der Wache auf mich fiel, verdunkelte er sich und das erfreute Lächeln verschwand. Auch wenn ich mich unter dem Blick der Wache unwohl fühlte hielt ich ihm stand. "Mein Prinz, wir haben den Befehl erhalten, Auriel fest zu nehmen, wenn wir sie sehen. Ich werde sie mitnehmen müssen", wandte sich die Wache schließlich an Legolas. Bitte was? Ich hatte ja erwartet, dass der König wütend auf mich sein würde, aber so etwas? Legolas' Gesichtsausdruck veränderte sich. "Das wird nicht nötig sein. Sie steht unter meinem Schutz." Die Wache schien nervös zu werden und wiederholte: "Es ist der Befehl des Königs. Ich werde sie mitnehmen müssen." Legolas wollte schon widersprechen, doch ich legte meine Hand auf seinen Arm und schüttelte den Kopf. "Es ist in Ordnung. Rede mit deinem Vater", murmelte ich. Ich hatte bewusst gegen einen direkten Befehl des Königs verstoßen und auch wenn ich jetzt mit Legolas verlobt war, sah ich keinen Grund darin, mich beim König in noch mehr Ungnade zu versetzten. 

Legolas könnte mit seinem Vater reden und ihm alles erklären. Solange würde ich es schon in den Verliesen aushalten. Immerhin war ich auch schon in Minas Morgul gewesen und hier waren die Verhältnisse bei weitem nicht so schlimm wie in der Orkfestung. Legolas zögerte, doch nachdem Gandalf ihm seine Hand auf die Schulter gelegt hatte, nickte er schließlich. "Aber wehe ihr krümmt ihr auch nur ein Haar", drohte er der Wache, die bereits meinen Arm gepackt hatte. Nach einem hastigen Nicken, führte diese mich zum Tor. Ich warf einen letzten Blick über meine Schulter und lächelte Legolas ermutigend zu, dann richtete ich meine Aufmerksamkeit auf den Weg. Wir liefen die gewundenen Holzpfade entlang, die mir so vertraut und doch so fremd vorkamen. Die Elben, denen wir begegneten, blickten mich teilweise misstrauisch und teilweise überrascht an. Einige von ihnen kannte ich und sie fragten sich sicherlich entweder, wo ich gewesen war und wieso ich von einer Wache geführt wurde, weil sie mich trotz meines veränderten Aussehens erkannten oder sie wunderten sich, wer diese neue Elbe war. Es ging immer tiefer, bis das Holz von grobem Gestein abgelöst wurde und wir bei den Zellen stehen blieben. Die Wache sperrte die Tür auf und ich lief ohne Widerstand hinein. Dann schloss der Elb die Tür ab und ging.

Ich setzte mich auf den kalten Boden der Zelle und lehnte mich gegen die Wand. Was hatte ich mir da nur eingebrockt? Eingesperrt in einer Zelle, dafür, dass ich Angst davor hatte, meine Vision würde nicht wahr werden. Ich schloss meine Augen und dachte nach. Wo ich schon in einer Zelle eingesperrt war, könnte ich die Zeit wenigstens dafür nutzen, weiter über die Vision und das plötzliche Ziehen in meinen Händen nachzugrübeln. Könnte das eine Wohlmöglich mit dem anderen zusammen hängen? Es war definitiv möglich nur konnte ich mir auch nicht denken, wie es zusammen hängen könnte. Ich wartete. Die Feuchtigkeit der Zelle hatte sich bereits in meine Kleidung gesaugt, doch ich fröstelte noch lange nicht. Aus Langeweile fuhr ich mit meinen Fingerspitzen über die Kette, welche um meinen Hals hing. Plötzlich ertönte eine Stimme, die von überall her zu kommen schien. "Sei wachsam. Bald wird er das bekommen, was er sich ersehnt." "Was?", fragte ich verwirrt und stand auf, lief zu der Zellentür. Aber ich sah niemanden. Wer hatte das gerade gesagt?

Einige Momente stand ich noch am Eingang und versuchte durch die Gitterstäbe jemanden zu erkennen. Doch als ich niemanden entdecken konnte, setzte ich mich erneut auf den Boden und wartete weiter. Nach einiger Zeit drangen Schritte an mein Ohr. Zwei Wachen kamen an meine Zelle und sperrten diese auf. Ohne etwas zu sagen trat ich aus der Zelle und ließ mich von den Wachen durch die Gänge führen. Wir liefen zum Thronsaal. Hoffentlich hatte Legolas seinen Vater besänftigen können. Aber auch wenn nicht, würde ich mich dem König stellen. Als die beiden Wachen mit mir vor den Türen des Thronsaales stehen blieben, schluckte ich schwer. Was würde mich hinter dieser Tür erwarten? Ich hatte keine Zeit darüber nachzudenken, denn die beiden Wachen klopften an die Türen und öffneten sie. Der König saß auf seinem Thron und blickte auf mich herab, während in den Thronsaal betrat. Ich war schon dabei, meinen Blick zu senken, doch entschied mich dagegen. Die Wachen traten zu Seite und ließen uns alleine. Legolas konnte ich nirgends entdecken.

Zögerlich verbeugte ich mich und begrüßte Legolas Vater. Der König musterte mich von oben bis unten, bevor er ohne Emotionen in der Stimme feststellte: "Du bist zurück gekehrt." Ich nickte kaum merklich. "Und wie mir scheint, hast du dich verändert." Wieder nickte ich, denn noch traute ich mich nicht, mit ihm zu reden. Der König beugte sich auf seinem Thron vor. "Was ist zwischen dir und meinem Sohn vorgefallen?", fragte er, scheinbar unwissend. Hatte Legolas noch nicht mit ihm geredet? Oder war dies eine Prüfung? Da ich nichts von beidem mit Sicherheit sagen konnte, erklärte ich zögernd: "Wir sind zusammen mit der Gemeinschaft durch das Land gereist, um Mittelerde vor dem Untergang zu bewahren. Und euer Sohn hat mir auf dieser Reise geholfen herauszufinden, wer ich bin und was ich möchte." Thranduil lehnte sich zurück und nahm einen mit Edelsteinen besetzten Weinkelch in die Hand, den er einmal hin und her schwenkte, während er mich prüfend ansah. Vielleicht um herauszufinden, ob ich die Wahrheit sprach. "Und was möchtest du?", wollte der König von mir wissen und nahm einen Schluck Wein, ohne mich aus den Augen zu lassen.

Ja, was wollte ich? Ein friedliches Leben? Den Valar dienen oder doch meine Kräfte abgeben und in Mittelerde verweilen? Wenn ich den Valar dienen wollte, würde ich Legolas nie wieder sehen, dafür aber meine Kräfte behalten und ganz Mittelerde helfen. Doch mein Herz protestierte bei dem Gedanken. Und vielleicht war es selbstsüchtig, aber ich wollte Mittelerde nicht durch meine Kräfte helfen, wollte Legolas nicht verlassen. Ich brauchte meine Kräfte nicht, ohne sie würde ich weiterleben. Aber Legolas zu verlassen und nie wieder in seinen Armen zu liegen, ihn nie wieder küssen zu können, würde mich unwiderruflich töten. Mich zerstören. Und ihn auch. Damit hatte ich meine Entscheidung gefällt. Ich hob mein Kinn und antwortete Thranduil: "Euren Sohn. Ich möchte mit eurem Sohn zusammen sein. Ich möchte ihn heiraten."

𝙳𝚒𝚎 𝙼𝚊𝚌𝚑𝚝 𝚍𝚎𝚛 𝚃𝚛ä𝚞𝚖𝚎 - 𝙻𝚎𝚐𝚘𝚕𝚊𝚜 𝚏𝚏Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt