49. Vampirspeichel

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Jon

Erschrocken wich ich zurück. Risa hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Halsbeuge und ich beobachtete entgeistert, wie zwischen ihren Fingern Blut hervortrat. Was hatte ich getan? Ihr Blut auf meinen Lippen und auf meiner Zunge brannte, aber schmeckte süßlich. Sofort als Risa drohte zusammen zu brechen, packte ich sie und schrie nach meinem Bruder.

Hatte ich sie umgebracht.

Wieder schrie ich nach Eric. Aber er schien mich nicht zu hören. Meine Augen fingen an zu brennen und Tränen liefen über meine Wangen. Ich versuchte, mich leicht aufzurichten, um die Türklinke zu erreichen. Doch sobald die Tür aufsprang, sackte ich zurück und Risa schrie wieder auf.

„Schhh, es wird alles gut. Risa. Bleib bei mir. Drück weiter.", wimmerte ich verzweifelt und drückte sie an mich.

Noch einmal versuchte ich nach meinem Bruder zu schreien. Meine Stimme brach. Doch Eric hatte mich gehört.

Ich hörte seine Schritte auf der Treppe und rief: „Bitte, komm schnell. Hilf mir!" Wieder brach meine Stimme und ich fing an zu schluchzen. Erics Schritte wurden schneller. Dann stand er in der Tür. „Jon!", kam es leise über seine Lippen und er kniete sich neben mich. Sanft nahm er Risa aus meinen Armen und riss die Augen auf, als er das Blut sah, dass über Risas Schlüsselbein lief und sich auch auf meinem Shirt wiederfand. Dann drehte er mein Gesicht zu sich. „Oh Jon.", hauchte er und strich über mein Blut verschmiertes Kinn. Sein Blick wurde verzweifelt und zitternd hob er die Hand als würde er mich schlagen wollen, aber offensichtlich war nicht mal mehr Schläge wert. Denn er hob Risa hoch und verschwand aus meinem Zimmer. Sobald ich ihn die Treppe hinuntergehen hörte, beugte ich mich vor und schrie den Boden an. Immer mehr Tränen liefen über meine Wangen und ich hatte das Bedürfnis irgendwas zu zerstören. Jemandem weh zu tun. Aber der Einzige, der an der ganzen Scheiße schuld war, war ich.

Irgendwann fühlte ich eine Hand auf meinem Rücken. „Kleiner, das wird schon.", sagte Moe sanft. Vorsichtig hob er meinen Oberkörper an. Schluchzend kroch ich zu ihm und drückte mich an seine Brust. Wir hatten nie ein enges Verhältnis, aber dafür, dass er jetzt bei mir war, war ich ihm sehr dankbar. Festlegte er seine Arme um mich und linderte diesen unglaublichen Schmerz in meiner Brust.

Ich hatte Risa weh getan. Vielleicht ihr Leben zerstört. Wenn alles schiefging ihre Vorstellung von einem Seelenverwandten geraubt.

Eric

Auf dem Weg nach unten in mein Labor stieß ich auf Ran. Leider im Schlepptau Sanji. Das hatte mir noch gefehlt.

„Was ist passiert?", fragte Ran besorgt und lenkte so Sanjis Aufmerksamkeit auf den schlappen Körper in meinen Armen. Ihm glitt alles aus dem Gesicht und er schob mich direkt in mein Labor. „Hilf hier. Bitte.", flehte er und sah mich mit immer pinker werdenden Augen an.

Also legte ich seine Schwester auf den Behandlungstisch und strich ihre Haare von ihrem Hals. Sanji keuchte auf und hielt sich die Hände vor die Augen. Ich sah, wie Ran ihn an seine Brust zog, um es ihm leichter zu machen.

Risas Hals war nicht unbedingt aufgerissen und die Blutung hatte auch schon aufgehört. Das lag aber an Jons Speichel. Vampir Speichel stoppte zum einen Blutungen, so bald kein frischer mehr nachfloss und zum anderen schloss er Wunden. Aber nur kleine Einstichstellen der Zähne, nicht solche Bisswunden.

Ich seufzte. Was hatte Jon da nur wieder angestellt?

Kurz schaute ich nach Risas Bewusstsein und da sie eindeutige Reaktionen zeigte, verpasste ich ihr eine Betäubung und fing an, die Bisswunde zu nähen und zu versorgen.

Als das durch war, setzte ich mich auf meinen Stuhl und sah fassungslos auf meine Patientin. Deswegen hatte ich sie nicht hereingelassen.

Sanji fragte leise: „Wird sie wieder?" Ich nickte langsam.

Ran räusperte sich. „Was ist denn jetzt passiert?", murmelte er und strich weiter über Sanjis Rücken. „Jon hat sie gebissen.", sagte ich stumpf und starrte weiter auf Risas Hals, an welchem ihre Hauptschlagader pulsierte und das Tape, welches die Mullbinde hielt, zum Hüpfen brachte.

„Er hat was?", fragte Ran fassungslos und ich hörte, wie Sanji scharf die Luft einzog. „Sie haben sich gestritten, denke ich. Er hatte sie weinend in den Armen als ich kam. Gesicht und Shirt Blut verschmiert.", murmelte ich. Dann stützte ich meine Ellenbogen auf den Knien auf und bette mein Gesicht in meinen Händen. Ein Seufzen entkam mir und leicht räusperte ich mich.

Leise klopfte es an der Tür. Wenig später öffnete sie sich.

„Alles okay?", fragte Moe. Ran fuhr zu ihm herum. „Ob alles okay ist? Unser Nichtsnutz von Bruder hat Risa gebissen und du fragst, ob alles okay ist?", keifte er ihn an. Kurz machte er eine Pause und knurrte dann leise: „Dass du dich hier her traust."

Ich drehte mich um und sah, wie Jon mit gesenktem Blick vor Moe stand. Er sah aus wie früher als er noch frische 13 war und wieder Blut gestohlen hatte und Moe ihn erwischt hatte.

„Jon, komm her.", verlangte ich. Sofort kam mein jüngster Bruder zu mir und starrte auf meine Füße. „Jon, du weißt, was das hier bedeutet?", fragte ich und der Blonde nickte. „Eric ...", hauchte er und ich sah, wie eine Träne über seine Wange rollte. „Ich wollte das nicht.", flüsterte er und ich sah, wie seine Hände zitterten. Sanft nahm ich sie in meine und erwiderte: „Ich weiß. Du bist verletzt und ich wusste, dass du dich nicht unter Kontrolle hattest. Aber wir müssen dennoch mit den Folgen leben." Jon schluckte und nickte.

Ich zog ihn auf meinen Oberschenkel und verlangte: „Mach deinen Mund auf."

Sofort gehorchte er. Sanft zog ich seinen Kopf ins Licht und sah mir den Innenraum an.

Überall waren wunde und gereizte Stellen. Ich drückte sanft auf einen auf seiner Zunge. Sofort zuckte er zusammen und zog den Kopf zurück.

„Scheiße.", murmelte ich und deute Jon sich wieder zu erheben.

Bevor jemand, was zu meinem besorgniserregenden Ausruf sagen konnte, fing Risa an zu husten. Sofort hob Jon seinen Kopf und war an ihrer Seite. Sanji und auch Ran gefiel das ganz und gar nicht, aber ich hielt sie zurück. Ich wollte wissen, wie Risa auf Jon reagierte.

Sanft nahm Jon Risas Hand und ich hörte, wie er wisperte: „Es tut mir leid. Es tut mir so unendlich leid." Risa schluckte und griff mit ihrer freien Hand an ihren Hals. Dann murmelte sie: „Schon okay. Ich hätte nicht so sein dürfen. Wir sind beide Schuld." Jon biss sich verzweifelt auf die Unterlippe. Er wusste, was es bedeutete, wenn sie ihm bei allem recht gab und sich selbst die Schuld gab. Es würde bedeuten, dass er sie unterworfen hatte, und das wollte niemand in diesem Raum. Langsam setzte Risa sich auf und hielt sich weiterhin den Hals.

Doch plötzlich hob sie die Hand und scheuerte Jon eine. Der Raum war still, ich bildete mir schon ein, das nach Hallen der Ohrfeige zu hören.

„Die hast du verdient.", sagte Risa und zog ihn dann an sich.

Jon wimmerte und vergrub seinen Kopf an ihrer unverletzten Halsbeuge.

Zumindest schien sie ihm nicht unterworfen zu sein. Auch Sanji schien das zu verstehen und konnte wieder leicht lächeln. Ran starrte unserem Bruder allerdings immer noch ein Loch in den Rücken

Vamp Zone 《1》Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt