Kapitel 24

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Ich halte während der ganzen Fahrstuhlfahrt den Atem an. Erst als sich die Türen öffnen, wage ich es meine Lungen wieder arbeiten zu lassen.
Unauffällig, versuche ich mich einfach an meinen Platz zu setzen und mich hinter meiner Arbeit zu verkriechen.
Doch, dass Jenny mir da einen Strich durch die Rechnung macht, war klar.
"Oh hi, Cassie! Du siehst erholt aus!", begrüßt sie mich und schaut von ihrem PC hoch.
Genervt setze ich mich an meinen Schreibtisch.
"Willst du denn gar nicht sagen? Wir kennen jetzt alle dein dreckiges Geheimnis!"
Wütend stehe ich von meinem Stuhl auf und stütze mich am Schreibtisch ab.

"Weißt du was Jenny? Ja, ich habe eine Affäre mit meinem Chef. Und ja, es ist genauso wie mit Michele damals. Es wissen jetzt alle! Aber eigentlich bin ich doch nicht die einzige mit einem dreckigen Geheimnis hier, oder? Wie wäre es, wenn ich jedem verrate, was du mit Ben treibst?! Und das sogar im Büro!"

Entsetzt schaut Jenny erst mich an und dann rüber zu den Fahrstühlen. Verwirrt folge ich ihrem Blick und sehe Devin vor uns stehen. Er hat meine Rede mitbekommen und schaut mich mit großen Augen an.
Ich setze mich langsam wieder auf meinen Stuhl und verstecke mein gerötetes Gesicht hinter meinen Haaren.
"Guten Morgen", begrüßt er uns leise und verschwindet dann in seinem Büro.
Was habe ich nur angerichtet? Jetzt denkt Devin bestimmt, dass ich es einfach so jedem erzählt habe.
"Gut gemacht, Cassie", flüstert Jenny mir kichernd zu, was ich aber versuche zu ignorieren.
Stattdessen verziehe ich mich in meiner Mittagspause nach draußen, um frische Luft zu schnappen und mir einen Kaffee zu holen.
Nachdem ich Koffein getankt habe, rufe ich Sage an, um ihr von meinem Fauxpas zu erzählen.
"Hey Cassie, na vermisst du mich schon?", fragt sie.
Es tut gut ihre Stimme zu hören. Die Stimme von dem Menschen, der mich nie richtig verurteilt.
"Was denkst du denn? Vor allem jetzt gerade..."
"Wieso?"
Ich erzähle Sage von meinem Ausrutscher, während sie zwischendurch immer mal Kommentare von sich gibt.
"Also, was sagst du dazu?", frage ich zum Schluss und verziehe unsicher das Gesicht.
"Ich sage: Wenn er wirklich eine Beziehung mit dir will, dann muss er auch dazu stehen. Auch vor seinen Angestellten."
Ich lasse mir ihre Worte durch den Kopf gehen, während ich zurück zum Büro laufe.
"Außerdem hat er dich seiner Familie vorgestellt. Du scheinst ihm wirklich wichtig zu sein, Cassie. Mach dir keine Gedanken."
Wenn das so einfach wäre...
Nachdem wir uns verabschiedet haben, steuere ich wieder auf meinen Arbeitsplatz zu. Irgendwie werde ich diesen Arbeitstag schon rumkriegen.

Zwar mit vielen dummen Bemerkungen von Jenny, aber irgendwie schaffte ich es, alle meine Aufgaben zu erfüllen.
"Kann ich heute früher gehen?", frage ich erschöpft.
"Auf gar keinen Fall! Wer mit dem Chef vögelt, kann auch Überstunden machen", erwidert Jenny und grinst mich schelmisch an.

Nachdem alle gegangen sind, sitze ich ruhig an meinem Tisch und starre auf die Tür, die zu Devins Büro führt.
Unbedacht stehe ich auf und nähere mich ihr.
Nein, lass es einfach, Cassie.
Wie immer höre ich natürlich nicht auf meine innere Stimme und öffne die Tür.
Devin sitzt an seinem Schreibtisch und schaut zu mir hoch.
"Was ist?", fragt er gereizt und senkt den Blick wieder.
Mit zittrigen Beinen laufe ich auf ihn zu.
"Bist du sauer? Wegen dem, was ich gesagt habe?", frage ich und beiße mir auf die Unterlippe.
Devin schnaubt wütend und presst sichtlich den Kiefer zusammen.
"Ich bin nicht sauer, wegen dem, was du gesagt hast, auch wenn es sehr geschmacklos war..."
Ich runzel die Stirn.
"Weswegen bist du dann sauer? Und sag nicht, dass du nicht sauer bist. Ich sehe es dir doch an."
Er schaut wieder zu mir hoch.
"Nach allem was war, sträubst du dich immer noch dagegen, bei mir einzuziehen. Wieso?"
Überrascht öffne ich den Mund, ohne etwas zu sagen.
"Darum geht es? Ich soll bei dir einziehen? Warum beharrst du so darauf?", frage ich irritiert und verschränke die Arme vor der Brust.
"Weil ich dich bei mir haben will, immer."
Er steht energisch auf und dreht mir den Rücken zu.
"Was bringt dir das, wenn du eh nur arbeitest?"
Vielleicht war es sehr gewagt, das zu fragen. Aber diese Frage quälte mich schließlich Tag und Nacht.
"Spielst du wieder auf den Vertrag an? Ich werde Wright Industries nicht verkaufen! Nicht mal dir zu Liebe!", erwidert er wütend.
"Wow, Devin. Du schaffst es immer wieder, mich zu verletzen! Willst du überhaupt mit mir zusammen sein?!"
Mein Herz pocht unkontrollierbar schnell, weil ich Angst vor seiner Antwort habe. Und sein langes Zögern macht es nicht besser.
"Solange wie du in deinem Apartment wohnst, weiß ich nicht, ob eine Beziehung Sinn macht", antwortet er schließlich.
Das ist das dümmste, was ich je gehört habe. Beziehungen klappen sehr wohl, wenn beide Partner noch ihre eigenen Wohnungen haben.
"Du erpresst mich!", stoße ich hervor.
"Nein, ich bitte dich, dich zu entscheiden! Entweder ich, oder deine Wohnung!"
Ich schrecke zurück.
Wie kann er mich zu so einer Entscheidung drängen?
Wütend stürme ich aus dem Büro, greife nach meinen Sachen und verlasse es.

Zu Hause angekommen breche ich in Tränen aus. Schluchzend wähle ich Sages Nummer.
"Sage, bitte geh ran!", brülle ich, während ich mich die ganze Zeit mit dem monotonen Piepsen auseinandersetzen muss.
Sie geht  nicht ran.
Wütend schmeiße ich das Handy auf den Boden und werfe mich auf die Couch.
Wieso habe ich so eine große Angst davor, bei ihm einzuziehen?
Weil er mich schon zu oft im Stich gelassen hat? Oder weiß mein Inneres Ich, dass ich nie glücklich werde, wenn ich mich dazu entscheide, bei Devin einzuziehen?

My seductive boss | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt