Ruf der Dunkelheit

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Mitten im Nichts standen sich Spes und die Dunkelheit gegenüber.
"Die Dunkelheit... ist ein kleines Mädchen??".
"Ich besitze keine echte Form. Es ist jediglich eine Art Abbild. Ein Schatten von mir. Da die meisten Lebewesen den Menschen ähnlich sind, ist dieses humanoide Abbild ein vertrauter Anblick. Dies hilft mir, ein Individuum ruhig zu halten. Ich meine, es fühlt sich doch auch für dich besser an, wenn jemand vor dir stehen würde, statt eine formlose Entität.". Der Wächter konnte diese Aussage nicht leugnen.
"Warum wolltest du mich treffen? Ich dachte... ein Lichtträger wäre dein Feind.".
"Ohh du armes Ding. Es ist doch nicht deine Schuld, dass du das bist, was du bist. Schließlich waren es die Reisenden, die dich wiederbelebten. Dies war nicht der Wunsch von dir. Nicht deine Entscheidung. Und doch akzeptierst du es und kämpfst für das Licht.".
"Ich kämpfe, um meine Welt zu schützen. Vor der Vernichtung. Vor dir.".
"Vor mir? Vor der Wahrheit? Vor der Erlösung?".
"Zerstörung und Vernichtung keine Erlösung!".
"Du siehst mich recht simpel. Auch wenn mein Ziel dies tatsächlich ist. Ein Universum zu schaffen, in dem nur Stärke lebt. Die perfekte Form. Dieses eine Muster. Ach Spes. Verstehe doch. Du bist weder besonders, noch bist du es nicht. Ich stelle mich auf keine Seite. Ich bevorzuge keinen der Veils. Doch gebe ich jeden meine Macht, der bereit ist, meiner Ideologie zu folgen. Die perfekte Form zu werden. Dies ist die Idee und das Ziel der Schwertlogik.".
Der Junge trat einige Schritte zurück.
"Dann muss ich euch enttäuschen. Ich werde bei diesem Vorhaben nicht mitmachen. Lieber sterbe ich, als meine Welt zu verraten.".
"Ich will auch nicht, dass du jene, die du schützen willst, verrätst. Auch ein perfektes Wesen besitzt eine Abhängigkeit. Ein Gefolge, dem man zeigen kann, dass seine Macht absolut ist. Seine Existenz und sein Recht beweisen.". Winnower trat näher an Spes heran und legte sanft ihre Hände auf seine Schultern.
"Hast du denn niemanden, den du beschützen willst? Jemanden, der dir wichtig ist? Den du liebst?".
Der Junge musste sofort an Horia, Vergo und Karyu denken. Jeder von ihnen war auf seine Weise wichtig für ihn. Er musste nicht antworten, den sein Blick verriet der Dunkelheit bereits alles.
"Das Licht zollt dir keine Anerkennung. Es bittet dich immer nur wieder und wieder seine Befehle auszuführen. Gefangenschaft. Verdammt dazu, niemals über euch hinauszuwachsen.
Daher möchte ich dir dieses Geschenk machen. Und mit der Zeit wirst du die Schwertlogik verstehen. Wie es die Veils tun. Letztlich siegt mein Muster immer. Es ist unaufhaltsam und unausweichlich. Sei ein Teil auf dem Weg zur perfekten Form.". Winnower streckte ihre Hand aus, welche von Dunkelheit geflutet war.
"Umarme die Erlösung. Sei frei.".
"Genug! Ich lasse dies nicht geschehen,
O Spes mein!".

Spes sah sich um und bemerkte, dass er sich wieder Draußen befand. Das Licht war wieder spürbar und der Druck der Dunkelheit sank rapide.
"Dem Gärtner sei Dank! Du bist in Ordnung!", sagte Karyu aufgebracht.
"Was... ist passiert?". Die Primus vermied den Augenkontakt mit dem Jungen.
"Anscheinend... hat dich unser Sondergast aus der Pyramide gezogen.".
Der Wächter sah überrascht zu Sukira, welche erschöpft nach Atem ring.
"Es... war schwer dich in dem Nebel zu finden. Eigentlich wäre es kein Problem. Doch wenn Winnower eingreift- .".
"Wer ist eigentlich diese Winnower?!".
"Nun, sie ist- .".
"Winnower ist die Dunkelheit. Keine Person. Sie ist eine Entität.".
Überrascht blickte die Veil zu Spes.
"Woher weißt du das?".
"Ich... hatte mit ihr eine Audienz.".
"Eine Audienz? Mit der Dunkelheit selbst? Ich hatte solch eine nur ein einziges Mal. Als wir als die Veils wiedergeboren wurden. Nur Luma war es gestattet mit ihr seither zu reden. Oder sagen wir eher, sie nahm sich das Recht.".
"Doch warum sollte die Dunkelheit eine Audienz mit dir wollen? Oder die Veils dich entführen? Was geschah im Inneren?", fragte Karyu. Spes erzählte von den Geschehnissen innerhalb des Schiffes. Von Luma's Traum und dem Treffen mit Winnower. Nur ein Teil ließ er bewusst aus. Und zwar die Widersprüche von Sukira's Aufzeichnung und Luma's Erzählung.
"Es war also ein Trick von Anfang an. Sie wollten nur, dass wir hierher kommen. Oder eher, dass DU hierher kommst. Wir sollten zurück zur Stadt.".
Karyu bereitete die Abreise vor.
Sukira ging auf den Jungen zu.
"Du hast ihr etwas verheimlicht. Doch warum?".
"Was meinst du?".
"Komm schon. Luma wird dir bestimmt erzählt haben, dass ich als Lügnerin bezeichnet werde. Und doch hast du sie nicht gewarnt.".
"Du hast mich aus den Fängen der Pyramide befreit. Mich vielleicht vor einem Schicksal bewahrt, welches ich ansonsten bereut hätte. Zeigt dies nicht deine guten Absichten?".
"Ich freue mich zu hören, dass du mir vertraust. Denn weißt du, ich mag dich, mein Freund. Ich werde auch weiterhin dafür sorgen, dass meine Schwestern dich nicht bekommen.". Spes nickte mit einem kleinen Lächeln und ging zusammen mit der Veil zu Karyu, um zur Lichtstadt zurückzukehren.

Aus Licht und DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt