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05:41 uhr

Ich wälzte mich stundenlang hin und her. Egal, wie sehr ich versuchte zu schlafen, es ging nicht.
Nicht, weil das Sofa unfassbar unbequem war, sondern weil meine Gedanken mich nicht zu Ruhe kommen ließen.

Zum erneuten Mal riss ich mir die Decke vom Körper, lief die Treppen hinauf, betrat mein Zimmer und sah nach Will, welcher tief und fest schlief.
Doch statt wieder nach unten zu gehen und mich zurück aufs Sofa zu legen, blieb ich diesmal im Zimmer. Ich konnte nicht länger auf dem unbequemen und viel zu kleinen Sofa im Wohnzimmer liegen und die Decke anstarren. Es machte mich verrückt, mit meinen Gedanken alleine zu sein.

Also setzte ich mich, ohne den Kleineren dabei zu wecken, neben das Bett und sah ihm beim Schlafen zu. Ich wollte nicht gruselig wirken oder so, aber ihn schlafen zu sehen beruhigte mich immer ein wenig. Es ließ mich für eine ganz kurze Zeit all meine Probleme vergessen.

Aber je länger ich ihn ansah, wie friedlich und still er schlief, desto stärker wurde die Wut in mir. Denn sein blasses Gesicht und seine schlaffen Augen erinnerten mich wieder daran, was eigentlich passiert ist.

Ich ballte meine Hände zu Fäusten, stand auf und verließ den Raum, bevor ich meine Geduld verlieren konnte.
Ich lief zügig die Treppen hinunter, schnappte mir meine Jacke und meine Schuhe an der Haustür und verließ das Haus.
Ich wollte einfach nur weg hier. Egal wohin, einfach den Kopf frei bekommen, auch wenn der sowieso nicht mehr frei zu kriegen ist.

Ich lief minutenlang willkürlich herum und ließ meinen Gedanken freien Lauf. Und obwohl alles um mich herum mucksmäuschenstill und friedlich war, spielte sich in meinem Kopf ein riesiges Chaos ab.

Ich war im Park, welcher etwa 15 Minuten von meinem Zuhause entfernt war. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich bereits 15 Minuten herumgelaufen bin.

Seufzend ließ ich mich auf einer der Parkbänke fallen. Ich war müde, und es war unfassbar kalt. Und die riesige Nebelwolke, die sich über den leeren Park ausbreitete, liess den Ort ziemlich düster und gruselig aussehen. Zum Glück war der Park aber gut beleuchtet.

Ich merkte gar nicht, wie unfassbar kalt es war. So merkte ich auch nicht, dass meine Hände so gut wie eingefroren waren.
Ich steckte meine Hände in meine Jackentasche, um sie zu wärmen, doch als ich irgendeine komische Schachtel in der Tasche bemerkte, runzelte ich verwirrt die Stirn und holte es heraus, um zu sehen, was er war.

Es war eine Zigarettenschachtel.
Ich musste ein wenig grinsen, als ich die kleine Schachtel betrachtete. Es erinnerte mich an Max. Schließlich hat Max mir die Zigaretten auch gegeben, vor 2 Jahren. Denn nachdem Will im September 1985 seinen ersten Selbstmordversuch hatte, ging es mir so beschissen wie noch nie. Ich ging monatelang nicht in die Schule, allgemein verließ ich das Haus nicht mehr. Irgendwann, als Max mich besuchen kam, drückte sie mir die Zigaretten in die Hand, mit den Worten: „Das hilft mir immer, wenn ich nicht mehr weiter weiß. Probier' es aus, vielleicht hilft es dir auch.". Ich glaubte ihr nicht, aber als ich es ausprobierte war es doch nicht so schlecht. Natürlich war es schlecht -Es war ekelhaft. Aber es war ablenkend. Und ich fühlte mich für ein paar Minuten von meinen Problemen befreit.

~~
27. november 1985

Ich rührte mich keinen Zentimeter, als es an meiner Zimmertür klopfte.

„Darf ich rein kommen?", hörte ich eine weibliche Stimme vor der Tür sagen. Es war Max.

Ich war so schwach, dass mir sogar die Kraft zum sprechen fehlte. Also bleib ich stumm liegen, mein Gesicht drückte ich fest in mein Kissen.

CHILDHOOD LOVERS ~bylerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt