17 Enttäuscht

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Linda

Ich konnte diese Nacht nicht schlafen. Das ganze Warten, die Sehnsucht – alles war nun kurz davor, ein Ende zu finden. Mein Herz raste bei dem Gedanken, ihn endlich wiederzusehen. Ihn wieder zu küssen. Ihn wieder zu umarmen und seine Wärme zu spüren.

Im Schneidersitz saß ich auf meinem Bett, die ganze Nacht hindurch, und ließ meine Gedanken schweifen, bis der erste Sonnenstrahl das Zimmer erhellte. Die Sonne schien mir ins Gesicht, ein warmes Versprechen für den Tag, der vor mir lag. Ich stand auf, bereitete mich vor, um ihn wiederzusehen.

Während ich mir die Zähne putzte, schaute ich beiläufig auf mein Handy – und da war sie, die Nachricht von ihm. Ich entsperrte das Handy, und mein Herz machte einen Sprung, als ich las: „Fliege in einer Stunde los. Liebe dich."

Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus. Ich hatte nie geahnt, dass Verliebtsein so schön sein konnte, so fesselnd, dass es alles andere bedeutungslos erscheinen ließ. Voller Aufregung zog ich mein schwarzes langärmeliges T-Shirt und eine Baggy-Jeans an. Noch war Zeit, bis er ankam, und so beschloss ich, mich ein wenig abzulenken. Ein Spaziergang würde mir helfen, die Stunden schneller vergehen zu lassen.

Ich zog mir meine Schuhe an und machte mich auf den Weg. Ich hätte den Bus nehmen können, aber die frische Luft und das Gehen taten mir gut – ich wollte die Zeit anhalten, aber auch schneller vorbeiziehen lassen, so seltsam das auch klang.

Nach etwa zwei Stunden durch die Stadt lief ich schließlich zu einem Café, bestellte etwas Kleines und setzte mich auf eine Bank, als plötzlich mein Handy klingelte. Timothée! Ein seltsames Gefühl überkam mich. Warum rief er an? Müsste er nicht schon längst im Flugzeug sitzen?

Ich ging ran, voller Vorfreude und etwas Verwirrung.
„Hey, was ist los? Ich dachte, du bist schon auf dem Weg?" fragte ich, leicht enttäuscht.

„Ich... Linda, ich kann heute nicht kommen," begann er leise. „Es ist hier extrem stürmisch, und es regnet in Strömen. Es tut mir leid."

Stille. Mir liefen Tränen über die Wangen, und ich zwang mich, so ruhig wie möglich zu bleiben, damit er es nicht merkte.
„Schon... schon okay," brachte ich stockend hervor.

„Ich versuche morgen zu kommen, ja? Bitte sei nicht enttäuscht..."
„Ok", antwortete ich leise und legte einfach auf. Ein kurzer, emotionsgeladener Moment, dann war er vorbei.

Der Regen begann zu fallen. Ich blieb auf der Bank sitzen und starrte in die Leere, die sich in mir auszubreiten begann. Die Straßen um mich herum waren wie ausgestorben, als ob der Regen alles Leben verscheucht hätte. Der Nebel und das Wasser auf den Pflastersteinen machten die Szenerie noch trostloser. Alles schien mich daran zu erinnern, dass ich alleine war.

Als mir irgendwann klar wurde, dass ich völlig durchnässt war, stand ich auf und wanderte ziellos durch die Straßen. Der Regen prasselte immer noch herab, aber ich spürte ihn kaum. Alles, was ich fühlte, war die Enttäuschung, die Einsamkeit.

Plötzlich entdeckte ich eine Bar. Ohne nachzudenken, ging ich hinein. Das warme Licht, die vertrauten Geräusche – alles schien ein wenig Trost zu spenden. Ich wusste, dass Trinken keine Lösung war, aber ich fühlte mich leer. Einfach leer.

„Einen Shot, bitte. Nein, mehrere." Die Drinks kamen und verschwanden, einer nach dem anderen. Irgendwann verschwamm alles um mich herum. Die Welt, meine Gedanken, alles wurde verschwommen und taub.

Ich wankte zur Toilette, suchte eine Kabine und ließ mich auf den kalten Boden sinken. Ich wollte meine Gedanken ordnen, die Dunkelheit in mir vertreiben, aber ich konnte kaum klar denken.

Da hörte ich Schritte, schwere Schritte, die näher kamen. Ich wollte die Kabinentür schließen, aber sie war schon offen. Vor mir stand ein junger Mann, und seine Augen hatten diesen schmutzigen, bedrohlichen Ausdruck, der mir sofort Angst einjagte. Ich versuchte aufzustehen, wollte fliehen, aber meine Beine fühlten sich schwach und schwer an.

Bevor ich reagieren konnte, war er schon in der Kabine und verschloss die Tür hinter sich.
„Bitte... geh weg," flüsterte ich, doch meine Stimme war kaum mehr als ein erstickter Laut.

Seine Hände packten mich grob, ich versuchte ihn wegzustoßen, aber er war zu stark. Panik überkam mich, meine Hände zitterten, und ich schrie innerlich, aber es kam kein Laut heraus. Ich wollte weglaufen, doch er hielt mich fest, und mein Körper war wie gelähmt.

Seine Hand legte sich fest auf meinen Mund, erstickte meine Schreie, während ich versuchte, ihn abzuwehren. Es war, als ob die ganze Welt um uns herum verschwunden war. Die Zeit stand still, und ich konnte nichts tun, nichts, um mich zu retten.

Als es vorbei war, war ich allein. Der Mann war verschwunden, als ob er nie dagewesen wäre. Doch die Kälte und der Schmerz blieben. Ich lag am Boden, mein Körper bebte, und mein Kopf schmerzte. Irgendwann verlor ich das Bewusstsein.

Ich weiß nicht, wie lange ich bewusstlos war, aber als ich wieder zu mir kam, fühlte ich den eisigen Schauer in meinen Gliedern. Blut klebte an mir, und jeder Muskel in meinem Körper schmerzte. Ich sah in den Spiegel – mein Shirt war zerrissen, mein Gesicht gezeichnet von Wunden, ein Handabdruck auf meiner Haut, Knutschflecken und Kratzer überall.

Langsam ging ich aus der Bar. Der Regen fiel noch immer, kalt und unbarmherzig. Es fühlte sich an, als würde er all das Schmutzige, das Schlechte von mir abwaschen, aber das Gefühl verschwand nicht. Ich fühlte mich immer noch wie ein Schatten meiner selbst, ein gebrochener Mensch.

Ich rief mir ein Taxi und ließ mich nach Hause bringen. Kaum angekommen, zog ich meine Klamotten aus und stellte mich unter die Dusche. Das heiße Wasser brannte auf meiner Haut, aber ich konnte mich nicht reinigen. Der Schmerz, die Scham, die Traurigkeit – alles blieb.

Nach dem Duschen betrachtete ich mein Spiegelbild. Überall waren Kratzer, blaue Flecken, Verletzungen. Mein Körper fühlte sich fremd an, als ob er nicht mehr mir gehörte. Ich zog mir ein weites Shirt an und kroch in mein Bett. Ich konnte es niemandem erzählen. Niemandem. Wer würde mir glauben?

Die Stunden verstrichen, während ich da lag, Tränen rollten über mein Gesicht, meine Gedanken taumelten in der Dunkelheit, bis ich schließlich vor Erschöpfung einschlief.

Timothée

Ich saß allein auf meinem Bett und dachte nach. Der Sturm, der Regen – all das hatte mich davon abgehalten, sie zu sehen. Ich wusste, wie sehr sie sich gefreut hatte, und das Gefühl, sie enttäuscht zu haben, fraß an mir.

„Ich hoffe, morgen ist das Wetter besser," flüsterte ich in die Stille des Raums. Ich vermisste sie so sehr, dass es wehtat. Meine Gedanken waren bei ihr, und die Unruhe ließ mich nicht los.

Only you {Timothée Chalamet Fanfiction}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt