Mia hatte sich mit den Vorbereitungen der Party praktisch selbst übertroffen. Aber sie hatte nichts anderes von ihrer Freundin erwartet. Als sie ankam, glitzerte alles in dem Haus in Blau- und Silbertönen, Getränke waren auf der Küchentheke aufgereiht und anscheinend hatte Mia wieder mit Engelszungen auf ihren Bruder eingeredet, damit er ein bisschen Alkohol besorgte und sie heute Abend auch trinken lassen würde, ohne Mias Eltern davon zu verraten.
Mia liebte Partys und sie liebte es, Gastgeberin zu sein.
Sie war vor allen anderen Partygästen hier, zusammen mit Kody und Hao, der Mia ein bisschen beim Dekorieren geholfen hatte.
„Um Mitternacht können wir sogar im Garten ein paar Raketen zünden", erklärte Mia aufgeregt und sie zwang sich ein Lächeln auf. Die bunten Farben von Feuerwerkskörpern waren ja hübsch, aber die lauten Explosionsgeräusche und die Verletzungsgefahr machten ihr Angst. Seit ihrem Unfall noch mehr als davor. Mia tat ihre Bedenken mit einer wegwerfenden Handbewegung ab.
„Wir haben jedes Jahr Raketen gezündet, es ist nie etwas passiert."
Tja, und sie war Jahre lang übers Eis geglitten, war sich unverwundbar vorgekommen und heute konnte sie nicht einmal eine Shopping-Tour mit Mia wegstecken, aber das schluckte sie hinunter, sonst hätte sie Mia von ihrem Unfall erzählen müssen und dazu war sie immer noch nicht bereit.
„Außerdem ist Kody da, um aufzupassen, dass nichts passiert."
Mia hatte ein solch naives Vertrauen in die Dinge, die sie tat, dass sie schon beinahe fasziniert davon war. Sah Mia nicht, dass man alle Vorkehrungen der Welt treffen konnte und trotzdem etwas schiefgehen konnte?
Aber Mia sah so glücklich und zufrieden aus- das wollte sie ihr nicht wegnehmen. Stattdessen zupfte sie ein paar imaginäre Fussel von ihrem schwarzen Kleid.
Und dann erzählte Mia ihr beiläufig, während sie ein paar große Glasschalen mit Knabberzeug befüllte, dass Jasons Flieger in einer Stunde landen würde und sie hätte beinahe die Schüssel fallen gelassen. Mia hatte sich wirklich einen tollen Zeitpunkt ausgesucht, ihr das zu sagen. Hätte sie ihr nicht Bescheid geben können, als sie ihr Make-up aufgetragen hatte? Als sie sich für die Party heute angezogen hatte? Als sie sich die Haare gemacht hatte?
Wenigstens hatte sie ihre Narbe abgedeckt...
Gut, Mia wusste nicht, dass sie für ihren Bruder die beste Seite aus sich herausholen wollte und sie sah auch nicht wie aus der Mülltonne herausgezogen aus, aber trotzdem!
Eine kleine Warnung wäre nett gewesen, nachdem er an Weihnachten angerufen und ihr gesagt hatte, dass sein Urlaub verschoben worden war. Er hatte nicht gewusst, wann er nach Palmer würde fliegen können. Drei Mal hatte er sich bei ihr entschuldigt und jedes Mal hatte sie ihm irritiert versichert, dass er sich nicht entschuldigen musste. Er war wohl kaum herumgelaufen und hatte seinen Kollegen ins Gesicht gehustet. Und er war ihr gegenüber doch auch zu nichts verpflichtet, oder?
Sie hatte es nur unfair gefunden, dass Jason an Weihnachten hatte arbeiten müssen, damit andere Leute ihre Familien sehen oder in den Urlaub fliegen konnten. Sie hatten seit diesem Telefonat auch nicht mehr miteinander gesprochen, was auch immer das zu bedeuten hatte.
Während Mia mit Hao nach draußen in den verschneiten Garten ging, um ein paar Lichterketten aufzuhängen, blieben sie und Kody im Wohnzimmer bei den übrigen Weihnachtskeksen, die auf dem Tisch standen. Die Kekse waren gut, aber Julias Kekse waren noch viel besser.
Gestern hatten sie -Julia, Izzy und sie- noch eine ordentliche Fuhre Kekse gebacken. Obwohl Weihnachten vorbei war.
„Weihnachten ist kein Datum, sondern ein Gefühl", hatte Julia beschlossen, als sie Mehl und Zucker aus der Vorratskammer geholt hatte. „Und wenn ich das Gefühl habe, dass wir noch eine letzte Ladung Kekse in diesem Haushalt benötigen, dann ist mir das Datum herzlichst egal."
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The Edge of Life
Jugendliteratur„Wir sind alle nur traurige Menschen mit glücklichen Gesichtern." Die Geschichte vier junger Menschen.