Kapitel 25

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Ich habe mir die restlichen Tage frei genommen, um mir darüber klarzuwerden, was ich eigentlich will. Wahrscheinlich habe ich meinen Urlaub für dieses Jahr aufgebraucht, aber das ist nicht mehr wichtig, denn ich stehe gerade vor Sages Drucker neben ihrem PC und drucke meine Kündigung aus.
Mir ist bewusst geworden, dass ich, wenn ich mit Devin zusammen sein will, nicht weiter bei Wright Industries arbeiten kann.
Ich kann mir dann aber auch nicht mehr das Apartment leisten und muss zu ihm ziehen.
Außer, er ist mit meiner Kündigung nicht einverstanden. Dann bleibt mir nichts weiter übrig, als nach Vermont zurückzugehen.
Ich bin aber guter Dinge und habe mich bereits bei einigen Coffee Shops als Barista beworben, natürlich nur als Übergang. Ich möchte in New York bleiben und habe mich in anderen Kanzleien also Anwaltsgehilfin beworben.
Sage habe ich das ganze bereits auf ihre Mailbox gesprochen, was sie anscheinend bereits abgehört hat, denn sie ruft mich gerade in dem Moment an.
"Hi Sage", begrüße ich sie und stecke das Kündigungsformular in einen Briefumschlag.
"Cassie, willst du mich verarschen? Was ist los bei dir?", fragt sie. Ihre Stimme klingt ernst.
"Das habe ich dir doch erklärt! Ich möchte nicht mehr bei Wright Industries arbeiten", antworte ich.
Ich ziehe mir meine Jacke über und greife nach meinen Schlüsseln.
"Das verstehe ich ja, aber bist du dir sicher, dass du das für dich machst? Oder tust du das für ihn?"
Ich denke einen Moment lang nach.
"Ich habe das ganze gut durchdacht, Sage. Ich mache das für mich UND unsere Beziehung."
"Verstehe. Und du bist dir wirklich sicher?"

Ich werfe den Brief in den Briefkasten vor der Haustür.
"Muss ich, denn die Kündigung habe ich gerade abgeschickt", antworte ich und seufze.
"Und jetzt?"
"Jetzt gehe ich zu Devin und erzähle ihm davon. Ich will, dass er es von mir erfährt."
"Und was machst du, wenn er austickt?"
Ich lache.
"Wenn er austickt? Es ist meine Entscheidung, zu kündigen. Aber wenn er nicht mehr mit mir zusammen sein will, dann muss ich das akzeptieren. Das Apartment kann ich mir jedenfalls nicht mehr leisten. Ich würde dann zurück nach Vermont ziehen."
Sage seufzt.
"Bevor das passiert, ziehst du bei Piet und mir ein. Sein Haus ist groß genug", antwortet sie.
"Wie läuft es eigentlich zwischen euch?"
"Gut! Sehr gut sogar! Ich fühle mich wie Blair Waldorf mit ihrem Chuck Bass. Nur, dass wir nicht auf der Upper East Side leben."
Sage und ich müssen lachen.
"Okay, ich melde mich später nochmal bei dir!", rufe ich und lege schließlich auf.

Während ich die Straßen durch New York laufe, fällt mir auf, dass ich nicht von hier weg möchte. Ich will hier bleiben, hier mein Leben verbringen. Das ist meine Stadt.

Hoffnungsvoll warte ich auf der anderen Straßenseite darauf, dass jemand das Haus verlässt, in dem Devin wohnt, damit ich hineinkomme.
Irgendwann kommt in der Tat eine junge Frau, die wie Jennifer Aniston aussieht aus dem Haus.
Schnell stürme ich auf sie zu und schaffe es gerade so durch den Türspalt.

Ich fahre mit dem Fahrstuhl nach oben, laufe den Gang runter und klopfe an seiner Tür, bis sie sich öffnet.
Er steht im Anzug bekleidet im Türrahmen und mustert mich überrascht.
"Was machst du hier?", fragt er und lässt mich rein.
"Ich habe gehofft, dass du hier bist und wollte mit dir reden", antworte ich und setze mich auf sein Sofa im Wohnzimmer.
Er folgt mir und setzt sich gegenüber von mir auf den Sessel.
"Ich habe nicht viel Zeit..."
"Devin, ich habe meinen Job bei Wright Industries gekündigt", unterbreche ich ihn.
Er starrt mich schockiert an und lehnt sich vor.
"Du hast was?"
"Ja, ich habe gekündigt. Nicht für dich, sondern für mich. Ich mag den Job nicht und ich denke, dass unsere Beziehung besser funktionieren kann, wenn wir nicht denselben Arbeitsplatz haben."
Ich habe mit mehr Emotion gerechnet, aber Devin lehnt sich wieder zurück und schaut nun gelassener.
"Wie willst du dir dann noch deine Wohnung leisten?"
"Ich habe gehofft, dass ich bei dir einziehen kann. Ich brauchte Zeit, um mir das durch den Kopf gehen zu lassen, aber ich habe mich entschieden", antworte ich.
Seine Miene ist ernst und undurchschaubar.
"Und was ist, wenn ich es mir erst noch überlegen muss?", fragt er, steht auf und setzt sich neben mich.
Seine blauen Augen funkeln mich an.
"Dann sitze ich im nächsten Flieger nach Vermont", antworte ich gelassen und warte seine Reaktion ab.

"Hm, das kann ich wohl nicht zulassen..."
Ich nicke und kann mir ein Lächeln nicht unterdrücken.
"Cassie Mitchell, du hast mich wirklich warten lassen und damit bist du die erste Frau, die das je getan hat", sagt er und steht auf.
Ich folge ihm mit meinem Blick.
"Werde ich jetzt dafür bestraft?", frage ich. Mit meinem Tonfall schwingt ein gewisser Unterton von Erregung mit.
Ich stehe auf und laufe langsam auf ihn zu.
Devins Blick haftet eine Weile lang auf mir, bis er sich abwendet.
"Ich muss jetzt zur Arbeit", sagt er schließlich.
Die Luftblase, in der ich mich gerade noch befand, platzte auf einmal und die Realität trifft wieder ein.
"Du gehst arbeiten?", frage ich und ziehe die Augenbrauen hoch.
"Ja, ich habe einen Job."

Typisch. Damit will er es mir heimzahlen, dass ich ihn hab warten lassen.
Ohne mich noch einmal anzuschauen verlässt er die Wohnung.

Ich lasse mich auf dem hochwertigen Sofa fallen und seufze.
So habe ich mir das jedenfalls nicht vorgestellt. In meiner Vorstellung müsste ich jetzt bereits in seinem Bett liegen und er auf mir.

Aber Devin weiß, wie er mich hinhalten kann und gleichzeitig die Spannung aufbaut. Er hat Übung darin mit Frauen zu spielen. Und ich habe mich dem Spiel kampflos ausgesetzt.

Aber nicht, weil ich keine andere Wahl habe. Es gefällt mir. Seine Dominanz gefällt mir.
Wenn meine Mutter das hören würde, säße ich wahrscheinlich schon im nächsten Zug, der mich in eine Irrenanstalt bringt.
Und ich kann es ihr nicht einmal verübeln. Ihr Leben ist prüde klassisch.
Sie heiratete mit 20 Jahren meinen Vater. Kurz darauf bekamen sie mich und zogen in ein hübschen Einfamilienhaus in Vermont, Stowe. Eine Stadt mit guten Kindergärten und Schulen.

Sage und mir war schnell klar, dass das nicht unser Leben ist. Wir mussten raus aus Stowe. Sie wollte weg von ihrer alkoholabhängigen Mutter und ich musste aus dem Familiennest entfliehen.

Und wohin hat mich das gebracht? In die Fängen eines dominanten eigensinnigen Millionärs.

My seductive boss | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt