𝟐𝟑. 𝐄𝐯𝐞𝐥𝐲𝐧

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"Evelyn, du musst es machen, bitte."

Ich atmete tief durch und starrte die Haustür vor mir an. Sollte ich klingeln? Sollte ich einfach umdrehen und gehen? Es war nur kurze Zeit her, als Matteo plötzlich vor unserem Stand auftauchte und mich überredete mit Sarah zu reden. Und so wie ich war, war ich seiner Bitte nachgegangen. Tief atmete ich ein und aus. Ich musste mich zusammenreißen nicht verzweifelt loszuschreien und wegzulaufen- es war doch nur Sarah, wovor fürchtete ich mich denn? Vor einem Korb. Ja, ich wusste ganz genau wovor ich mich fürchtete. Ich fürchtete mich vor Abweisung. Und so wie unsere letzten Gespräche ausgingen, war diese ehrlich gesagt sehr wahrscheinlich. Trotzdem überwand ich mich und klingelte. 

Vielleicht war sie gar nicht zu Hause, vielleicht konnte ich einfach umdrehen und gehen, vielleicht- Ich hörte, wie es innen polterte. Wie sich Schritte zur Tür bewegten. Wie die Tür aufgerissen wurde. "Verdammt, da bist du. Was hast du angestel-" Sarah starrte mich an und hielt mitten im Satz inne. Sie hatte mit jemand anderem gerechnet und dass ich jetzt hier stand- dass warf sie offensichtlich gehörig aus der Bahn. "Ähm. Hi", murmelte ich und winkte zögerlich. Die Schwarzhaarige stand noch immer wie erstarrt da. 

"Uhm, ich wollte mit dir reden", erklärte ich und sah, wie sie offenbar die Tür vor meiner Nase zuschlagen wollte, weswegen ich schnell meinen Fuß in den Spalt stellte. "Bitte, können wir reden? Ich weiß, dass es dir genauso geht wie mir." Sarah senkte ihren Blick auf den Boden. "Scheiße, war Matteo bei dir?", fragte sie spitz. Langsam nickte ich, weswegen sie leise fluchte. Klar, es war kein netter Schachzug von ihrem Bruder gewesen zu mir zu kommen, aber ehrlich gesagt war ich froh darüber- Herzschmerz tat weh. "Könntest du mich jetzt hineinlassen?" Grüne Augen musterten mich kritisch. Dann trat sie zur Seite und ließ mich ins Haus schlüpfen. "Danke", flüsterte ich. Schweigend standen wir uns gegenüber, bis ich das Wort ergriff. 

"Sarah, du weißt ganz genau, dass wir reden müssen. Und weil ich irgendwie das Gefühl habe, dass du gar keinen Bock auf mich oder ein Gespräch hast, werde ich es wohl übernehmen." Ich atmete tief durch und sprach mir innerlich Mut zu. "Sarah, du warst die erste Person, für die ich richtige und große Gefühle hatte. Außerdem habe ich mir wegen dir meine Sexualität eingestanden- dafür muss ich dir danken." Ich sah, wie sich auf den Lippen meiner Hoffentlich-nicht-mehr-lange-Ex ein kleines Lächeln ausbreitete. "Und- fuck, ich weiß nicht, was ich noch sagen soll, weil ich glaube es ist einfach alles klar. Ich bin nicht gerade gut darin Gefühle zu verbergen- am wenigsten dann, wenn es sich um Liebe handelt. Und ja, die spüre ich bei dir besonders. Verdammt Sarah, ich bin in dich verliebt. Ich bin dir so sehr verfallen, dass es einfach nur weh tut." Sarah starrte mich an und biss sich überwältigt auf die Unterlippe. Ich sah, wie sie innerlich kämpfte. 

"Du bist das hübscheste Mädchen, das ich je gesehen habe. Deine schwarzen Haare, deine grünen Augen, deine roten Lippen- du bringst mich einfach um den Verstand. Du bist extrem klug, du bist talentiert, du bist hilfsbereit, du bist fürsorglich- du bist einfach perfekt. Ich habe dich ehrlich gesagt nicht verdient. Mein Leben ist eine einzige Katastrophe, ich bin eine einzige Katastrophe-" "Sag sowas nicht", unterbricht die Schwarzhaarige mich. Ich lächelte. "Wie auch immer, auch wenn ich der Meinung bin, dass ich nicht gut genug für dich bin- ich finde, dass wir uns sehr gut ergänzen. Jedes Mal, wenn ich mit dir Zeit verbracht habe, habe ich mich vollkommen gefüllt. Ich war glücklich." Ich sah, wie in ihren Augen Tränen glitzerten. "Fuck Sarah, sag doch bitte auch was. Habe ich mir alles nur eingebildet? Habe ich mir unsere Liebe eingebildet? Und das wichtigste- habe ich mir eingebildet, dass es für uns jetzt noch Hoffnung gibt?", fragte ich sie verzweifelt. Sie probierte die Tränen wegzublinzeln. "Lynn", wisperte sie mit zittriger Stimme. Ich merkte, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete. "Sarah, sag es mir", erwiderte ich. Meine Stimme überschlug sich. Ich schluckte schwer. 

"Lynn, ich..." "Bitte, sag es mir. Sag es mir. Was ist das zwischen uns? Bilde ich es mir nur ein? Mache ich mir unnötig Hoffnung? Bitte, ich muss es einfach wissen. Wenn du nichts mehr mit mir zu tun haben möchtest, dann sag es mir. Schau mir in die Augen und sag mir, dass aus uns nichts mehr wird. Dann verschwinde ich aus deinem Leben. Aber ich muss es wissen." Sarah atmete tief durch und blinzelte die Tränen weg. Sie schaute zur Seite, dann straffte sie ihre Schultern und blickte mich an. Ihr Mundwinkel zitterte. "Ich...Lynn... Scheiße, ich habe Angst", flüsterte sie. Ich nickte verständnisvoll. "Ja. Ja, ich habe auch Angst. Ich könnte dich nicht erneut verlieren. Aber kriege ich noch eine Chance? Können wir beide probieren die Fehler aus der Vergangenheit zu korrigieren?" 

Der Moment, während dem ich auf Sarahs Antwort wartete, fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Sie starrte mich an. Ich starrte sie an. Wir waren beide jung, aber trotzdem schon so sehr am Boden zerstört- nur wegen der Liebe. Die Liebe, die eigentlich das schönste auf der Welt sein sollte. Sie hatte uns und unsere Beziehung kaputt gemacht. Aber trotzdem würde ich alles dafür geben, damit ich Sarah wieder meine Freundin nennen könnte. Ich hörte, wie sie tief durchatmete. Ich sah, wie sie eine Strähne hinter ihr Ohr schob. Ich fühlte, wie sich sich überwand. 

"Lass es uns erneut versuchen, Lynn", meinte sie mit einem Lächeln. Ich schluchzte leise auf. Dann überwand ich den Abstand zwischen uns und fiel in ihre Arme. Ich drückte sie so feste an mich, wie es ging, sie erwiderte die Umarmung mindestens genauso liebevoll. "Ich liebe dich. Ich habe dich früher geliebt und ich liebe dich jetzt. Ich habe dich die ganze Zeit geliebt und werde es mein ganzes Leben tun", flüsterte ich. Sarah strich mir durch mein Haar. "Ich liebe dich auch, Lynn. Ich liebe dich so sehr, dass es weh tut. Aber ich werde jeden Schmerz auf mich nehmen, damit ich mit dir zusammen sein kann."

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Es.ist.endlich.geschafft. Evelyn und Sarah sind zusammen, Fynn und Matteo haben zusammen gefunden.

Frage des Tages: Tee, Kakao oder Kaffee?

xoxo -F

Last christmasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt