16. Unwohlsein

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Sanji

Ich fühlte mich nicht wohl dabei, meine Schwester bei Fremden zu lassen. Schon gar nicht bei Jon. Er schien mir zu vertraut mit ihr. Aber wahrscheinlich war ich daran selbst schuld.

Die ganze Schicht über machte ich mir Gedanken um sie. Auch weil ihre kleine Freundin nach ihr fragte und ständig mehr wissen wollte und auch, wo Jon steckte. Sie flippte aus, als sie erfuhr, dass die beiden grade zusammen waren.

Unser Chef war nicht wie erwartet sauer, sondern hatte volles Verständnis und sagte uns, dass er hoffte, dass Risa schnell wieder fit wird.

Nach der Schicht gingen ich und Ran wie besprochen zu ihm nach Hause. Ich verlangte sofort Risa zu sehen, da ich sie keine Minute länger allein lassen wollte. Im ersten Stock hielt uns jedoch Rans älterer Bruder auf.

„Sanji, deine Schwester ist schwach und fiebrig. Aber sie wird es schaffen, weil alles andere ist in Ordnung.", erklärte er mir kurz und war dann auch wieder verschwunden. Ran sah mich aufmunternd an. „Siehst du? Mach dich nicht verrückt.", fügte er hinzu.

Ich nickte nur knapp und ging die Treppe weiter hoch zum Dachboden.

Ran stolperte mir hinterher.

Ich klopfte einmal an der Tür. Keine Antwort. Ich wurde unruhig und Ran merkte das. Doch bevor er irgendwas tun oder sagen konnte, riss ich die Tür auf.

Was ich dort sah, brachte mich komplett aus der Fassung. Er neben ihr im Bett, meine kleine Schwester im Arm. Ihre Klamotten auf dem Stuhl, als Topping ein BH.

Aber bevor ich auf den kleinen Bastard losgehen konnte, griff Ran nach mir und schloss seine Arme um mich. Bestimmt zog er mich wieder auf den Flur und schloss die Tür. „Komm runter. Es wird dafür eine Erklärung geben. Ich weiß, dass sie deine Schwester ist, aber Jon ist mein Bruder und er wird ihr nichts getan haben. Verstanden? Also wirst du ihm nichts tun.", redete Ran auf mich an. „Dein kleiner Playboy Bruder nutzt die Verletzlichkeit meiner Schwester aus und ich habe grade keine andere Erklärung als die, dass dein feiner Bruder meine Schwester flachgelegt hat!", keifte ich.

Ich versuchte mich aus seinem Griff zu winden und knurrte ihn an. Doch das führte nur dazu, dass er mich gegen die nächste Wand drückte und mich mit blitzenden Augen ansah. Ein tiefes Grollen verließ seine Kehle und ich konnte nicht anders als zu winseln, obwohl ich das absolut nicht wollte. Aber er war nun mal im Recht. Nicht nur, weil er hier zu Hause war und weil es sicher eine Erklärung dafür gab. Sondern allein, weil er älter war.

Ich neigte den Kopf, sah von unten zu ihm auf. Aber das schien ihm nicht zu reichen. Wieder verließ ein Knurren seine Kehle. Diesmal aber etwas leiser.

Nicht mal Atayo hatte versucht mich so zu unterwerfen oder einer der anderen meiner Brüder. Aber ich hatte auch nie so über jemand anderen geredet.

Ich fühlte, wie meine Augen ihre Farbe änderten, vor Panik. Wimmernd legte ich den Kopf zur Seite und senkte den Blick. Ran fauchte leicht und ließ mich dann mit einem leichten Stoß gegen die Wand wieder frei. „Sprich nie wieder so über meinen Bruder. Ich sag' dir, er ist nicht so und dir fällt nichts anderes ein als ...", sagte Ran und ich hörte immer noch das Grollen in seiner Stimme. Er atmete tief durch und kam dann wieder einen Schritt auf mich zu. Er legte eine Hand in meinen Nacken und zog mich zu sich. Dann legte er seinen anderen Arm um meinen Oberkörper. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht so erniedrigen. Du hast jedes Recht Angst, um deine Schwester zu haben.", sagte er leise und küsste die Stelle an meinem Hals, welche ich ihm grade noch als Zeichen der Unterwerfung gezeigt habe. Obwohl er sich grade entschuldigt hatte, fühlte ich mich entmachtet und einfach nur schrecklich. In meinen Augen stiegen die Tränen der Verzweiflung und ich konnte nicht anders, als mich an ihn zu klammern und anzufangen zu weinen. Ran atmete erschrocken ein. „Sanji, hey. Es ist alles gut. Ich habe das nicht so gemeint. Es tut mir leid.", stammelte er. Ich nickte leicht und versuchte mich zu beruhigen.

Nachdem ich das geschafft hatte, richtete ich mich wieder auf und traute mich auch wieder aufzuschauen. Ran sah mich besorgt an. Dann lehnte er sich vor und legte seine Wange an meine. Leise flüsterte er: „Du bist mir viel zu wichtig, als dass ich dir das antun würde. Auch nicht, wenn du meinem Bruder wirklich was tun würdest."

Darum ging es nämlich. Das Neigen des Kopfes ist genauso eine Unterwerfung wie das Zeigen ihres Bauches bei Hunden.

Wenn ein Vampir einen anderen beißt, kann das zum einen zu Tod des Gebissenen führen, aber viel wahrscheinlicher ist es, dass der Gebissene sein Band zu seinem Seelenverwandten verliert. Zudem ist das Trinken vom Blut eines anderen bindend. Wie eine Markierung weiß jeder andere Vampir, wem man untergeben ist, wenn man gebissen wurde. Oder zu wem man gehört. Dabei kommt es ganz darauf an, aus welchen Gründen und wie beziehungsweise wo gebissen wurde. Aber in dem Fall grade wäre es ein Biss aus Dominanz gewesen und somit wäre ich ihm untergeben gewesen.

Ich hätte nie damit gerechnet, dass Ran diese Instinkte noch hat. Aber er hatte sie offensichtlich noch.

Ran strich mir die Haare aus dem Gesicht und wischte mir die Tränen von den Wangen. „Wenn Jon das getan haben sollte, dann werde ich ihm die Hölle heiß machen und er wird Verantwortung dafür übernehmen, versprochen. Ich weiß, das würde es nicht besser machen. Aber er wird es eh nicht gemacht haben.", sagte er sanft.

Damit nahm er meine Hand und betrat mit mir wieder Jons Zimmer.

Sein kleiner Bruder sah wach zu uns und es wirkte so, als würde er lieber stehen. Aber der Kopf meiner Schwester hielt ihn vom Aufstehen ab.

Ran fragte direkt: „Du hast es nicht getan, oder?"

Jon schüttelte sofort den Kopf und erklärte: „Eric meinte, sie sollte sich was Bequemeres anziehen und sie musste dafür wach sein. Aber danach konnte sie nicht mehr einfach so einschlafen und hat mich ins Bett gezogen. Ich konnte nichts mehr tun, da war sie schon eingeschlafen. Sie trägt Kleidung. Schau." Er hob die Decke an, wir sahen, dass Risa ein großes schwarzes Shirt mit einer grauen Jogginghose trug. Ran dreht sich zu mir und sah mich mit diesem „Siehst du" – Blick an, welchen er schon früher ständig draufhatte.

Ich verdrehte die Augen und nickte nur.

„Aber warum der BH?", fragte ich noch.

Jon sah zum Stuhl und murmelte dann: „Sie hat mich gebeten ihr zu helfen, weil sie die wohl nicht oft trägt und man sollte auch nicht mit BH schlafen, soweit ich weiß." Ich nickte verstehend.

Ich fand es zwar unerträglich zu wissen, wie sehr Risa ihm vertraute, aber was sollte ich tun. Es war ihr Leben.

Vamp Zone 《1》Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt