𝟏𝟒. 𝐒𝐚𝐫𝐚𝐡

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"Wir brauchen 500 Gramm Mehl, 200 Gramm Zucker, eine Packung Vanillinzucker, 350 Gramm Butter, zwei Eier, eine abgeriebene Zitronenschale und eine Prise Salz", las Matteo laut vor, während ich zwischen unserem Kühlschrank und unseren Küchenschränken hin und her rannte, um die Zutaten herauszusuchen. "Ich freue mich, dass wir zusammen Plätzchen backen", meinte ich erfreut, nachdem wir alles vorbereitet hatten. Mein großer Bruder warf mir ein leichtes Lächeln zu. Seitdem er meinen Zusammenbruch nach Evelyns harter Abfuhr mitbekommen hatte, behandelte er mich noch vorsichtiger als sonst- zum ersten Mal genoss es ich. "Ich freue mich auch. Es kommen aber noch-" Plötzlich klingelte es an der Tür, weshalb ich Matteo fragend anschaute. "Ah, da sind sie ja schon", sagte er und ging rasch in den Flur, um unseren unbekannten Gästen zu öffnen. Wen hatte er eingeladen und wieso?

"Hi Mats, schön dich zu sehen", ertönte eine männliche Stimme. Sie kam mir irgendwo her bekannt vor. "Hey Fynn, schön, dass es geklappt hat", hörte ich meinen Bruder sanft antworten. Natürlich, Fynn! Der Kumpel von Evelyn und der Typ, mit dem Matteo seit paar Tagen wie verrückt schrieb. "Hi Matteo." Ich erstarrte. Nein. Nein. Nein. Das konnte nicht wahr sein. Das durfte nicht wahr sein. "Hallo Evelyn, cool, dass du auch mitbekommen bist", begrüßte mein Bruder meine Exfreundin, während ich wie gelähmt in der Küche stand und auf den Boden starrte. Fuck. Was sollte ich tun? Ich konnte nicht mehrere Stunden mit ihr auf engem Raum verbringen. 

"Sie wollte erst nicht kommen, aber schlussendlich habe ich es doch geschafft sie mitzuschleifen", lachte Fynn. Meine Lippen verzogen sich zu einem bitteren Grinsen- ich wusste ganz genau, wieso Evelyn nicht mitkommen wollte. "Wie auch immer, kommt mit in die Küche. Wir haben die Zutaten schon hergerichtet." "Wir?", hörte ich Evelyn zaghaft fragen. Verzweifelt kniff ich die Augen zusammen. Das konnte nicht wahr sein, das durfte einfach nicht wahr sein. Wieso musste Matteo ausgerechnet mit dem besten Freund von meiner Ex anfreunden? 

"Ja, ich dachte, dass Sarah auch mitmachen könnte", meinte mein Bruder und stand plötzlich mit Fynn und Evelyn in der Küche, während ich noch probierte meine Atmung zu kontrollieren. "Hey Sarah", begrüßte Fynn mich freundlich. Evelyn meinte nichts und starrte mich einfach nur mit leerem Blick an. "Hi", brachte ich hinter zusammengebissenen Zähnen hervor. "Super, dann lasst uns sofort anfangen. Wie gesagt, meine Schwester und ich haben schon alles vorbereitet", meinte Matteo mit einem Grinsen im Gesicht und trat mit dem Braunhaarigen sofort zur Theke, um zu starten. Evelyn und ich standen noch immer im Raum und sahen wie bestellt aber nicht abgeholt aus. Ich warf ihr noch einen letzten, sehnsüchtigen Blick zu, bevor ich mich neben Mats stellte. Merkte er gar nicht die Spannung, die in der Luft lag?

"Also du musst erst das Mehl in die Schüssel geben und Zucker und Vanillinzucker drüberstreuen", erklärte er gerade Fynn und hielt ihm die Zutaten hin. Dieser lächelte meinen Bruder kurz mit roten Wangen an, dann tat er wie geheißen. "Okay, nun müssen wir eine Mulde hineindrücken und die Butter hinzugeben", sprach Matteo weiter und führte diesen Schritt selber aus. Ich spürte einen Blick auf mir lasten. Evelyn. Ich bemühte mich, ihr keine Beachtung zu schenken. Sie hatte mich abgewiesen, nicht anders rum! "Sarah, mach du das Ei und das Eigelb in die Schale", holte mich mein Bruder aus meinen Gedanken. Ich nickte schnell und tat, was er gesagt hatte. "Wollen wir etwas Weihnachtsmusik für die Stimmung anmachen?", fragte Fynn plötzlich. Matteo schaute auf und blickte ihn begeistert an. "Super Idee, ich gehe kurz meine Musikbox aus meinem Zimmer holen. Macht ihr schnell weiter", meinte er. "Kann ich mitkommen?", erkundigte Fynn sich, was mein Bruder mit einem breiten Lächeln bejahte. Zusammen verließen sie den Raum. 

Verdammt. Nun waren Evelyn und ich alleine in der Küche. Ich hörte, wie die Uhr tickte. Tick, tack, tick tack, tick, tac- "Sarah." Ich schaute langsam auf und geradewegs in ihre warmen, braunen Augen. "Ich-", begann sie zu sprechen, ich unterbrach sie aber. "Wir müssen als nächstes Salz und die Zitronenschale hinzugeben." Ihr unsicheres Lächeln fiel und wurde von einem ungläubigen Blick ersetzt. "Wow. Ist das dein Ernst?", fragte sie mich unglücklich. Ich ignorierte sie und füllte die Zutaten in die große Schüssel. "Das muss jetzt durchgeknetet werden", meinte ich und probierte den Augenkontakt mit ihr zu vermeiden. "Sarah, ist das dein fucking Ernst? Können wir bitte einfach miteinander reden?", blaffte sie. Wütend schaute ich auf und starrte sie an. 

"Nein Evelyn, können wir nicht. Schon vergessen, was du gesagt hast? Es gibt kein "wir" mehr. Ich glaube das war ziemlich eindeutig- es gibt nichts mehr zu besprechen." Es herrschte Stille. Die Augen der Rothaarigen waren weit aufgerissen, die Wangen gerötet. "Okay. Gut. So ist das also. Ich dachte, wir könnten irgendwie noch-" Ihre Stimme brach ab. Ich schüttelte den Kopf. Wieso fühlte ich mich so leer? 

Matteo und Fynn betraten wieder die Küche, in der Hand hielten sie die Musikbox. "Was hat das denn so lange gedauert?", grummelte ich. Mein Bruder schaute mich überrascht an. "Ey, beruhig dich mal. Ich musste die erst mal finden und habe Fynn dann noch mein Zimmer gezeigt. Seid ihr schon weiter gekommen?", fragte er und spähte in die Schüssel. "Ja, sind wir. Der Teig muss jetzt eine Stunde ruhen", erwiderte ich, stellte die Schale mit einem Knallen in den Kühlschrank und verließ schnell den Raum. 

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Evelyn wollte doch noch etwas sagen, Sarah hat sie aber nicht gelassen. Bei den beiden ist die Stimmung eingefroren, bei Matteo und Fynn scheint es aber ganz gut zu laufen... Was meint ihr?

Frage des Tages: Könnt ihr backen oder macht das jemand anderes für euch?

xoxo -F

Last christmasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt