9

91 4 6
                                    

KAI

Am Abend saßen Yuna und ich draußen auf der Terrasse und betrachteten den Sternenhimmel. „Was hast du gefühlt, als du auf der Brücke standst?" fragte Yuna so unvermittelt, dass ich kurz brauchte um zu reagieren. „Ich weiß nicht. Ich konnte in dem Moment nicht wirklich klar denken. Ich wollte einerseits, dass es vorbei war, aber ich hatte auch extreme Angst, was mein Tod mit Namjoon machen würde. Ich meine, er hat mir gestanden dass er mich liebt und dann bin ich gesprungen. Das kann man keinem antun," sagte ich und war erstaunt, wie falsch sich diese Worte in meinem Mund anfühlten. Yuna legte schweigend den Kopf auf meine Schulter. „Ich war schon so oft kurz davor, mich umzubringen. Daddy hatte mein Leben zerstört. Doch ich wollte Jin und euch Andere nicht allein lassen. Das eine Mal wo ich wirklich gegangen bin, fehlte mir schlussendlich der Mut, es zu beenden. Auch wenn es falsch klingt, ich bewundere dich für deinen Mut. Aber ich will mir nicht vorstellen, wie es RM in dem Moment gegangen sein muss..." Ich schüttelte bittend den Kopf. „Können wir über was anderes reden? Ich will die Nacht auf der Brücke vergessen." Yuna nickte verständnisvoll und wies auf eine Sternenkonstellation über uns. „Schau mal. Die Sterne sehen aus wie ein Herz." Ich lächelte und wies auf ein anderes Sternenbild. „Und das ist ein Mikrofon." Yuna kicherte, dann legte sie ihren Kopf wieder auf meine Schulter und wir schwiegen andächtig.

JIN

Als ich die Terrassentür öffnete, hörte ich Yunas und Kais Gelächter sofort. Dass die Beiden sich wieder verstanden erwärmte mir das Herz und ich lächelte. Die letzten Stunden waren für uns alle die Hölle gewesen, doch in Yuna's Haut hätte ich ehrlich nicht stecken wollen. Umso glücklicher machte es mich, Sie wieder glücklich zu sehen. Ich beobachtete die zwei eine Weile und merkte nicht, wie sich Tae neben mich stellte. „Schön dass es beiden gut geht," sagte er leise. „Ja. Aber ich denke, in zwei Tagen streiten sie sich wieder. Sie werden sich wohl nie ändern," antwortete ich nachdenklich. „Ich mache mir nur ernsthaft Sorgen um beide. Wir wissen jetzt, wie Kai momentan psychisch tickt und Yuna wird irgendwann im Krankenhaus landen wenn sie weiter so mit sich umgeht. Ja ich weiß, ihre Kindheit war grausam und man kann nicht alles einfach so vergessen, aber ich verstehe auch Kai, dass er sich so Sorgen um sie macht." Tae fuhr sich erschöpft über die Augen. Ich nickte und ging zu Kai und Yuna, die inzwischen wieder schweigend den Sternenhimmel betrachteten. „Yuna? Ich glaube, Tae möchte mal mit Kai allein reden. Kommst du? Du kannst mir drin mal von deinem Video erzählen. Das müsste doch bald online gehen." Ich lächelte Kai zu der Yuna zunickte und mit einem Augenzwinkern sagte „Geh nur. Sonst wird Tae noch eifersüchtig."

TAE

Als Jin und Yuna weg waren, setzte ich mich neben Kai und nahm seine Hand. Ich suchte seinen Blick und hielt ihn fest. „Ich weiß, du willst das nicht hören, aber können wir bitte über Mama reden? Ich glaube nämlich, dass es dir nach dem, was ich dir erzählen will besser gehen wird mit der Geschichte. Glaub mir." Kai entzog mir seine Hand und sah mich traurig an. Der glückliche Glanz in seinen Augen war verschwunden. Toll gemacht Kim Taehyung. Ganz toll gemacht. Dachte ich bei mir und ohrfeigte mich innerlich selbst dafür, dass ich Kai so quälte. „In Ordnung." sagte der und sah mich an. „An dem Abend, an dem sie gestorben ist, wollte sie einkaufen gehen. Sie hatte sich wegen irgendetwas mit Vater gestritten und er hatte sie geschlagen. Wahrscheinlich nicht zum ersten Mal. Mutter wollte die Scheidung. Vater hat herumgebrüllt „Du Monster! Du kannst mir Kai und Taehyung nicht einfach so wegnehmen! Das wirst du büßen!" Kai schlug die Hand vor den Mund und sah mich entsetzt an. „Ich bin dazwischen gegangen und hab sie getrennt. Mutter bat ich, dich zum Einkaufen mitzunehmen. Dass ihr euch streiten würdet, konnte ich nicht ahnen. Ihre Wut auf Vater hat sie das wichtigste übersehen lassen. Dich, und dass du ihr helfen wolltest." Als ich merkte, dass Kai weinte, nahm ich ihn schnell in die Arme. Klar ging ihm das Thema sehr nah. Doch es war mir wichtig, dass er wusste was jetzt folgte. „Wieder okay?" fragte ich nach einiger Zeit und erzählte weiter, als er nickte. Losgelassen hatte ich ihn nicht. „Als die Nachricht von eurem Autounfall kam, trauerte Vater nicht, wie er es dir immer vorgegaukelt hatte. Er lachte. Aus voller Kehle lachte er und sagte etwas wie „Endlich." Was ich damit sagen will ist, du bist nicht an Mutters Tod Schuld. Du hast zwar den Wagen gefahren, aber ihr wart beide nicht zurechnungsfähig. Das hätte im Gerichtsprozess berücksichtigt werden müssen. Und was noch dazu kommt, Vater hat dich nicht aus Trauer verprügelt, weil du ja scheinbar an Mutters Tod Schuld hattest, er hat irgendetwas anderes gegen dich. Was es ist, kann ich dir nicht sagen, aber irgendetwas ist da." Kai löste sich ruckartig von mir und sah mich entgeistert an. „Wenn ich den in die Finger bekomme ist der so was von Tod! Dieses -" Ich nahm ihn am Arm und zog daran. „Kai! Mach bitte keine Dummheiten! Du weißt, dass der Mann gefährlich ist und er hat es auf dich abgesehen!" Kai schnaubte „Merkt man. Bevor ich Yuna im Bad gefunden habe, hat er mich angerufen. Wenn er mir wirklich etwas tun wollen würde, hätte er mich nicht vorher angerufen und mir gedroht." Als er merkte was er gesagt hatte sah er schnell zu mir. Meine Gesichtszüge entgleisten. „Wer hat was?" fragte ich entgeistert. „Vater hat mich gestern angerufen und mir gedroht," wiederholte er und beobachtete mich. „ Denkst du, er wird uns hier finden?" Ich zuckte ratlos mit den Schultern. „Wenn er deine Telefonnummer herausbekommen hat, kann er dein Handy ganz leicht orten. Hoffen wir mal dass nicht noch mehr passiert. Du musst auf alle Fälle mit Namjoon reden. Im Notfall müssen wir beide für einige Zeit von hier verschwinden." Kai raufte sich die Haare. „Kann nicht ein einziges Mal etwas in meinem Leben nicht total schief gehen!?" stöhnte er, stand auf und ging ins Haus. Ich blieb wo ich war und dachte nach. Wenn Vater uns finden würde war Kai in Gefahr. In verdammt großer. Scheiße.

YUNA

Ich ging mit Jin in meinen Zimmer und setzten uns auf das Bett. Eine Zeit lang waren wir noch jeder in Gedanken versunken, bis jemand sprach. Am nächsten Morgen kam mein Video raus und ich war aufgeregt. Ich hatte keinen Plan, ob es gut ankam, denn G-idle waren die nervenaufreibendsten Idols, die ich je hatte. Manchmal frag ich mich, ob die Lables bei Mädchen nicht zu sehr nach Aussehen gingen, damit diese gut ankamen. Jin räusperte sich leise und begann. „ Wie gehts dir? War der Dreh heute anstrengend?" fragte er mit einem leicht besorgten Blick in meine Richtung. Naja, kein Wunder. Ich lag komplett übermüdet in meinen Bett und das kurz nach dem Abendessen. „ Heute war der letzte Drehtag und morgen sehen wir uns zusammen das Video an. Aber ganz ehrlich, diese Leute waren so inkompetent, dass hab ich schon lange nicht mehr gesehen!", motze ich. Jin lachte nur und sagte: „ Jetzt, da der Dreh vorbei, ist wirst du dir nicht mehr so viel Stress machen oder? Geh es bitte ruhig an, Yuna." Ich nickte und umarmte ihn. Wir lagen uns geschlagene fünf Minuten in den Armen bevor ich sein Gesicht in meine Hände nahm und sagte: „Ich habe es unter Kontrolle Jin. Mir wird nichts passieren.". Ich sah ihm fest in die Augen und gab ihm einen Kuss auf die Stirn bevor ich mich an ihn kuschelte und langsam in seinen Armen einschlief.

BLACK SWANWo Geschichten leben. Entdecke jetzt