𝐅𝐀𝐑 𝐅𝐑𝐎𝐌 𝐑𝐄𝐀𝐋𝐈𝐓𝐘

𝟑𝟐 | 𝐁𝐫𝐚𝐝𝐥𝐞𝐲 '𝐑𝐨𝐨𝐬𝐭𝐞𝐫' 𝐁𝐫𝐚𝐝𝐬𝐡𝐚𝐰 & 𝐉𝐚𝐤𝐞 '𝐇𝐚𝐧𝐠𝐦𝐚𝐧' 𝐒𝐞𝐫𝐞𝐬𝐢𝐧

Für meinen spananischen Wollhasen (Alpaka-Emoji) kleines_lisschen 

sorry für den kleinen Cliffhanger - part 2 ist in the making again

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Die Sonne scheint warm auf mein Gesicht, lässt mich allen Stress und Ärger vergessen. Ich bilde mir ein, spüren zu können, wie sich unter meiner Haut das Vitamin D bildet, von dem ich trotz der vielen Sonne hier nicht genug bekomme. Der feinkörnige Sand, in dem ich meine Füße vergrabe, lässt mich lächeln, und ich wackle mit den Zehen. In solchen Momenten fühle ich mich wieder wie ein sorgloses kleines Kind. Als wäre da draußen in der Welt nichts Böses, sondern nur Zuckerwatte und pures Glück an jeder Straßenecke.

Aber naja, ganz so einfach gestaltet sich das Leben dann doch nicht. Das habe ich gelernt, als ich ungefähr zwölf war, und miterleben musste, wie mein großer Bruder von älteren Schülern zusammengeschlagen wurde, weil er in der Schule mit lackierten Nägeln aufgetaucht war.

Ich wollte dazwischen gehen, habe diese Idioten angemeckert wie ein nicht-jugendfreier Rohrspatz, aber sonderlich viel Respekt hatten sie vor mir nicht. Gut, mit meinen damals zwölf Jahren war ich auch nicht sonderlich angsteinflößend, auch wenn ich es versucht habe. Selbst jetzt, als Erwachsene, taffe Frau, muss ich mich erst doppelt und dreifach beweisen, um mir den Respekt von Männern zu verdienen. Und meine eher geringe Körpergröße von gerade mal einem Meter und Sechzig ist dabei nicht gerade ein hilfreiches Werkzeug.

Diese Jungs damals haben meinen großen Bruder in meiner Gegenwart runtergemacht, haben ihn sogar angespuckt, weil er kein richtiger Junge sei, sondern eine widerliche Missgeburt. Ich war so fuchsteufelswild, dass ich vor Wut geweint habe. Aber mein Bruder hat das damals falsch interpretiert und dachte, ich würde mich dafür schämen, wie er ist, und sperrte sich danach das ganze Wochenende in seinem Zimmer ein. Es dauerte bis zum späten Sonntag Nachmittag, bis er mich endlich hinein ließ, und ihn so gebrochen zu sehen, war der schlimmste Moment meines Lebens.

Mit einem Affenzahn war ich ihm in die Arme gesprungen und wir haben uns einfach festgehalten, während er sich ausgeweint hat. Erst, als die letzten Tränen versiegt waren, habe ich ihm eine liebevolle, kleine Kopfnuss erteilt und ihn angemeckert, wie er auch nur eine Sekunde lang glauben konnte, ich würde mich für meinen wundervollen, großen Bruder schämen. Von da an perlte jeder Spruch, jeder fiese Kommentar einfach von ihm ab und er wurde zu meinem persönlichen Held, weil er sich frei entwickelt hat, obwohl die Gesellschaft so sehr versucht hat, ihn in eine bestimmte, unfassbar konservative Form zu quetschen.

Aber mein Bruder ist noch farbenfroher, lebensbejahender, offener und glücklicher als jemals zuvor. Er lebt jetzt in Los Angeles, zusammen mit seinem Freund und genießt sein Leben in vollen Zügen. Und ich bin so verdammt stolz auf ihn.

Eine Möwe reißt mich aus meinen Gedanken und ich öffne blinzelnd die Augen. Vor mir glitzert das Meer in der Sonne und die Wellen recken sich ihren warmen Strahlen entgegen, bevor sie in weißem Schaum auf dem Sand verlaufen. Wieder wackle ich mit meinen Zehen, wie damals, als mein Bruder mich zum ersten Mal an einen Strand mitgenommen hat. Tja, aber das Leben ist nicht immer so friedlich und schön wie in diesen seltenen Momenten. Es kann hart, kalt und unnachgiebig sein. Und das viel zu oft.

Ich war Studentin in LA. Sobald ich mit der Schule fertig war, bin ich meinem Bruder hinterhergezogen und habe kurzzeitig sogar mit in seiner bunten WG gelebt. Ich habe die Uni geliebt. Und mein Leben. Bis zu dieser einen Party, kurz vor meinem Abschluss. Danach lag meine Zukunft in Scherben und selbst mein Bruder konnte mir nicht wirklich helfen. Ich musste das alles einfach hinter mir lassen. Und irgendwann werde ich es auch wieder über mich bringen und meinen Bruder in LA besuchen. Aber bisher habe ich jedes Flugticket kurz vorher wieder storniert.