Mom?

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"Love, du siehst gut aus, glaub mir bitte".
Verzweifelt beobachtete Harry seinen Freund dabei, wie er kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand. Louis stand nun schon seit einer geschlagenen Stunde vor dem Kleiderschrank und tauschte immer wieder seine Klamotten. Nichts schien irgendwie gut genug zu sein und das brachte den Lehrer allmählich zum verzweifeln.
"Ich will aber einen guten Eindruck machen und das geht nicht, wenn ich aussehe wie ein Obdachloser".
Der Lockenkopf seufzte und stand vom Bett auf. Zielsicher steuerte er seinen Freund an, schlang dann von hinten die Arme um ihn und platzierte einen sanften Kuss auf dessen Hals.
"Erstmal kannst du gar nicht wie ein Obdachloser aussehen, egal was du anziehst. Du sieht in allem bezaubernd aus und außerdem wird meine Mutter dich selbst in einem Kartoffelsack lieben. Ihr kennt euch doch auch schon..." - "Ja, von einem einzigen Videoanruf, Harry. Kennen würde ich das jetzt nicht nennen".
Erneut kramte Louis ein weiteres Hemd aus dem Schrank, begutachtete es und warf es dann neben sich auf den großen Klamottenhaufen.
Harry drehte seinen Freund um und umfasste dessen Gesicht. Tief sah er ihm in die Augen und versuchte Louis irgendwie zu beruhigen.
"Zieh einfach einen normalen Pullover und eine Jeans an. Auf Hemden steht meine Mutter eh nicht."
Empört haute Louis seinem Freund gegen die Brust. "Und das sagst du mir erst jetzt?".

Nach einer weiteren halben Stunde hatte Louis sich endlich für ein Outfit entscheiden können und das Paar konnte sich auf den Weg zu Harrys Mutter machen. Louis wurde von Minute zu Minute immer nervöser und auch als Harry während der Fahrt seine Hand auf dessen Oberschenkel legte, beruhigte das den Wuschelkopf überhaupt nicht.
Er wollte, dass Harrys Mutter ihn mochte. Er wollte sich von seiner besten Seite zeigen und ja keinen Fehler begehen. Das es unmöglich war Harrys Mutter nicht zu gefallen wusste der Wuschelkopf nicht.
"Okay, da wären wir", verkündete Harry nach einer gefühlt endloslangen Fahrt und parkte den Wagen vor einem kleinem Haus mit einem wunderschönen Vorgarten. Louis würde Harrys Mutter für die Blumen loben und die vielen Rosen. Es sah einfach unglaublich aus und man könnte es glatt auf eine Postkarte drucken, wenn man eine Postkarte mit einem Rosengarten haben wollte.
Louis jedenfalls würde diese kaufen.
"Bereit?".
Unsicher nickte Louis und atmete noch einmal tief ein. Schmunzelnd beugte sich Harry über die Mittelkonsole und griff nach den feuchten Händen seines Verlobten.
"Sie wird dich lieben", versicherte er, gab seinem Liebsten einen Kuss und stieg dann aus dem Auto.
Gut erzogen wie er war öffnete Harry seinem Freund die Autotür und Hand in Hand machte sich das Paar dann auf den Weg zur Haustür.
Mit jedem weiteren Schritt wurde Louis immer mulmiger und er dachte an seine eigenen Eltern. Schlimmer als das gemeinsame Essen mit ihnen konnte es ja nicht sein. Allgemein konnte es nicht schlimmer sein als mit seiner Mutter. Seit diesem Tag verging nicht ein Abend, an dem Louis' Mutter ihm eine Nachricht mit irgendwelchen Ideen für die Hochzeit schickte. Dabei hatte das Paar ja noch nicht mal einen Termin ausgesucht. Ja selbst die Sitzordnung war schon von Johanna geplant worden wobei Louis wahrlich geschockt gewesen war. Sie kannte weder Harrys Familie, noch ihre gemeinsamen Freunde und konnte ja nicht wissen, wen sie alles einladen wollten. Doch Johanna hatte sich ihre Gästeliste schon zusammengesucht und so wunderte es Louis insgeheim nicht, dass selbst seine ehemalige Grundschullehrerin den Platz an einem Tisch gefunden hatte.
Danach hatte Louis einfach nicht mehr auf die Nachrichten reagiert und Harry hatte vorgeschlagen, dass sie vielleicht ganz alleine feiern sollten. Nur sie zwei, oder nur die beiden und ihre Freunde.
Ganz still und heimlich.

"Da seid ihr ja endlich!".
Louis hatte nicht mitbekommen wie die Haustür geöffnet wurde und eine brünette Frau freudestrahlend ihre Arme ausbreitete. Erschrocken zuckte er deshalb zusammen und betrachtete die Dame vor sich mit einem schüchternen Lächeln.
"Louis, schön dich endlich kennenzulernen." Harrys Mutter schloss den Wuschelkopf in eine herzliche Umarmung und sofort fühlte Louis sich wohl und die aufgestaute Last fiel ihm von den Schultern.
"Mom, du erdrückst ihn". Augenrollend löste Harry seinen Verlobten aus den Klauen seiner Mutter, begrüßte diese dann selbst und ließ sich ins Innere des Hauses führen, Louis stets an seiner Seite.
"Geht schonmal in das Wohnzimmer, ich komme gleich nach", rief Anne, Harrys Mutter und schenkte dem verliebten Paar ein wohliges Lächeln, ehe sie in die Küche verschwand.
"Siehst du? Alles halb so schlimm". Grinsend zog Harry seinen Verlobten auf das Sofa und legte sogleich seine Hand auf dessen Oberschenkel. Schüchtern lächelte der Wuschelkopf und nickte. BIs jetzt war es wirklich nicht so schlimm, wie er gedacht hatte.
"Also ihr beiden", ertönte die Stimme von Anne, die mit einem vollen Tablett zurück kam. Schnell half ihr Harry, damit nicht alles auf dem Boden landete.
"Ich habe Eistee, Wasser und Kaffee. Ich wusste nicht was du trinkst, Louis. Wenn du lieber einen Tee möchtest, dann kann ich dir den schnell machen. Ist alles überhaupt kein Problem. Oder lieber Cola? Ich hätte auch noch irgendwo Bier..." - "Mom, alles gut". Der Lockenkopf musste leise lachen. Seine Mutter war viel aufgeregter als Louis. Sie war richtig nervös.
"Ich nehme Kaffee, danke". Nickend schenkte Anne eine Tasse voll und gab diese an den Wuschelkopf weiter. "Schön das ihr hier seid".

Die kommende Stunde war gefüllt mit lautem Lachen und einer wundervollen Stimmung und Louis gab zu, dass seine Unsicherheit und seine Angst die er vorher hatte vollkommen unbegründet waren. Anne war nett, freundlich und herzlich. Die perfekte Schwiegermutter.
A pro Pros. Sie wusste noch gar nichts davon.
Als wenn Harry Gedanken lesen konnte, griff er nach Louis' Hand und sah seine Mutter mit einem ziemlich verliebten Grinsen auf den Lippen an.
"Mom?".
Angesprochene hob ihren Kopf und sah ihren Sohn an. "Da gibt es noch etwas, was wir dir sagen wollen.". Grinsend hob Harry ihre Hände an und drehte Louis' Hand so, dass man den Ring deutlich sehen konnte. Stirnrunzelnd schaute Anna auf die Hände, ehe sie den zarten Ring am Finger ausmachte und sich ihre Augen weiteten. Aufgeregt schlug sie ihre Hände vor ihren Mund und ein leises Quietschen kam aus ihrer Kehle, ehe sie aufsprang und sich dem Paar überschwänglich in die Arme warf.
"Ich kann es nicht glauben", hauchte sie, vollkommen gerührt und glücklich und strahlte die beiden jungen Männer an. "Willkommen in der Familie, Louis."

Lehrer, Liebe und ein AvocadobaumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt