Ungeduldig sitze ich auf meiner Couch, immer wieder mein Handy aktualisierend. Mein Freund, Erling, hatte gerade ein Gespräch mit dem Sportvorstand des BVBs, und er wollte mir den Grund für dieses nicht nennen, wobei ich vermute, dass es über seinen Transfer im Sommer geht. Der mögliche Transfer im Sommer war ein Thema, dem Erl und ich beide gekonnt aus dem Weg gehen, denn das eine Mal, als ich es angeschnitten hatte, endete in einem Streit, bei welchem ich zwei Nächte lang auf dem Sofa schlafen musste, und Erl die Tore des Trainingsplatzes gefühlt K.O. schoss. Seitdem hat es keiner von uns wieder angesprochen, obwohl die Gerüchte brodeln, gerade bei Erling.
Zu ManCity, Barcelona, PSG oder sogar Bayern? Die Gerüchte werden jeden Tag mehr und jeden Tag meldet sich irgendein selbst ernannter Sportexperte und berichtet über Erlings Zukunft. Selbst vor meinen Zukunftsplänen macht keiner Halt. Ob es jetzt Liverpool oder doch Chelsea wird? Aufjedenfall steht fest, dass wir beide definitiv den Verein verlassen werden – zumindest in den Augen von den Fans und den Journalisten. Seufzend schaue ich wieder auf das Handy – keine Nachricht oder sonstiges. Er war wohl immer noch im Gespräch mit den anderen. Worüber es auch immer geht, die Gerüchte tragen nicht dazu bei, dass das Gespräch mir keine Angst macht.
Erling und ich sind jetzt seit knapp einem Jahr zusammen. Vom Team wissen es die meisten, wenn auch eher zufällig und ungewollt, weil wir anscheinend zu offensichtlich sind. In der Öffentlichkeit weiß es allerdings niemand, soweit ich weiß. Ich habe schon einige Edits oder Bilder gesehen, wo Leute auf eine mögliche Beziehung anspielen, jedoch gibt es immer eine Person, die das abstreitet mit den Worten „Es gibt keine schwulen Fußballer". Leise entfährt mir ein Seufzer, da ich diese Diskussion auch schon mit Erl hatte, bevor wir zusammenkamen. Er war sich tausend Prozent sicher, dass es ja keine schwulen Fußballer geben kann, und das alles nur ein Experiment, eine Phase seines Kopfes war. Naja, die Phase geht jetzt schon länger und er wird mich auch nicht mehr los. Egal wohin er wechselt.
Seufzend nehme ich mein Handy in die Hand, und will es erst aktualisieren, als mir die vielen Nachrichten auffallen. Instagram, Whatsapp, Twitter – gefühlt überall habe ich Nachrichten. Ich schaue zuerst auf die Nachrichten bei WhatsApp und öffne verwirrt den BVB – Chat mit über 30 ungeöffneten Nachrichten – in nicht mal 5 Minuten. Schnell überfliege ich die Nachrichten und bin noch verwirrter als vorher. Ich nehme nur die Fetzen „Verlängerung", „Erl" und „hat keiner geahnt" wahr, und öffne so schnell wie möglich den Instagram Account des BVBs, als mir auch schon mein Freund entgegenlacht, vor einer schwarzen Wand, mit einem knallgelben Trikot in der Hand, dass den Flock „2027 – HAALAND" trägt. Geschockt fällt mir mein Handy aus der Hand, bevor ich überhaupt reagieren konnte. Er verlängert. In Dortmund. Obwohl er nach Paris, nach Barcelona oder sogar in die Premier League könnte.
Komplett baff und nicht in der Lage irgendwas zu tun, sitze ich noch eine Weile auf dem Sofa, als dann auch Erl nachhause kommt und mich lachend ansieht. „Naa? Gefällt dir das nachträgliche Weihnachtsgeschenk?", lacht er in seinem norwegischen Akzent, und statt einer Antwort renne ich einfach auf ihn zu und drücke einfach meine Lippen auf seine, was grinsend von seiner Seite erwidert wird. „Das Beste!", flüstere ich und drücke mich in seine Umarmung. „Jetzt kann ich auch endlich meinen nochmal verlängern und dann bringen wir Dortmund wieder in die Champions League, und gewinnen diese auch!". Als Antwort bekomme ich nur ein riesiges Grinsen und noch einen Kuss.
„Die Journalisten wissen halt bei ihren Gerüchten leider nicht, dass mir Paris oder Manchester ohne dich nichts bringen würde."