Kapitel 21

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"Cassie!"
Das Quietschen von Autoreifen lässt Cameron aufschauen. Ich schaue ebenfalls zur Seite, auch wenn ich durch die Tränen in meinen Augen nur verschwommen sehe.
Jemand kommt auf uns zugerannt. Cameron lässt mich los und ich falle wie ein nasser Sack zu Boden, wobei ich mir heftig das Steißbein verletze.
"Was hast du ihr angetan du dreckiger Mistkerl?!", fragt eine aggressive Stimme. Es ist Devin. Er ist hier.
Ich höre einen dumpfen Schlag und sehe Cameron zu Boden fallen.

"Cassie? Alles okay? Komm her..."
Er packt mich unter den Armen und zieht mich hoch. Wir laufen zusammen zum Auto.
"Ich hätte ihn umbringen sollen", nuschelt Devin, während er mit 120 km/h über die Straße brettert.
"Hör auf!", bitte ich ihn schluchzend.
"Hat er dich angefasst, Cassie?", fragt er und schaut zu mir rüber.
Mein Blick wandert runter zu meinem Oberschenkel, an dem sich ein roter Fleck gebildet hat.
"Wer war dieser Typ?!"
Ich kann nicht mehr antworten, nicht mehr reden.
Ich lege verzweifelt den Kopf in den Nacken und warte einfach nur darauf, dass mich das Gefühl von Hilflosigkeit endlich loslässt.

Ich öffne die Augen und erblicke die weiße Decke des Hotelzimmers. Langsam setze ich mich auf und schaue um mich. Es ist dunkel draußen und wahrscheinlich schon Nacht.
Devin ist nicht da. Wo ist er?
Ich schalte die Nachttischlampe an und gehe ins Bad, um auf Toilette zu gehen. Ich wage einen kurzen Blick in den Spiegel und bemerke wie schrecklich ich aussehe. Meine Haare sind zerzaust, mein Make Up verwischt.
Ich will einfach nur vergessen, was passiert ist. Vergessen, was dieser anfangs so nette Typ mir angetan hat.

Als ich das Bad wieder verlasse, höre ich Stimmen vor der Tür.
"Wieso war sie überhaupt alleine in diesem Restaurant?! Wo warst du?"
"Ich war hier, weil ich dringend etwas geschäftliches unternehmen musste."
"Ach ja, dir ist doch nur dein Geschäft wichtig! Du hättest auf sie aufpassen können!"
"Ich mache mir schon genug Vorwürfe, okay?!"

Energisch reiße ich die Tür auf und finde Devin und Sage im Flur vor, wie sie sich gegenseitig anbrüllen.
Ihre Blicke wandern zu mir rüber.
"Oh mein Gott, Cassie!"
Sage nimmt mich sofort in den Arm.
"Geht es dir gut? Ich habe mir solche Sorgen gemacht!", ruft sie und schluchzt.
Ich schaue Devin an, der nur stumm und beschämt auf den Boden starrt.
"Ja, mir geht es gut", antworte ich leise. Sage löst sich von mir.
"Na das klingt aber nicht sehr begeistert", antwortet sie und nimmt meine Hand.
"Du kannst heute bei mir schlafen. Da bist du sicher", schlägt sie vor und wirft Devin einen giftigen Blick zu.
Ohne, dass ich noch etwas sagen kann, zieht sie mich mit sich mit in ihr Zimmer und knallt die Tür zu.
"Am besten gehst du erstmal duschen. Danach hole ich uns was leckeres zu essen, okay?"
Ich liebe Sage dafür, dass sie immer will, dass es mir gut geht. Aber diesmal bleibt selbst sie erfolglos.
Ich stelle mich unter die Dusche und versuche möglichst nicht die Augen zu schließen. Denn dann sehe ich ihn. Sein Gesicht, welches mich böse angrinst, während er mir wehtut.

Nachdem ich mich abgetrocknet habe, werfe ich mich in einen Kuschelpullover und eine Jogginghose und lege mich zu Sage ins Bett.
Natürlich hat Sage den Fernseher laufen, denn ohne kann sie nicht einschlafen.
Ich versuche die Augen zuzumachen und irgendwie zur Ruhe zu kommen, aber es geht nicht.
"Sage?", frage ich leise und schaue zu ihr rüber. Sie öffnet die Augen.
"Ich muss mit ihm reden", sage ich.
"Mit Devin?"
Ich nicke.
Sage setzt sich abrupt auf und schaut mich irritiert an.
"Er hat dich im Stich gelassen, Cassie! Würde er seine Firma einfach mal vergessen können, wäre dir das nie passiert!", blafft sie und schnaubt wütend.

"Es ist doch nicht seine Schuld, dass mir sowas passiert ist, Sage. Das hätte mir in New York auch passieren können!"
Schweigend starrt sie den Fernseher an.
"Danke, dass du so auf mich aufpasst, Sage. Aber lass mich trotzdem mit ihm reden", sage ich schließlich und stehe auf.
"Du machst einen Fehler, Cassie", wirft sie mir noch hinterher, bevor ich die Tür schließe.
Ja, vielleicht tat ich das auch. Aber ich kann Devin nicht die Wahl abnehmen, sich zu entschuldigen.
Ich klopfe sachte an seiner Tür und warte.
So schnell wie er seine Tür öffnet, zucke ich erschrocken zurück.
"Hi", sage ich leise. Devins Blick drückt Erleichterung aus.
"Ich habe damit gerechnet, dass Sage dich für den Rest des Jahres einsperrt und wir uns nie wieder sehen", scherzt er.
Als er merkt, dass ich sein Lächeln nicht erwidere, wird er ernst.
"Es tut mir leid, Cassie. Ich hätte dich nicht alleine gehen lassen sollen. Hätte ich gewusst, dass das passiert, dann..."
"Du wusstest es aber nicht. Und deswegen kann ich dir auch nicht böse sein", unterbreche ich ihn und ziehe mich an seinem Shirt an ihn ran.
"Du verzeihst mir?", fragt er ungläubig.
Ich nicke und lege meinen Kopf an seine Brust. Sein Herz rast.
"Womit habe ich dich nur verdient", flüstert er mir leise zu und küsst mich auf die Stirn.
Ein wohliges Gefühl durchläuft mich.
"Willst du bei mir schlafen?", fragt er lächelnd. Ich trete einen Schritt zurück.
"Nein, ich gehe zurück zu Sage. Aber ich wollte nochmal mit dir reden", antworte ich. Ein enttäuschter aber verständnisvoller Blick huscht über Devins Gesicht.
"Ist deine Mum sauer, weil wir das Essen verpasst haben?", frage ich, bevor ich das Zimmer verlasse.
"Nein, sie hat uns stattdessen für morgen eingeladen. Ich habe ihr gesagt, dass wir verhindert wurden."
Ich nicke und verlasse das Zimmer.

"Und, wieder vertragen?", fragt Sage als ich ihr Zimmer betrete.
"Wir haben uns doch nie gestritten!", keife ich und lege mich zu ihr ins Bett.
"Gute Nacht."
"Gute Nacht."

Die Nacht war ziemlich ungemütlich. Nicht wegen dem Bett, oder weil ich bei Sage geschlafen habe, sondern weil mich Alpträume plagten. Ich sah sein Gesicht, spürte seine Berührungen und hörte seine Stimme in meinem Ohr. Jedes mal wachte ich schweißgebadet auf, in der Hoffnung, dass die Träume ein Ende nehmen.

Mittlerweile ist es neun Uhr und ich habe mich bereits fertig gemacht. Sage liegt noch verträumt in den Federn, aber ich halte es hier nicht mehr aus. Ich muss spazieren gehen.

Ich laufe an Devins Tür vorbei und zögere kurz. Soll ich klopfen? Vielleicht ist er aber auch noch nicht wach. Ich will ihn nicht aufwecken.
Entschieden laufe ich den Gang weiter runter.
"Wo willst du denn hin?", fragt eine Stimme hinter mir. Devin steht mit einem Regenschirm bewaffnet vor seinem Zimmer und schaut mich fragend an.
"Spazieren", antworte ich.
"Ich komme mit. Nochmal lasse ich dich nicht alleine."

My seductive boss | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt