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JIN

Als sich die Haustür öffnete fuhr ich herum und wartete. Namjoon kam in den Flur, hängte seinen Schlüssel und seine Jacke an die Plätze wo sie hingehörten und ging ohne ein weiteres Wort an mir vorbei in sein Zimmer. Besorgt folgte ich ihm. Irgendetwas war passiert, da war ich mir sicher. Ich klopfte leise an seine Tür und öffnete sie als er mich herein bat. Er saß auf seinem Bett und betrachtete ein Foto von ihm und Kai welches ich bei einem Konzert aufgenommen hatte. Schweigend setzte ich mich neben ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Namjoon- was ist los? Was ist passiert? Und vor allem, wo ist Kai?" Er sah auf. „Ich kann nicht drüber sprechen," sagte er erstaunlich ruhig in Anbetracht dessen, was sein Gesicht und seine Körperhaltung aussagten. „Hat Kai es dir verboten?" hakte ich vorsichtig nach. Wenn ja würde ich nicht weiter fragen. Was zwischen den Beiden war, ging mich nichts an. Namjoon sprang auf und ging zu seinem Schreibtisch. „Vergiss Kai. Kai ist Geschichte Jin! Er ist -" Er stockte und drehte sich zu mir um. „Was ist mit ihm?" flüsterte ich. Ich ahnte Schlimmes, aber ich wollte es nicht glauben. „Kai ist tot, verdammt!" verzweifelt lehnte er sich an die Zimmerwand und rutschte daran herunter. Seine Worte drangen nur langsam zu mir durch. Kai sollte tot sein? „Das kann nicht-" setzte ich an, doch Namjoon unterbrach mich. „Doch kann es! Er ist gesprungen! Ich konnte ihn nicht retten." Er lehnte den Kopf gegen die Wand und wischte sich die Tränen weg. Geschockt schlug ich die Hand vor den Mund. „Wenn Yuna das erfährt wird sie das umbringen. Sie hat sich solche Vorwürfe gemacht." sagte ich leise. Wütend schlug RM mit der Faust gegen die Wand. Seine Fingerknöchel begannen zu bluten. Er ignorierte es. „Alle denken sofort an Yuna wenn irgendwas mit Kai ist. Aber an Tae oder mich denkt niemand. Kai ist Taehyungs Bruder! Stell dir mal vor, wie es wäre wenn Yuna sterben würde und sich alle nur Gedanken um Kai machen! Verdammt Jin! Ich hab Kai geliebt! Ich habe ihn mehr geliebt als mich. Und jetzt habe ich das Wichtigste in meinem Leben verloren." Schnell stand ich auf und schloss ihn in meine Arme. „Hey. Alles gut. Natürlich mach ich mir auch Sorgen um Tae. Aber Yuna hat sich selbst verletzt, weil sie sich so Vorwürfe gemacht hat." Namjoon schnaubte. „Ja. Kai hat sich deswegen umgebracht." Ich seufzte. Ich konnte ihn nicht aufmuntern. Ich lies ihn los und setzte mich neben ihn. Manchmal war es auch gut, wenn man nur wusste, dass jemand da war. Mehr brauchte es in manchen Momenten nicht.

KAIMEHRERE STUNDEN ZUVOR

Als ich in das kalte Wasser eintauchte wurde mir klar, dass ich mich ein letztes Mal zu entscheiden hatte. Leben oder Tod? Ich schloss die Augen und lies die schönsten Momente in meinem Leben nochmal revue passieren. Szenen mit Yuna, Namjoon, Taehyung und den andern zogen an mir vorbei. Ich beachtete sie kaum. Als Namjoon auftauchte und auf der Brücke um mich kämpfte stockte ich und beobachtete die Szene genauer. Ich erstarrte, als ich Namjoon's Gesicht sah, in dem Moment, in dem ich das Geländer losgelassen hatte. Die pure Fassungslosigkeit stand ihm in seine wunderschönen Gesichtszüge geschrieben. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen als er zusammenbrach und anfing zu schreien. Irgendwann verließ ihn scheinbar die Kraft und er begann leise zu singen während sein Gesicht von seinen Tränen durchnässt wurde. Er sang meinen Song. Miracles in December. Das gab mir den Rest. Ich öffnete die Augen und schwamm los. Als ich die Oberfläche erreichte schnappte ich gierig nach Luft und lächelte zufrieden. Ich hatte es geschafft. Ich war nicht tot. Mit ein paar kräftigen Zügen erreichte ich das Ufer, kroch aus dem Wasser und lies mich völlig erschöpft in den warmen Sand fallen. Erleichtert schloss ich die Augen und schlief augenblicklich ein.

NAMJOON

Als das Frühstück fertig war, trudelten nach und nach alle Anderen ein. Tae und Yuna waren die Letzten, die sich zu uns setzten. Wir begannen zu essen, doch dieses Mal aß auch ich kaum etwas. JK sah auf den leeren Platz, wo Kai sonst immer saß und fragte „Namjoon? Wo ist eigentlich Kai?" Teilnahmslos zuckte ich mit den Schultern und bekam nur am Rande mit, wie Tae Yuna eine Hand auf die Schulter legte und sanft darüber strich und wie Jin JK ernst ansah. Drei Minuten später meldete sich erstaunlicher Weise Yuna zu Wort. Mit schwacher Stimme fragte sie erneut wo Kai sei. „Er kommt heute nicht." Sagte ich schroff und im selben Moment tat es mir leid. „Wo ist er Namjoon? Ist ihm was passiert?" fragte jetzt auch Tae. Hilfesuchend sah ich zu Jin, doch der sah es nicht. „Namjoon-" drängte Tae und das brachte das Fass zum überlaufen. „Er kommt nicht! Er wird nie wieder kommen!" Yuna sah ruckartig auf. In ihren Augen stand das pure Entsetzen geschrieben. „Nein-" flüsterte Tae und sah mich entsetzt an. „Namjoon sag bitte, dass das nicht stimmt!" Tae sprang auf. „Doch Tae! Er ist tot! Er hat den Streit mit dir, Yuna nicht verkraftet! Er ist gesprungen! Ich konnte ihn nicht retten!" Ein kollektives durch die Zähne einatmen ertönte. Tae sah mich weiter an und schüttelte immer wieder den Kopf. Tränen flossen über sein Gesicht und durchnässten seinen T-Shirt Kragen. Ich stand auf, ging um den Tisch herum und schloss ihn in die Arme. Er wollte mich wegstoßen, doch ich hielt ihn fest. Alle schwiegen betroffen. Wir haben einen verloren. Wir haben eines unserer Puzzleteile verloren. Wir werden auseinanderbrechen. Das wäre das Ende von BTS. Schoss es mir durch den Kopf und ich schloss die Augen. Tae vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge und weinte. Ich weinte mit ihm.

BLACK SWANWo Geschichten leben. Entdecke jetzt