Kapitel 11

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HERMINE GRANGER

Es war bereits dunkel und in etwa einer Stunde würde es Abendessen geben. Doch vorerst musste ich mich mit Draco Malfoy treffen. Ich war bereits unterwegs und dennoch spät dran. Mit meinen Büchern unterm Arm huschte ich durch das Porträtlochm hinaus aus dem Gryffindorturm. Treppen runter. Einmal rechts. Zwanzig Schritte geradeaus. Und zuletzt die Wendeltreppe hinunter. Ich schlüpfte durch die Tür und sah von weitem Malfoys blonden Schopf an einem der Tische sitzen, an welchen ich oft saß. Draco hatte seine Füße ausgestreckt und seine Arme hinterm Kopf verschrenkt. Ich setzte mich eilig auf den Platz ihm gegenüber. Sofort warf er sich aus seiner lässigen Haltung und zog ein Augenbraue hoch. "So spät?", fragte er vorwurfsvoll. Ich ignorierte ihn und packte meine Bücher auf den Tisch, schlug sie auf. Ich holte mein Papier heraus und meine Feder. Abwartend, dass Malfoy es mir gleich tat starrte ich ins Leere. Doch er tat nichts der gleichen. Im Gegenteil. Er tat überhaupt nichts. Sondern beobachtete mich. Und das war gruselig. Denn wir starrten uns praktisch gegenseitig aus den Augenwinkeln an. Ich tat es ihm gleich und zog eine Augenbraue hoch. "Sollen wir anfangen?". Er grinste. "Gerne doch Granger. Mit dir doch immer." Ich rollte mit den Augen. Er holt sein Papier hervor und tauchte mit seiner Feder in mein Tintenfass.

Wir arbeiteten. Genau. Wir arbeiteten. Und zwar richtig. Ich hatte unrecht, als ich glaubte, dass wieder alle Arbeit an mir hängen bleiben würde. Draco Malfoy hatte sehr wohl was in seiner Birne. Nicht nur Spott und Arroganz. Wir lachten sogar. Und es war kein aufgesetztes Lachen. Zumindest nicht meinerseits. Und das muss doch was heißen nicht wahr? Er neckte mich und ich ihn zurück.  Aber nur aus Spaß. Draco konnte nett sein. Das wusste ich. Nachdem wir fertig waren, war es bereits fünf vor achte. Ich packte die Bücher zu einem Stapel und stand auf. Malfoy tat es mir gleich. Wir liefen aus der Bibliothek raus. Ich spürte den neugierigen Blick von Miss Pince in meinem Rücken. Er blieb stehen. "Ich muss los." Ich nickte verständnisvoll. Na klar musste er los. Er war doch Teil von Umbridges Elite, da gibts immer was zu tun. Zum Beispiel unschuldige Schüler einzusammeln und sie zu Umbridge zu bringen, weil sie irgendwas 'verbotenes' gemacht haben. Ich rollte mit den Augen. "Was ist?" Er riss mich aus meinen Gedanken. Ich presste meine Lippen aufeinander und starrte an ihm vorbei. "Lass gut sein. Ich gehe jetzt essen." Ich machte kehrt und lief den Gang hinunter. An der Ecke, drehte ich mich kurz um und hielt Ausschau. Tatsächlich stand er dort immernoch und sah mir nach. Er blickte allerdings sofort zur Seite, als sich unsere Blicke trafen. Ich bog ab und konnte mir ein leichtes Lächeln nicht verkneifen.

Ich saß noch lange am Tisch. Ich hatte meinen leeren Teller vor mich hin geschoben und starrte den Salzstreuer an, während ich den Pfefferstreuer zwischen meinen Handflächen hin und her schob. Ich bemerkte die Blicke kaum. Ginny runzelte die Stirn. "Alles okay?" Ich nickte nur und sagte zu ihr. "Ich denke nur nach." Ron grinste. "Sie tüftelt bestimmt wieder, wie immer. Kein Grund zur Sorge, Ginny!" Ich lächelte. Ginny musterte mich noch kurz, ehe sie wieder mit Fred und Harry redete.

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"Heute üben wir wieder den Patronus herauf zu beschwören." Wir übten schon mehr als vier Wochen. Dumbledores Armee. Hier im Raum der Wünsche, war es uns möglich ungestört den Unterricht für Verteidigung gegen die dunklen Künste nachzuholen. Mit einem großartigen Lehrer, welcher mein bester Freund war. Harry. Wir stellten uns also auf und jeder versuchte seinen Patronus zu rufen. Nur Neville nicht. Er war noch dabei 'Expeliarmus' richtig anzuwenden. Harry lief durch die Reihen und sah sich die Übung jedes Einzelnen genau an. Auch ich war am Üben. Und zu meinem Bedauern konnte ich es nicht sofort. Ich kann alles sofort. Aber das irgendwie nicht. Ich lächelte. Doch schon bald verschwand das Lächeln, denn ich hörte an der Wand gegenüber Stimmen. Und es waren keine Schüler aus diesem Raum. Ich konnte ganz deutlich Malfoys Stimme ausmachen. Ich verließ kurz meinen Platz und duckte mich unter dem Patronus von Luna hinweg. Der bläuliche Hase sprang munter durch die Lüfte. Niemand schien mich zu bemerken. Ich ging die Wand entlang und lauschte. Eindeutig hörte ich Dracos Stimme. Aber er war nicht alleine. Auch Goyles Stimme und Mister Filchs Stimme war zu hören. Ich schauderte. Plötzlich hörte ich was klirren. Und in dem Moment tippte mir jemand auf die Schulter. Ich fuhr erschrocken herum und sah in die Augen von Fred. Er lächelte. Noch bevor ich was sagen konnte, vibrierte die Wand neben mir. Verstört schauten Fred und ich die anderen an. Auch sie waren alamiert. Doch bevor wir irgendwas unternehmen konnten war die Wand aufgebrochen. Es staubte ziemlich. Ich hörte dreckiges Gelächter. Mister Filch schaute durch das Loch. Angespannt standen wir da. Starrten einander an. Und auch Malfoy grinste. Doch als er mich entdeckte, verschwand es. Ich schaute zur Seite. Dann wieder zu ihm. Seine blauen Augen hatten einen traurigen Unterton angenommen. Doch ich konnte ihn jetzt nicht aufmunternd anlächeln. Ich sah es schon kommen. Wir würden gewaltigen Ärger bekommen. Alle liefen aus dem Raum raus. Niedergeschlagen folgten wir dem Hausmeister und Goyle während Malfoy das Schlusslicht bildete.

Doch bevor wir in das Rektorat eintreten konnten wurde ich zurückgerissen. Ich war einer der letzten. Ich wurde in eine Ecke gezogen. Und wie ich befürchtete stand Malfoy mir gegenüber. "Was ist denn?", zischte ich. "Du musst nicht gehen, ich kann es verschweigen." Ich legte meine Stirn in Falten. "Ach kannst du das? Du kannst doch nichts vor dieser Hexe verbergen." Ich strich mir eine Strähne hinter das Ohr. "Außerdem kann ich meine Freunde nicht im Stich lassen. Ich bin im Gegensatz zu dir nämlich loyal und steh zu meinen Freunden." Augenblicklich verhärteten sich seine Gesichtszüge. Es war kein Fehler. Ich hätte es nur netter ausdrücken können. Aber ich wollte nicht. Draco packte mich grob an den Schultern, drehte mich um und schuckte mich nach vorne. Ich stolperte. Na Halleluja! Jetzt war er sauer. "Lauf!". Ich sagte nichts und folgte seinen Anweisungen.

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Wir saßen unsere Strafe ab. Alle in einem Raum verteilt. Mussten Aufsätze schreiben. Wurden gedemütigt und gefoltert. Meine Hand tat schon vom Schreiben weh. Und je länger ich hier saß und schrieb, desto mehr hasste ich diese Hexe. Und ich schmiedete Rachepläne. Ich bin eigentlich ein friedlicher Mensch. Was heißt eigentlich. Ich bin es wirklich. Und je länger mir mein eigener Stift Wunden in die Hand brannte, desto mehr bereute ich meine Entscheidung Malfoys Angebot nicht angenommen zu haben. Und es tat mir immernoch leid, ihn so angefaucht zu haben. Ich hatte bereits Tränen in den Augen und meine Finger krampften stetig.

Nach 4 geschlagenen Stunden war der Samstag auch vorbei. Umbridge entließ uns und alle gingen in ihre Häuser. Ich ebenfalls, doch ich verließ es darauf hin wieder. Mit einem Mantel in der Hand machte ich mich auf den Weg zum Quidditchfeld. Ich machte mir keine Sorgen, dass sie mich finden würden. Und sollten sie es tun, dann war es mir auch egal. Ich stieg den Gryffindorturm. Auf den Aussichtsturm.

Ich saß also da und schaute auf das leere Feld. Sie hat uns nicht nur die Freizeit genommen, sondern auch all die Trainingsstunden.

Plötzlich sah ich eine Person. Sie lief zum Turm neben meinem. Slytherin. Ein Slytherin. Ich atmete flach. Nach wenigen Minuten erscheint ein Gesicht am Aussichtspunkt. Ich rutschte zur Seite. Instinktiv. Ich wollte ihm nicht mehr begegnen. Seit gestern.

Doch zu meinem Entsetzen schien er mich bereits endeckt zu haben, als ich mich vom Acker machen wollte und kurz zu Malfoy rüber schaute. Er starrte mich an. Ich starrte zurück. Sein Blick wanderte zu meiner linken Hand, welche an meinem eigenen Kragen geklammert hing. Ich folgte seinem Blick. Die Wunde brannte und war rot. Vom Blut. Ich starrte ihn wieder an, doch er war bereits verschwunden.

Stay ~ DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt