Kapitel 4 - Die Vorsehung

122 10 1
                                    

„Du kannst also die Zukunft sehen. Was hat das mit mir zu tun?", erkundigte sich Aurora.

„Ich habe den Angriff auf das Schloss des Königs vorhergesehen und natürlich auch deine Flucht. Eine innere Stimme hat mir befohlen, mich um dich zu kümmern, da auf dir eines Tages die Hoffnung der Menschen in diesem Königreich liegen würde."

„Die Hoffnung der Menschen?"

„So hat es meine innere Stimme ausgedrückt."

„Was war das für eine Stimme?"

„Ich weiß es nicht. Sie war plötzlich da."

„Und was hat sie noch gesagt?"

„Das war vorerst alles."

Erneut entstand eine Pause. Aurora war überfordert und musste das Gesagte erst einmal auf sich wirken lassen. Sie wusste nicht, was sie von Gordin halten sollte. Gab es wirklich Menschen, welche die Zukunft vorhersehen konnten, welche innere Stimmen hörten, Gedanken lesen konnten und womöglich noch mehr Dinge, von denen sie gar nicht wusste, dass es so etwas gab.

„So etwas gibt es wirklich", versicherte der Alte lächelnd. „Du kannst es mir glauben."

„Dann war es kein Zufall, dass Gerivin genau zu der Höhle kam, in der ich Zuflucht gesucht hatte?"

„Ich habe meinen Enkel losgeschickt, um dich hierher zu bringen. Ich konnte nicht riskieren, dass dir etwas passiert."

„Das ist lieb von dir."

„Das war wohl eher ein Gebot der Stunde."

Erneut kam Aurora ins Grübeln. Es leuchtete ein, dass Gerivin nicht zufällig in der Nähe der Höhle war. Was sollte er so weit von der Hütte entfernt machen. Er hatte nichts bei sich, was diesen weiten Weg hätte gerechtfertigt. Außerdem hatte er genügend Proviant für zwei Personen dabei. Auch das schien ihr nun im Nachhinein kein Zufall zu sein. Natürlich hätte es sein können, dass er einfach nur vorsichtig war und mehr mitgenommen hatte, um in einem Notfall nicht verhungern zu müssen. Plausibler war aber, dass er sie gesucht und gefunden hatte. Dafür sprach auch, dass er offenbar gewusst haben muss, dass sie in der Höhle war. Wie sonst hätte er sie in der völligen Dunkelheit finden können.

„Was ist nun dein Plan?", wollte sie wissen.

„Mein Plan? Ich habe keinen Plan."

„Warum hast du mich dann hierhergeholt?"

„Ich habe dir schon gesagt, es war eine innere Stimme, die mir das aufgetragen hat."

„Und was hat sie dann zu den Plänen gesagt?"

„Noch nichts."

„Das bedeutet?"

„Das bedeutet, dass du vorerst bei uns bleibst."

„Dann könnte mich Gerivin in Kampftechniken ausbilden?"

„Nicht nur in Kampftechniken. Wir sollten auch deine magischen Kräfte finden und dich darin ausbilden, sie zu kontrollieren."

„Meine was bitte?"

„Deine magischen Kräfte", erklärte Gordin in aller Ruhe.

„Ich habe keine magischen Kräfte."

„Du weißt nur noch nicht, dass du welche hast. Das ist ein großer Unterschied."

Sie blickte Gordin mit großen Augen an. Hatte er das jetzt wirklich gesagt? Sie soll magische Kräfte besitzen? Das war doch Irrsinn.

„Wo soll ich diese magischen Kräfte denn herhaben?"

„Du hast sie von deinen Eltern geerbt."

Magische WeltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt