Kapitel 17

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Lucys Sicht:

Ich setzte mich neben ihn, nahm seine große Hand in meine und betrachtete ihn. Sein Gesicht hatte ein paar blaue Flecken, er hatte überall Kratzer. Normalerweise sagen Leute, dass die Person aussieht, als würde sie schlafen. Ich fand nicht, dass Jack aussah, als würde er einfach ein Nickerchen machen. Eher, als wäre er gerade am Abkratzen. Ich strich zögerlich mit meinem Daumen über seinen Handrücken. Dann begann ich ihm etwas zu erzählen. Großteils ging es darum, wie schlecht es mir ohne ihn ging, ich erzählte ihm auch von meiner zurzeit gefühlskalten Mutter. Haltet mich ruhig für verrückt, aber irgendwo muss ich ja den ganzen Scheiß abladen. "Und diese verdammten Albträume hab ich nur wegen meinem-", begann ich zu erzählen, wurde aber durch die aufgehende Tür unterbrochen. "Entschuldigen Sie, aber ich denke sie sollten langsam zurück in Ihr Zimmer, wir haben noch ein Gespräch zu führen." Ich nickte und sagte, ich wäre gleich so weit. Der Arzt ohne Widerrede wieder hinaus. Ich küsste Jack noch auf seine Stirn und verabschiedete mich.

"Also, was gibt's?", fragte ich, als ich wieder in meinem Bett saß. "Also, wir würden Ihnen ein paar Sitzungen mit unserem Kinder- und Jugendpsychologen vorschlagen, wegen Ihrer Albträume und weil in letzter Zeit viel passiert ist. Wir denken, Sie haben die Traumata ihrer Kindheit noch nicht ganz verarbeitet." "Wie bitte? Ich denke, dass wenn ich früher das alles erlebt habe, ich auch dazu fähig bin, es zu verarbeiten", log ich. "Wir denken nur, dass Ihre Albträume verschwinden würden und Sie könnten mit jemandem über Ihre Erlebnisse in der Kindheit sprechen. Außerdem hatten Sie noch diese Panikattacke..." "Ich will zu keinem Psychologen, mir geht es gut." "Ihre Mutter hat auch gesagt, es wäre das Beste." Ich konnte es einfach nicht glauben, mit mir war doch alles in Ordnung! Klar, ich war angeschlagen, weil ich meinem Vater begegnet war und Jack im Koma lag, aber das sind doch keine Gründe. "Es sind nur ein paar Sitzungen", versuchte der Arzt es wieder. Ich schüttelte nur den Kopf und er seufzte. "Sie können ja eine Nacht drüber schlafen, vielleicht stimmen Sie dann zu." Dann verließ er mein Zimmer.

Nachdem ich wieder ein paar Stunden geschlafen hatte, kamen wieder meine Mutter und Lucas. "Hey", begrüßte ich die beiden. "Lucy, der Arzt hat uns von deinem Problem erzählt und wir denken auch, dass es das beste wäre, wenn du ein paar Sitzungen mit einem Therapeuten hast." "Mischt euch bitte nicht in meine Angelegenheiten ein. Ich bin bald volljährig, also lasst mich einfach selbst Entscheidungen treffen."

Als am Montag wieder die Schule losging, hatte ich gar keine Lust Hinzugehen. Nicht einmal Dean oder Angela wollte ich sehen, weil ich einfach in Ruhe gelassen werden wollte. Für den Moment jedenfalls. Ein paar Leute aus der Schule hatten bereits von dem Vorfall erfahren, das merkte ich an den mitleidigen Blicken, mit denen sie mich ansahen. Vorher wollten sie mich nichtmal ansehen, geschweige denn mit mir reden und jetzt sahen sie mich so freundlich und mitleidig an. Pff. Katherine erlitt fast einen Zusammenbruch, als sie das mit Jack erfuhr und ich war froh als es endlich der Lehrer kam und alle endlich ihre Klappen hielten.

Unser Musiklehrer war gut gelaunt, wie immer. "Lucy, du hast dich ja entschieden, beim Konzert zu singen. Ich würde vorschlagen, dass du und Chris ein Duett singt. Ihr habt beide gute Stimmen und wir können nachher einen Song ausprobieren, um zu sehen ob das gut klingt." Wir nickten nur. Chris und ich sahen beide etwas fertig aus und ich hoffte, dass wir es schaffen würden halbwegs gut zu singen. "Versucht das Lied einmal", sagte unser Lehrer und drückte uns Texte in die Hand. Er lächelte, sah uns aber doch etwas besorgt an. Chris grinste mich leicht an und ich warf einen Blick auf den Song. Es war "Happy Ending" von Mika. "Versuchen wir's?" Chris und ich nickten zur Antwort und stellten uns zum Klavier.

"This is the way you left me

I'm not pretending

No hope, no love, no glory

No happy ending

This is the way that we love

Like it's forever

Then live the rest of our life, but not together

Wake up in the morning

Stumble on my life

Can't get no love

Without sacrifice

If anything should happen, I guess I wish you well

Mmm a little bit of heaven

But a little bit of hell

This is the hardest story

That I've ever told

No hope, no love, no glory, happy ending's gone forever more

I feel as if I'm wasting

And I am wasting everyday..."

Wir beendeten das Lied und Chris sah ich einfach nur an, es wahr so still in der Klasse wie noch nie. Wir hatten viele Töne nicht getroffen, weil wir beide etwas neben der Spur waren, aber unser Lehrer lächelte und die Klasse begann zu klatschen. Ich spürte wie mir das Blut in die Wangen schoss, irgendwie war es ja schon peinlich...

In der Freistunde später holte ich mein Handy raus. Sechs verpasste Anrufe von... Jack?! War es möglich, dass er aufgewacht ist? Ich sprang auf und lief ins Mädchenklo, während ich darauf wartete, dass er meinen Anruf bemerkte. Falls es Jack war. "Hey", hörte ich seine schwache Stimme am anderen Ende der Leitung. "Oh mein Gott! Du bist aufgewacht!", schrie ich fast ins Telefon, vor lauter Aufregung. "Du glaubst garnicht, wie froh ich bin, deine Stimme zu hören!", fügte ich hinzu. "Geht mir genauso. Ich wusste ja garnicht, dass du meine Stimme magst..." Man konnte seinen Grinser hören. Heute aus dem Koma erwacht und noch immer das Arschloch, dass wir kennen und... mögen. "Ich komme zu dir. Bist du auf der selben Station?" "Nein, du hast Unterricht." "Das ist mir egal, seit wann interessierst du dich dafür?" "Es geht um deine Noten, nicht um meine", ewiderte er und ich bekam eine Gänsehaut, seine Stimme hörte sich noch rauer und tiefer an als sonst und das war irgendwie heiß. Was rede ich denn da? Es macht mich natürlich nicht an! "Bist du noch dran?" "Ja, ich komme jetzt. Ich bin schon auf dem Weg", log ich, damit er nicht versuchte, mich aufzuhalten. Er seufzte. Er hatte es mir abgekauft. "Ich liege auf der Jugendstation im zweiten Stock, Zimmer 78." "Okay, bis gleich." Bevor er etwas erwidern konnte, legte ich auf, schnappte meine Tasche und rannte los. Ich war unendlich glücklich, dass ich ihn wiederhatte...

Völlig verschwitzt und schwer atmend kam ich im Krankenhaus an. Ich hatte noch einen Zwischenstopp eingelegt, um ihm eine CD zu kaufen. Er hat in einem von unseren Gesprächen erwähnt, dass er CDs sammelt. Für mich war das auch überraschend. Ich suchte sein Zimmer und klopfte an. Zuerst kam keine Antwort, ich begann mir schon wieder Sorgen zu machen. Also öffnete ich so ungeduldig wie ich war einfach die Tür und sah Katherine auf einem Stuhl gegenüber von Jack sitzen. Sie drehten sich zu mir, Jacks Miene erhellte sich sofort, während Katherine aussah, als würde sie mir den Kopf abreißen wollen. Sie hier zu sehen war wie ein Schlag mit der Faust ins Gesicht für mich. "Was machst du denn hier?", fragte sie mich spöttisch. "Hab mich bei der Tür getäuscht. Sorry für's Stören." Jack sah verwirrt aus und Katherine lächelte falsch. "Na dann", sagte sie und schenkte Jack ihre wertvolle Aufmerksamkeit. Ich drehte mich um und ging aus dem Zimmer. Bevor ich ging rief Jack noch meinen Namen, aber ich ignorierte es einfach. Tränen bahnten sich ihren Weg hinaus und ich wusste nicht, weshalb ich so verletzt war.

Ich schob es einfach auf den Stress in letzter Zeit und wischte die Tränen weg, da kam Katherine schon heraus.

"Er will dich sehen. Jetzt." Sie wirkte angepisst und ich sah sie misstrauisch an. "Es tut mir Leid, dass ich immer so scheiße zu dir bin." "Wirklich?" "Nein, aber anscheinend mag Jack dich. Das ist zwar vollkommen unnachvollziehbar, aber ich kann nichts daran ändern. Und erzähl ja keinem, dass ich heute halbwegs nett war", sagte sie und ließ mich verwirrt zurück. Ich ging rein und Jack stand auf, als er mich sah. Er umarmte mich, sog tief die Luft ein und flüsterte mir ins Ohr:"Du bist so wunderschön." Gleichzeitig sagte ich:"Ich hab' dich vermisst."

Bad boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt